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Beobachtungen:

Rauhreif

Albert Humm

"Die Rauhreif-Katastrophe des Winters 1952/53 im Gebiet um Clausthal-Zellerfeld

Von dem Winter des Jahres 1962/53 wird man noch lange sprechen. Er brachte dem Oberharz, ganz besonders dem Gebiet um Clausthal-Zellerfeld, eine Katastrophe. Veranlassung dazu gab nicht der anhaltende Schneefall, die immer wieder vewehten Straßen oder die Tatsache, daß man selbst mit den modernsten Pflügen und Räumgeräten nicht der Lage Herr werden konnte, sondern eine Rauhreifbildung, wie sie bisher seit Menschengedenken kaum jemals aufgetreten ist. Diese Rauhreifkatastrophe lag begründet in einer gleichbleibenden Wetterperiode, die durch eine unheimliche Stetigkeit in der Rauheisbildung zu schweren Folgen führte. Weder die Technik, noch die Natur waren der Belastung gewachsen, die die Rauheisbildung schuf. Die Auswirkungen legten zum Teil sogar das öffentliche Leben still. Bäume, die viele Jahrhunderte allen Witterungsunbilden getrotzt hatte, mußten dem kompakten Frostansatz nachgeben, brachen ab und zerstörten dabei in den allermeisten Fällen die Oberleitungen von Licht und Telefon. Aber auch die Leitungen und Masten auf dem freien Gelände konnten in keiner Weise diesen Ansprüchen gerecht werden. Die Drähte rissen, die Masten knickten um wie Streichhölzer, und die Folge war, daß viele Orte teilweise tagelang ohne elektrischem Strom Strom waren. Während die Haushaltungen und die Geschäfte meistens zur Kerzenbeleuchtung griffen, ergaben sich in den auf Strom angewiesenen Betrieben Betriebsstörungen nicht unerheblicher Art. Das auffälligste bei dieser Katastrophe war, daß sie nicht auf wenige Tage beschränkt blieb, sondern den ganzen Januar über bis in den Februar hinein anhielt. Heute noch sind nicht alle Schäden behoben, und noch lange wird es dauern, bis auch in der Natur die Wunden verheilt sind, die ihr in diesen Wochen geschlagen wurden.
Kahl und trostlos stehen viele Straßenzüge da, so, als habe schweres Artilleriefeuer sie zerstört. Einen traurigen Anblick bilden die Fichtenwälder um Clausthal-Zellerfeld, ganz besonders die Waldsäume, denn dort brachen die Bäume gleich zu Hunderten unter der Eisbildung zusammen, während den Fichten im Allgemeinen die Wipfel genommen wurden.
Man vergegenwärtige sich einmal: Ein sechs Millimeter starker Zweig von einem halben Meter Länge, hatte durchschnittlich 4 kg Eis zu tragen. Die dünnen Leitungsdrähte waren im allgemeinen bis zu einer Stärke von 20 Zentimeter im Durchmesser angeschwollen. Festgestellt wurde, daß die Belastung das Zehnfache erreichte, während als äußerster Sicherheitsfaktor das Fünffache gerechnet wird. Einwandfrei wurde in dieser Zeit festgestellt, daß zwischen zwei Strom-Masten durchschnittlich 3,6 Tonnen Eis hingen, nämlich 4 kg je laufendes Meter. Unter diesen Umständen mußten auch die starken Überlandleitungen und ihre eisernen Masten in die Brüche gehen.
Den Gemeinden, insbesondere der Bergstadt Clausthal-Zellerfeld, wurde dadurch erheblicher Schaden zugefügt, denn der Materialverlust, der Stromausfall und die Vernichtung junger Bäume waren erheblich. Gänzlich zum Ruhen kam die Arbeit im Walde, die die Tätigkeit der Waldarbeiter unter den ständig zusammenbrechenden Bäumen nicht verantwortet werden konnte.
War der Winter so auf der einen Seite eine Katastrophe, die Wintersportler und damit die Wintersportplätze hatten eine große Zeit. Nicht zuletzt war dieser Winter für alle Schönheitssucher einmalig, wenn auch die Fotografen nur im bescheidenen Umfange auf ihre Kosten kamen, weil den ganzen Januar hindurch kaum an einem Tag die Sonne schien und praktische nur ein einiger Tag, Angang Februar, übrig blieb, um die Schönheiten dieses Winters einzufangen.
Unsere Bilder geben einen Einblick in welchem Umfange sich die Katastrophe auswirkte, aber auch in welch herrlicher Weise die schnee- und eisreichen Tage zum Zauberer und Künstler wurden. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, die die Schönheit dieser Tage niemals den Schaden aufwiegen kann, der angerichtet wurde.
Wir wollen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, daß mitten in dieser schneereichen Zeit und bei einer Temperatur von über Minus 20 Grad, Feuer im Eisenbahnerheim zu Festenburg ausbrach. Die Witterungsverhältnisse und andere Schwierigkeiten ließen einen rechtzeitigen und vollen Einsatz der Wehren nicht zu, so daß diese bekannte alte Erholungsstätte der Eisenbahner in wenigen Stunden vernichtet wurde."


Schwarzweiß-Fotos: Albert Humm

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Abb. 01: Rauhreif (FB)
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ABb. 01a: Raureif in einem Gully-Deckel (FB)
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Abb. 02: Eis und Rauhreif an Zweigen (FB)
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Abb. 03: Das untere Ende eines Gittermastes ist eingeknickt.
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Abb. 04: Der Mast
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Abb. 03: dicker Eispanzer an zwei Leitungen
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Abb. 04: Gittermast mit Schäden
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Abb. 05: Andere Blickrichtung
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Abb. 07: umgeknickt
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Abb. 08: Leitungen liegen im Schnee
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Abb. 09: Reparatur der Leitungen bei Frost
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Abb. 10: Eispanzer
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Abb. 11: Eispanzer auf Zweigen


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Abb. 12: Blick von Clausthal-Zellerfeld zum Brocken (links) und zum Ackerbruchberg.
Dort verläuft eine Hochspannungsleitung über Altenau bis nach Braunlage. Sie erreicht Höhen von über 800 m. (FB)
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Abb. 13: Die Leitung zwischen Clausthal-Zellerfeld und Braunlage ist ungefähr 24 km lang und führt bei der Achtermannshöhe über Höhen von 830 m.  (opentopomap.org)
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Abb. 14: Im Hintergrund sind die Antennenanlagen vom Torfhaus und vom Brocken.
Davor sieht man die Masten der Leitung, wie sie von links nach rechts den Ackerbruchberg erklimmen. (FB)
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Abb. 15: Dieser Abtautrafo in Clausthal-Zellerfeld kann die Strecke in Richtung Braunlage mit einem höheren Strom betreiben und somit heizen. Man hat ihn in den 1970-er Jahren beschafft, weil bei Wetterextremen -wie Sturmschäden 1972/73 - oder der Schneekatastrophe 1978/79 die Leitung stark beschädigt wurde.(FB)
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Abb. 16: Hochspannungsleitung bei der Achtermannshöhe kurz vor Braunlage. Die drei Phasen sind elektrisch heizbar. Das Erdungsseil (Blitzschutz) mußte man weglassen, weil man es nicht heizen kann. (FB)



Literatur:  b-literatur.htm

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