Sektkorken
Das Experiment mit den fliegenden Sektkorken gehört zu einer Serie
von anschaulichen Versuchen, die im Rahmen der Physikausbildung im
Hörsaal gezeigt wurden und auch werden.
Eine einfache Fragestellung, die sich auf theoretischem Wege mit
physikalischem Schulwissen lösen läßt, erfordert bei
der experimentellen Umsetzung ein wenig experimentelles Geschick, da
diese Versuche ja nicht in jedem Lehrbuch zu finden sind.
http://www.biosensor-physik.de/biosensor/geschwindigkeit
Nachtrag 2022 für einen
Schraubverschluss einer Mineralwasserflasche
http://www.biosensor-physik.de/biosensor/geschwindigkeit.htm#kapitel-02
Doch bei einiger experimenteller Erfahrung ist das Problem mit wenigen
Griffen in die Trickkiste der Praktikums- und
Vorlesungsgerätesammlung zu lösen.
Und gerade diese Tätigkeit ist eine der Aufgaben eines Physikers:
Analysieren und möglichst einfach in die Praxis umsetzen.
Im Rahmen des immer mehr abnehmenden Verständnisses unserer Jugend
an Physik
- stark
übertrieben ausgedrückt: "Ich habe Physik schon im
Kindergarten abgewählt" -,
ist es ganz wichtig, auf das Zusammenwirkung von physikalischen
Erkenntnissen und Erfahrungen in unserem Alltagsleben hinzuweisen.
Wenn wir als Industrienation in Zukunft überleben wollen, reicht
es nicht aus, sich den Namen einer Internet-Suchmaschine
einzuprägen, sondern wir brauchen Menschen, die gelernt haben, in
Zusammenhängen zu denken.
Und gerade der Physikunterricht sollte hier eine Schnittstelle zwischen
wissenschaftlich gesammelten Erfahrungen und dem Alltag schaffen.
Die in vielen Kindervorlesungen gesammelte Erfahrung hat gezeigt,
daß man ausgewählte Physik-Kapitel auch ansprechend
darstellen kann, ohne sich gleich in das Metier einer
reißerischen Fernsehshow zu begeben.
Selbstverständlich ist der Kontakt mit den Medien dabei ganz
wichtig. Und wie sich gezeigt hat, ist gerade dieses Thema für
sehr viele Sender äußerst attraktiv.
Die ermittelten Daten für die Geschwindigkeit sind exemplarisch,
sie beziehen sich auf das hier verwendete Material und auf einen
mittleren Druck von 3 bar.
In Extremfällen kann eine weitaus höhere Geschwindigkeit
auftreten, beispielsweise wenn die Flasche in der Sonne gelegen
hat, geschüttelt wurde, und dann vielleicht 15 bar (= 50% vom
Berstdruck des Glases) erreicht.
Der Druck ist dann so groß, daß schon beim leichten
Öffnen der Drahtsicherung der Korken herausfliegen kann.
Die hier untersuchten Flaschen hatten einen Kunststoffkorken. Ob die
traditionellen echten Korken eine andere Reibung und damit eine andere
Geschwindigkeit aufweisen, wäre noch zu prüfen.
Auf jeden Fall ist der Umgang mit schlecht gekühlten Sektflaschen
mit einem Risiko verbunden, bei denen Personen zu Schaden kommen
können. Dies berichtete der Mediziner Dr. Karl Matheis, der
zahlreiche Patienten
mit Augenverletzungen erlebt hat.
Dr. Matheis hat sich um eine Lösung zur Entschärfung des
Problems bemüht. Das Ergebnis ist heute als Serienprodukt im
Handel.
«Zeichnungen der ersten Idee
wurden von zwei Studenten von FH in
Bingen angefertigt.
Mit diesen Zeichnungen ging ich zu Prof. Dipl. Ing.
Mattil aus Pirmasens, der mir die ersten Prototypen in seiner
Heimwerkstatt anfertigte.»
RTL-Sendung vom 16.12.2008
www.rtl-regional.de/player.php?id=4774
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Abb. 01a:
Reporter und Kameramann bei der Aufnahme, der Autor an der
Korkenschießanlage
(Ch. Ernst, TU Clausthal)
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Abb. 01b: Der Kameramann steht
geschützt hinter einer Plexiglasscheibe genau in der
Schußlinie des Sektkorkens. (FB)
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Abb. 02: Zeitungsartikel in den
Lübecker Nachrichten.
gemeint ist offensichtlich "Tempo des
Verschusses"
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Kommentar eines lieben ehemaligen Schulkameraden aus
Lübeck,
(im Stil
eines Juristen, könnte Nachfolger von Loriot werden.......)
Lieber Friedrich,
die Ergebnisse Deiner mit unermüdlichen Forschungen
verknüpften unerschrockenen Experimentierfreude sind offenbar um
die Welt gegangen und haben nun auch die Stätte Deiner Geburt
erreicht, wie der heutigen Nachricht der örtlichen Presse zu
entnehmen ist. Obwohl sich nichts darüber in dem Zeitungsartikel
findet, gehen wir selbstverständlich davon aus, dass Du die
erforderliche Dokumentation der Versuche und deren wissenschaftliche
Auswertung in einem Zeitfenster durchgeführt hast, das inkongruent
zu der unten behandelten Nachbereitung der jeweiligen Versuchsreihen
war.
Ungeachtet des gefundenen Ergebnisses und seiner theoretischen
Bedeutung für die Praxis sowie seiner praktischen Relevanz
für die Theorie finden wir beide die Frage ganz besonders
spannend, wie Du der anfallenden Reste Deiner Forschungstätigkeit
Herr geworden bist und werden wirst. Jedes einzelne Experiment
(und zur Absicherung der Verlässlichkeit der Ergebnisse sind, so
denken wir uns, sehr viele Kontrollversuche erforderlich)
hinterlässt - gewissermaßen als „Abfallprodukt“
- eine nun in den Zustand der vollständigen Öffnung
übergegangene Flasche Sekt. Der appetitlich perlende Inhalt,
soweit er nicht den Tücken der Versuchsanordung als Opfer
darzubringen war, muss selbstverständlich jeder nur denkbaren Form
der Verschwendung entzogen werden. Die Konsequenz dieser Prämisse
liegt auf der Hand:
Einem gewissenhaften Experimentator bleibt in einer solchen Lage, will
er sich nicht der hemmungslosen Verschwendung schuldig machen, kaum
etwas anderes übrig, als den nun leicht verderblich geworden
Rückstand seines Forschungsgegenstandes zeitnah der
bestimmungsgemäßen Verwendung zuzuführen. Auf diese
Weise ist er gleichsam genötigt, der Wissenschaft ein schweres
Opfer dadurch zu bringen, dass er ohne schuldhaftes Zögern die
ordnungsgemäße Entsorgung in der Form der Vertilgung durch
unmittelbare orale Einnahme der Flüssigkeit einleitet. Gerne
würden wir Dir bei den weiter erforderlichen Versuchsreihen einen
Teil dieser schweren Bürde abnehmen und Dich bei der
Rückstandsvernichtung mit unseren bescheidenen Kräften
unterstützen.
Das wird wohl auch erforderlich sei, denn aus der anliegenden
Presseverlautbarung lässt sich die Existenz zahlreicher offen
gebliebener Fragen unschwer erschließen. So ist trotz Deiner zu
unterstellenden Sorgfalt bei der Anordnung und Durchführung der
Versuchsreihen erkennbar nicht nur die Frage unbehandelt, welche Rolle
etwa die Gestalt und das Gewicht des jeweiligen Korkens sowie das zu
seiner Herstellung verwendete Material spielen, sondern darüber
hinaus bleibt ebenso im Dunkeln, in welchem Verhältnis die
erzielbaren Geschwindigkeitswerte zum Luftdruck und den
Feuchtigkeitswerten der Umgebungsraumluft der jeweiligen Kneipe…
Entschuldigung, des Labors stehen. Ganz zu schweigen von allen
weitläufigeren Bedingungen der Versuchsanordnung, wie
beispielsweise der Mondphase oder der spezifischen Richtung der noch
unentkorkten Flasche bezogen auf die Erdrotation (1).
Wir hoffen also, dass der TU Clausthal bewusst ist, dass die
lückenlose Erforschung des Phänomens nicht ohne
kostenaufwendige Exkursionen auch in entlegenere Teile des Globus
geleistet werden kann. Wir stehen zu Deiner vollen Verfügung, denn
wir haben ausreichend Durst und unsere Pässe bringen wir
schnellstmöglich in Ordnung. Im Interesse der Forschung in der
Hoffnung auf eine positive Nachricht grüßen Dich als
angehende wissenschaftliche Entsorgungsspezialisten
herzlich Benno
Fussnote:
(1) Da sich diese, wie Du weist, kontinuierlich abschwächt (im
Einzelnen aber unerforscht. Dazu ein Gedanke: Sollte sich die
Sektkorkengeschwindigkeit als universelle Konstante erweisen, wäre
mit dieser Versuchsanordnung eventuell das genaue Maß eben der
erwähnten Abnahme der Geschwindigkeit der Erdrotation
ableitbar!!), ist eine gegen Unendlich tendierende Dauer der
Experimentierphase schon allein unter diesem Aspekt der
Versuchsanordnung abgesichert. Wir schlagen deshalb vor, dass Du die
erforderlichen finanziellen Mittel in der Form einer als monatlich im
Voraus zu entrichtende Rente ausgestalten lässt.
P. S.: Selbst wenn sonst nichts aus dieser
Angelegenheit herauskäme, hat der Zeitungsartikel jedenfalls dazu
geführt, dass wir eine präzise Vorstellung darüber
gewonnen haben, was von einer eventuellen Mitteilung Deinerseits zu
halten sein würde, Du habest über die Festtage gearbeitet.
Na denn: Prost.