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Geschichte

Werk-Tanne Aktenmaterial


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Amtsblatt der Regierung zu Hildesheim, Stück 42, 17.Oktober 1942

"207 Die Gesellschaft m.b.H. zur Verwertung chemischer Erzeugnisse in Troisdorf, Bez. Köln, hat beantragt, ihr für ihr Werk in Clausthal auf Grund der $$ 46 ff und 203 des Wassergesetzes nach Maßgabe der vorgelegten Unterlagen dauernd das Recht zu verleihen,
1) die in der Fabrik Clausthal anfallenden Abwässer nach ausreichender Entsäuerung und Klärung bei Punkt A des vorgelegten Lageplanes in die der Söse zufließenden Gr. Bremke einzuleiten;
2) falls aus zwingenden Gründen, u.a. mit Rücksicht auf eine zu geringe Wasserführung der Vorfluter, eine Einleitung in die Gr. Bremke nicht oder nur teilweise erfolgen kann, die Abwässer sämtlich oder zum Teil auf den eigenen Grundstücksparzellen 188/107, 185/108, 183/16 und 181/15, Flur 25 von Osterode durch Schluckbrunnen in den Boden einzuleiten.

Widersprüche und Ansprüche auf Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen oder auf Entschädigung sind bis zum 7. November 1942 bei dem Landrat in Osterode oder dem Regierungspräsidenten in Hildesheim schriftlich in fünf Ausfertigungen oder zu Protokoll anzubringen."




Der Regierungspräsident III L (Abw.) 12/41, An den Herrn Reichsminister des Innern, Berlin NW 7, Unter den Linden 72,
Hildesheim, den 17. Dezember 1941          werk-tanne-brief-17-dez-1941.pdf (1,4 MB)
Seite 2
"Die Erwartung, daß die Abwässer sich durch die geplante Versickerung unschädlich beseitigen ließen, hat sich leider nicht bestätigt. Als die Fabrik Anfang des Jahres 1939 in Betrieb genommen werden sollte, wurde versucht, die Abwässer in drei Brunnen, die in dem seinerzeit in Aussicht genommenen Gelände angelegt waren, zu versenken. Dabei stellte sich heraus, daß sie bereits kurz unterhalb des Großen Möchstales wieder zutage traten, weil der Untergrund nicht ausreichend ausnahmefähig war. Die Abwässer würden auf dem Wege: Lange, Weißes Wasser zur Oker geflossen sein. Bei einer Versickerung in jenem Gelände bestand also die Gefahr einer Verunreinigung des Einzugsgebietes der Okertalsperre, mit deren Bau damals schon begonnen war, sowie der Oker, die größere Schäden in den Hüttenwerken der Preußischen Bergwerks- und Hütten-A.G. in Oker zur Folge gehabt haben würde. Die Unternehmerin hatte es erwogen, die Abwässer vielleicht durch den Ernst-August-Stollen oder den Tiefen Georg-Stollen fortzuleiten, konnte jedoch diesen Plan nicht ausführen, weil die Eigentümerin des Stollens, die Preußag, sich nicht einverstanden erklärte."

Seite 4
"Hierzu hat die Fabrik Clausthal nach längeren Verhandlungen und Beratungen mit den zuständigen sachkundigen Dienststellen eine 9 km lange Rohrleitung gebaut, anschließend eine 55 m hohe Kaskade gebaut, über die das Abwasser in die Bremke herunterfällt, Fischteiche als Absitzbecken aufgekauft und zwischengeschaltet, in einer Ortschaft die Bremke auf einer Strecke von 480 m kanalisiert sowie mit schweren Betonplatten überdeckt und so die Abwässer in die Söse geleitet."

Seite 7
"In Verfolg dieses Gutachtens hat die Fabrik Clausthal noch zwei weitere Bohrungen in Auftrag gegeben, von denen eine schon vollständig niedergebracht, die andere in Angriff genommen ist. Es stehen also zur Zeit zwei Bohrungen (Schluckbrunnen) für die Versenkung zur Verfügung, denen das Wasser mit einer anschließend an die oben erwähnte Kaskade im Bremketal neu verlegten 7,2 km langen Leitung zugeführt wird.

Seite 9
"Professor Dr. Stooff bestätigte im wesentlichen die von der Preußag vorgetragenen Bedenken und machte besonders darauf aufmerksam, daß die Abwasser auch nach der Neutralisation Beton angreifen würden. Da es auch nicht möglich sei, etwa die Abwässer getrennt fortzuleiten, weil dazu eine zweite rd. 16 km lange Leitung hergestellt werden müßte, einigte man sich einstweilen auf folgende Lösunge: Die Schluckbrunnen sollen so lange wie möglich geschont und die Abwässer einstweilen in die Vorfluter eingeleitet werden. Bei der zur Zeit herrschenden guten Wasserführung der in Frage kommenden Flüsse und der dadurch eintretenden sehr starken Verdünnung der Abwässer ist nicht zu befürchten, daß das Wasser des Ricklinger Wasserwerks in Hannover eine für den Verbraucher sichtbare Färbung bekommt, geschweige denn, daß es gesundheitsschädlich wirken könnte."

Seite 11
"Selbstverständlich handelt es sich immer nur um Notlösungen, die ergriffen werden müssen, weil in diesem Falle die zwingende Notwendigkeit besteht, die Abwässer irgendwie fortzuschaffen.
Dabei müssen nicht wiedergutzumachende Schäden, insbesondere Gesundheitsgefahren, mit allen Kräften verhütet werden. Für andere Schäden, z.B. hinsichtlich der Fischerei, leistet die Fabrik Schadensersatz."

Seite 12
"gez. Dr. Binding stellv. Regierungspräsident."



Landesanstalt für Wasser-. Boden-. und Lufthygiene, Berlin Dahlem, Corrensplatz 1,
An den H.Reg.Präs. in Hildesheim
Berlin-Dahlem, den 7.3.1942   Prof. Dr. Weldert, Abt. Dir.   (der geschäftsführd. Dir. i.V. )
     werk-tanne-brief-07-mar-1942.pd   (1,9 MB)   
 
Seite 4
" Nach Durchführung der erwähnten Betriebsmaßnahmen u. nach sorgfältiger Neutralisation und Klärung sind gegen die Einleitung der bei den Säurekonzentrationsanlagen unmittelbar anfallenden Abwässer in Vorfluter in gesundheitlicher Beziehung keine Bedenken zu erheben; über die angreifenden Eigenschaften der gelöst bleibenden Salze (insbes. Sulfate, Nitrate) und deren Unschädlichmachung (durch Verdünnung) haben wir uns ebenfalls am 21.20.v.J. (A5188) geäußert."

" Für die rot gefärbten (sprengstoffhaltigen) Abwässer der Fabrik Clausthal kommt auf dem Werksgelände nur eine rd. 3-fache Verdünnung durch die eben genannen Abwässer, überschüssige Kühlwässer u.a. in Betracht.
Von den Vorflutern führt die Bremke eine so geringe Wassermenge, daß diese vernachlässigt werden kann; sie stellt praktisch einen Abwassergraben dar."

"Nach den Untersuchungsergebnissen der am 9.10.v.J. auf Veranlassung des Kreisbaumeisters in Northeim aus der Söse oberhalb der Einmündung in die Rhume entnommenen u. vom Techn.-Chem.Institut (Techn. Hochschule) in Hannover sowie von der Staatl. Lebensmitteluntersuchungsanstalt (Techn. Hochschule) in Braunschweig geprüften Proben mußte das Sösewasser wegen seiner deutlichen Färbung (rötlichgelb bzw. braun " wie Rum" und seines eben so deutl. Geruches (aromatisch, ähnlich "wie Dinitrobenzol" bzw. "nach Bittermandelöl" u. des deutl. Nachweises von aromatischen Nitroverbindungen für Badezwecke als unbrauchbar bezeichnet werden."

Seite 7
"Über die Gesundheitsschädlichkeit der erwähnten Nitroverbindungen in Trinkwässern liegen u.W. besondere Erfahrungen nach nicht vor. Man hat bisher nur Rückschlüsse von gewerblichen Vergiftungen (Haut, Blut, Leber, Knochenmark u.a.), die bei stärkeren Anreicherungen sich bemerkbar gemacht haben. (Fr. Koelsch, Handbuch der Berufskrankheiten. Bd. II, S. 975/76, 985 (Jena 1937, Verlag C. Fischer)"





Der Regierungspräsident III L 65-zel-3. Hildesheim,
An den Herrn Generalinspektor für Wasser und Energie, Abteilung Wasserwirtschaft, Berlin W. 8  Pariser Platz 5
Hildesheim, den 3. September 1942       werk-tanne-brief-03-sep-1942.pdf  (1MB) 

Seite 2
"Angesichts der auch vom Herrn Reichsinnenminister in seinem Erlaß vom 16. Februar 1942 (A.-H. Blatt 86) besonders betonten Gefahren, die durch eine Verunreinigung des Grundwassers entstehen können, soll nur ein möglichst kleiner Teil der Abwässer versenkt werden. Auf dem Werke fallen im wesentlichen zwei Arten von Abwässern an und zwar die dunkelroten, konzentrierten Waschwässer von der Wäsche des Trinitrotoluols (etwa 20ooo cmb monatlich) und die schwach gelb gefärbten, wenig konzentrierten Abwässer der Schwefelsäurekonzentration (etwa 80ooo cbm monatlich). Nach Fischversuchen, die das Flußwasseruntersuchungsamt Hildesheim in Verbindung mit dem Staalichen Fischereiamt Hannover hier im Laboratorium durchgeführt hat (A.-H. Blatt 52ff.) wirkt das rote Abwasser auf Fische bis zu einer Verdünnung 1:200 tödlich, während diese Grenze für das gelbe Abwasserbei bei einer Verdünnung 1:20 liegt. Das rote Abwasser ist also 20 mal giftiger als das gelbe. Demgemäß kommt es hauptsächlich darauf an, die roten Abwässer von den Vorflutern fernzuhalten. Wie ich schon in meinem Bericht an den Herrn Reichsinnenminister erwähnt habe, ist es nicht möglich, die beiden Arten der Abwässer vollständig getrennt forzuleiten, weil dann noch eine zweite sehr lange Leitung hätte gebaut werden müssen. 
Das Werk hat aber doch Einrichtungen getroffen, die es ermöglichen, die roten Abwässer gesondert zu versenken. Ganz hat sich eine solche Trennung allerdings nicht durchführen lassen. Auf dem Wege zu den Schluckbrunnen tritt eine Mischung der roten und gelben Abwässer ein und zwar etwa im Verhältnis von 1:1."

Seite 3
"Die ganze Menge der anfallenden konzentrierten roten Wässer ( etwa 8 lit/sek) darf nur eingeleitet werden, wenn die Leine bei Hannover über 40 cbm/sek Wasser führt. Bei geringerer Wasserführung muß die einzuleitende Menge jener roten Abwässer nach einer festgesetzten Staffel eintsprechend gemindert werden, und die Einleitung muß überhaupt unterbleiben, wenn die Leine in Hannover nur 20 cbm/sek oder weniger Wasser führt. Das Werk hat Einrichtungen geschaffen, die es ermöglichen, die Fortleitung der roten Abwässer entsprechend zu regeln. Auf diese Weise ist es gelungen, die Beeinträchtiugn der Leine bei Hannover in erträglilchen Grenzen zu halten."



Reichsamt für Bodenforschung, Berlin N 4, 13. November 1942
An den Herrn Regierungspräsidenten  Hildesheim,    unterzeichnit mit   I.A. Prof. Dr. Dahlgrün
      werk-tanne-brief-13-nov-1942.pdf   (160 kB)

Seite 2
"Zu dem allgemein gehaltenen Einspruch des Herrn Regierungspräsidenten in Hannover ist zu bemerken, daß ja bereits seit Beginn der Arbeiten an den Schluckbrunnen ein ausgedehnter Beobachtungsdienst eingerichtet ist. Durch die regelmäßige Beobachtung verschiedener Quellaustritte im weiteren Bereich der Schluckbrunnen wird sofort zu erkennen sein, ob etwa die Aufnahmefähigkeit des tieferen Untergrundes für das Abwasser erschöpft ist. Bei den großen Räumen, die zur Verfügung stehen, ist aber auf Grund der ganzen geologischen Verhältnisse sobald nicht damit zu rechnen, so daß u.E. die Einleitung in die Schluckbrunnen für das erste ruhig vorgenommen werden kann. Nach Beendigung des Krieges ist ja dann Zeit, die Angelegenheit auf Grund der inzwischen gemachten Erfahrungen von neuem zu überprüfen.



Landesanstalt für Gewässerkunde und Hauptnivellements zu L.G. 57 geh., Berlin, den 7. Juli 1943
Unterschrieben  Wehrmann? ,    Koehne
     werk-tanne-brief-07-jul-1943.pdf   (3,6 MB)

Gutachten über die Versenkung von Abwässern in vier Schluckbohrlöcher bei Petershütte (Sösetal)

Seite 12

"Schlußfolgerungen.
Im vorliegenden Falle bleibt nur die Wahl zwischen drei Übeln:
1.) übermäßige Verschmutzung der Vorfluter mit ihren schweren Gefahren u.a. für die Wasserversorgung von Northeim und Hannover,
2.) Belastung der Kriegswirtschaft beim Eindampfen von Abwässern
3.) Abwasserversenkung.
Von der letztgenannten kann unter diesen Umständen nicht unbedingt abgeraten werden; sie ist aber nur als Notlösung anzusehen, auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken und bei Kriegsende alsbald einzustellen, gegebenenfalls auch schon früher."

Seite 8
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Abb. 7a: Ergebnisse der Bohrarbeiten für den Schluckbrunnen I
werk-tanne-brief-07-jul-1943.pdf   (3,6 MB)
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Abb. 7b: Angaben der Bohrarbeiten zum  Schluckbrunnen II
werk-tanne-brief-07-jul-1943.pdf   (3,6 MB)




Gutachten der Reichsanstalt für Wasser- und Luftgüte über die Abwasserbeseitigung der Fabrik Clausthal der G.m.b.H. zur Verwertung chemischer Erzeugnisse vom 30.7.43,  Reichsanstalt für Wasser und Luftgüte, Berlin-Dahlem
An das Oberkommando des Heeres, -Ch Rüst und BdE-, Berlin W35 Tirpitzufer 72/76   
(Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover, Aktenzeichen Han 180 - 15353 Hildesheim)  gefunden in ????
  werk-tanne-brief-30-jul-1943.pdf  (3,5 MB) 

Seite 2
"Eine in zwei Äußerungen der früheren Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene (jetzigen Reichsanstalt für Wasser- und Luftgüte) vom 23.1.1935 und 11.11. 1937 für eine tägliche Gesamtabwassermenge von höchstens rd. 400 m³ - allerdings ohne genauere Kenntnis ihrer chemischen Bestandteile und Eigenschaften - befürwortete Versickerung in Ton- und Grauwackenschiefer (durch drei nur  - (Seite 3) - wenige Meter tiefe Schachtbrunnen) in dem nördlich der Fabrik gelegenen Gr. Mönchstal, in das die neutralisierten Abwässer mittels zwei abwechselnd betriebener Kreiselpumpen durch eine 3,5 km lange Druckrohrleitung gepumpt wurden, versagte sofort nach Anlaufen der Fabrik wegen der nicht ausreichenden Aufnahmefähigkeit des Untergrundes; sie hätte außerdem das Einzugsgebiet der Oker und der im Bau begriffenen Oker-Talsperre gefährdet.
Bis zur Fertigstellung eines neuen, rd. 10 km langen Entwässerungskanals (Steinzeugrohrleitung) zur Kl. Bremke, der über schwierigstes Gelände (Kaskade von 55 m Fallhöhe beim Weghaus Heiligenstock) geführt werden mußte, wurden der Fabrik von der Preuß. Berg- und Hütten A.G. (Preußag, Zweigniederlassung Berg- und Hüttenwerke, Goslar) nach einander zwei dieser gehörige, wasserwirtschaftlich genutzte Teiche (Lange, Polstertaler Teich) zur vorläufigen Speicherung der Abwässer zur Verfügung gestellt, zu denen ebenfalls Abwasserleitungen (je etwa 2,5 km lang) gelegt werden mußten. Die beiden Teiche reichten auch nur für kurze Zeit aus, so daß nach Fertigstellung des erwähnten Kanals (im August 1939) die neutralisierten Abwässer in die Kl. Bremke (und durch diese in die Gr. Bremke, weiter unter Zwischenschaltung von 2 aufgekauften, neuerdings wieder außer Betrieb genommenen Fischteichen als Absetzbecken in die Söse, Rhume und Leine) eingeleitet wurden.
Alle diese Maßnahmen wurden mit Genehmigung und in ständiger Fühlungsnahme mit den zuständigen Behörden (Regierungspräsident Hildesheim, Oberbergamt Clausthal, Wehrwirtschaftsinspektion Hannover u.a.) getroffen, wobei als Sachbearbeiter der Leiter des Flua Hildesheim und Vertreter der Preuß. Geol.Landesanstalt (jetzt Reichsamt für Bodenforschung) in Berlin mitwirkten."

(Seite 4)
"Die neben den eigentlichen Abwässern bei der Sprengstoffherstellung, der Schwefelsäure-Konzentration und Kraftzentrale anfallenden Kühlwässer (anfangs 50 000, später 150 000 m³ monatlich) waren zuerst in einfacher Weise durch eine gemeinsame Rohrleitung in den südwestlich unmittelbar an das Fabrikgelände angrenzenden, ebenfalls in Besitz der Preußag befindlichen mittleren Pfauenteich geführt worden, aus dem die Fabrik auch ihr Gebrauchswaser pumpte.
Infolge undichter Stellen im Abwasserkanalnetz sowie beschädigter Säureleitungen bei den Betrieben gelangten durch das Gelände gesickerte Säuren in diesen Teich. Die Kühlwässer mußten deshalb durch Zugabe von festem Kalk in einem vorn dem Teich oben abgetrennten kleinen Vorbecken neutralisiert werden.
Durch Explosionen im Sprengstoffbetrieb 1940 entstanden größere Schäden an den Steinzeugentwässerungsleitungen, die sich erst allmählich bemerkbar machten. Saures Wasser trat an den verschiedensten Stellen in den mittleren und von dort in den unteren Pfauenteich, aus dem die Preußag Wasser zum antrieb der Turbinenanlage im Kraftwerk Kaiser-Wilhelm-Schacht bezieht."

(Seite 6)
"Nach eingehenden ..... Untersuchungen......, besteht die Möglichkeit, einen Teil der Abwässer bei Petershütte (im Sösetal vor Einmündung der Bremke) durch mehrere, über 100 m tiefe Bohrlöcher (Schluckbrunnen) in Gips-, Rauchwacke- und Dolomit- bzw. Kalkschichten des mittleren Zechsteins vorübergehend - während des Krieges- unterzubringen, ohne daß die Abwässer mit dem höheren, durch die vielfach vertonte und dadurch abdichtend wirkende Sohle der Talaufschüttung getrennten Grundwasserhorizont in Berührung kommen. "

(Seite 7)
"Zwecks Benutzung dieser Schluckbrunnen mußte die oben erwähnte Steinzeugleitung um weitere rd. 7 km bis Petershütte (zur Gr. Bremke) verlängert und zur Überwindung des bedeutenden Höhenunterschiedes durch zwei weitere Kaskaden von je 50 m Fallhöhe ( im Tal der Gr. Bremke) ergänzt werden. Um eine gleichmäßige Einleitung in die Schluckbrunnen zu erzielen, wurde in Petershütte außerdem ein trapezförmiges Speicherbecken von rd. 2500 m³ Gesamtinhalt (davon rd. 1600 m³ nutzbar) gebaut, das bei Inbetriebnahme des 1. Schluckbrunnes fertiggestellt war; je ein Zulauf-Verteilungsgerinne, eine Überlaufrinne am Ablauf und ein Beruhigungsrechen fehlten nach Angabe noch am 23.3.43.

Da nach den örtlichen Verhandlungen . . . die Schluckbrunnen nicht mehr als unbedingt nötig und die Vorfluter bei ausreichender Wasserführung so lange als möglich beansprucht werden sollten, hatte sich auf dem Fabrikgrundstück infolge weiter erhöhter Sprengstofferzeugung und dadurch von neuem vermehrter Gesamtabwasssermenge (monatlich von rd. 80000 m³ Anfang 1941 auf rd. 120 000 m³ im Herbst des gleichen Jahres) eine Trennung der rot gefärbten von den sog. hellen Abwässern als notwendig erwiesen; erstere (nach der Trennung höchstens 1/4) werden in einer Tonrohrleitung, letztere (nach der Trennung bis über 3/4) in zwei solchen Leitungen abgeführt. Der Plan, die sog. hellen Abwässer nach Neutralisation durch die bereits erwähnten Pfauenteiche in den Ernst August-Stollen der Preußag einzuleiten und von dort der Markau, Söse, Rhume und Leine zuzuführen, mußte wegen der verbleibenden Angriffswirkung auf Beton und Eisen fallen gelassen werden. Diese Abwässer sollten daher abwechselnd mit den rot gefärbten durch den verlängerten Abwasserkanal fortgeleitet werden."


Die auftretenden Schwierigkeiten konnten auch durch weitere Neutralisationsbecken nicht beseitigt werden.
"Vor allem erwies sich das bestehende Kanalnetz als zu klein bemessen, so daß immer häufiger Stauungen in den Kanalschächten auftraten und infolgedessen saures Wasser in das umgebende Erdreich überlief."

120000 m³ / Monat =       4000 m³ / Tag =         167 m³ / Stunde =         46 Liter/Sekunde

Betrifft den heutigen Sportplatz nordlich von Tischlerei Klose:
(Seite 8)
"Zum Absetzen der durch die Neutralisation der rot gefärbten Abwässer ausgeschiedenen Feststoffe wurden im Jahre 1942 bei Gebäude 317 noch zwei weitere Klärbecken von je 500 m³ Fassungsvermögen gebaut, die mittels Schlammpumpen etwa alle 2 - 3 Monate gereinigt wurden; der nasse Schlamm (bisher rd. 10 m3 täglich) wurde in Eisenbahnkesselwagen zu einer runden Sammelgrube (Talmulde) abgefahren, die biologisch gereinigte Abwässer eines Bereitschaftslagers aufnimmt und durch den Zellbach zur Innerste entwässert. Die neutralisierten und geklärten roten Abwässer werden seit 1942 mittels Kreiselpumpe noch durch zwei rückspülbare Kiesfilter (Bauart Bollmann) je 50 m3 Stundenleistung) gedrückt und dann erst in den Abwasserkanal nach Petershütte gefördert; die Filterspülwässer werden in einem Betonbecken (im Keller von Gebäude 317) vorgeklärt, der Schlamm abgefahren."

Seite 9
"Die in den mittleren Pfauenteich zurückfließenden, aus den angegebenen Gründen schwach mineralsauren Kühlwässer, die zu etwa 60 v.H. aus diesem, zu etwa 30 v.H. aus dem östlich des Fabrikgeländes befindlichen Fortuner Teich und zu etwa 10 v.H. aus dem Kahlenberger Schacht (Grundwasser) stammen, werden seit kurzem vorher zwei abwechselnd betriebenen Klärbecken von je etwa 1000 m³ Fassungsvermögen zugeleitet und mit Kalkmilch (bis 1 t Kalkhydrat täglich) abgestumpft.




Brief der Fabrik Clausthal an die Reichsanstalt für Wasser und Luftgüte. 14.9.1943,  (Quelle IABG S. 24)

" Die sog. hellen Abwässer der Schwefelsäure-Konzentration , die in dem gleichen Kanal zu anderer Zeit nach Petershütte gelangen, werden vor dem Speicherbecken unmittelbar zur Gr. Bremke abgeleitet. Die Zeiten für die Ableitung der beiden Abwasserarten werden durch Fernsprecher täglich festgelegt, ihre äußere Beschaffenheit (Farbe) durch ein Schauglas kontrolliert."


Aktenvermerk des Oberregierungs-und -gewerberates zu Hannover-Hildesheim, Hrn. Jacobi vom 24.8.44 über die Besichtigung der Fabrik Clausthal am 18.8.44
werk-tanne-brief-24-aug-1944.pdf   (250 kB)

"Die zur Bremke führende Tonrohr-Abwässerleitung war schon im Vorjahr (1943) sehr stark durch Schlamm zugesetzt. Sie ist im oberen Teile mit eigenen Leuten unter Benutzung einer Umlaufleitung von Schacht zu Schacht aufgegraben und gereinigt. Die Arbeit wird noch fortgeführt."



Der Oberregierungs-u.gewerberat zu Hannover-Hildesheim, Aktenvermerk über die Besichtigung der Fabrik Clausthal der G.m.b.H. zur Verwertung chemischer Erzeugnisse. (Begleiter RGR. Brinkmann, RGR. Braun, Dr. Scheidt, Scherbaum, Dir. Sachse, Sicherheitsing. Mügge ...)"

        " 6) .... Der Dickschlamm soll dann wie bisher in Gruben am Ostbahnhof befördert werden.

Russische Kriegsgefangene sollen die Leitung neu verlegen.
" 8) Die Abwasserleitung zur Bremke ist im Laufe der Jahre stellenweise durch Schlamm zugesetzt und zwar
bis zu 3/4 des Querschnittes. Sie muß aufgenommen und neu verlegt werden.
Für diese Arbeiten sind 100 russ. KGef. in Aussicht gestellt. Für andere Arbeiten aber sind keine Leute zu bekommen."



Gutachten PGBU Marose/Molde 30.04.1990,  Schritt 1: Erfassung und Erkundung
   (Quelle: enviro M - Umweltbüro Dr. Marose, Gutachten Schluckbrunnen Osterode-Petershütte, 1990)
"Eine weitere Rohrleitung verlief entlang des Oberlaufes der Gr. Bremke, vermutlich durch das Düstere Lehmental, bis zur Leitung am Heiligenstock. Ob es sich hierbei um die 1944 gebaute Umlaufleitung handelt, konnte nicht geklärt werden.
(siehe Aktenvermerk von Jacobi 24.8.1944)

Inwieweit dabei Abwässer ins umliegende Erdreich gelangten bzw. wo der Schlamm abgelagert wurde, läßt sich nur schwer abschätzen; es ist aber generell davon auszugehen, daß es zu Kontamination kam."

"Aufgrund der Vermerke über das Zusetzen der Rohrleitung durch Schlamm sowie über das Aufgraben und die Neuverlegung bzw. Reinigung der Leitung ist davon auszugehen, daß sowohl in den Rohren als auch im umgebenden Erdreich Kontaminationen vorliegen. Welche Abschnitte der Leitung davon betroffen sind, läßt sich anhand der Quellenmaterials jedoch nicht lokalisieren. Bei den Schächten ist ebenfalls davon auszugehen, daß es zur Ablagerung von kontaminiertem Sediment gekommen ist"





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