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Glaube, Aberglaube, Gewißheit

Erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit:  Einbildung,  Sinnestäuschung,  darf in unserem Weltbild nicht vorkommen?

/W. Urban, S. 47/
«Der griechische Philosoph Epiklet hat vor 2000 Jahren die Beobachtung gemacht:
"Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern ihre Urteile und Meinungen über sie."

Heute wissen wir, warum das so ist. Denn wir können die Welt nicht sehen, wie sie ist. Das Weltbild einer Biene, die Ultraviolettlicht wahrnehmen kann, ist bereits völlig anders als das, was das menschliche Auge identifiziert.

Im Unterschied zu anderen Lebewesen kann der Mensch sich aus unvollständigen Informationen ein einigermaßen zutreffendes Bild von der Welt machen. Es bleibt aber ein Bild. Und wir sind höchst anfällig dafür, uns zu täuschen und ein Bild - etwa eine sogenannte optische Täuschung - für die Wirklichkeit zu nehmen. Was ich im Bezug auf  das Sehen beschrieben habe, gilt ganz allgemein. Das heißt, es gilt für alle Vorstellungen, die wir uns von der Welt machen.

Und hier kommen die erzkonservatieven Prinzipien ins Spiel, nach denen das menschliche Gehirn arbeitet. Unser Weltbild ist immer noch bestimmt von den archaischen Vorstellungen, die sich unsere Ahnen machten und die in Form von Mythen Teil des kulturellen Erbes der Menschheit geworden sind. Auch hier spielt ein biologisches Handicap eine wichtige Rolle. Der Mensch ist zwar fähig, sich die Welt zu deuten. Aber er hat keinen Sinn für den Zufall, und es fällt ihm schwer, den Zweifel auszuhalten. Denn er sucht nach Gewissheit. Das macht ihn anfällig dafür, dass sein Verstand überlistet und sein Glaube missbraucht wird. Aberglaube gibt ein Mindestmaß an Gewissheit, wo tatsächlich keine Gewissheit zu haben ist. Der Glaube muss deshalb immer wieder neu bedacht werden, damit er nicht zum Aberglauben wird.»


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