8. März 2007, Neue Zürcher Zeitung
Die verhängnisvolle Liebe des
Kamels zur Klimaanlage
Australien kämpft mit einer Plage der besonderen Art
Australien hat die weltweit größte Population wilder Kamele.
Von den Europäern einst ins Land gebracht, vermehren sie sich
ungebremst. Sie fressen anderen Tieren das spärliche Futter weg
und richten auf der Suche nach Wasser in abgelegenen Dörfern
Schaden an.
Einen Menschen für dumm zu erklären, indem man ihn als
«Kamel» tituliere, sei eine Beleidigung für das Kamel,
sagt Murray McGregor, denn Kamele seien intelligente Tiere. Murray
McGregor muss es wissen. Er ist Chef der Forschungsabteilung des
australischen Desert Knowledge Cooperative Research Centre in Alice
Springs. Das Institut beschäftigt sich mit allen Aspekten der
australischen Wüsten- und Savannenlandschaften. In diesen Gegenden
aber spielen nicht nur Kängurus und Emus, die australischen
Wappentiere, sondern auch Kamele eine bedeutende Rolle. Denn Australien
hat von allen Ländern der Welt die größte Population
von wildlebenden Kamelen. «Konservative Schätzungen gehen
etwa von 600 000 Tieren aus, es könnten aber auch mehr als 800 000
sein. Und etwa alle acht Jahre verdoppelt sich ihr Bestand»,
meint McGregor.
Verzweifelte Suche nach Wasser
Unlängst hat eine Herde dieser Tiere von sich reden gemacht, als
sie auf der Suche nach Wasser in einer entlegenen Gemeinde
beträchtlichen Schaden anrichtete. «Die Kamele haben
gemerkt, dass aus Klimageräten Kondenswasser austritt, und suchen
nun bei Häusern nach diesem Gerät», erklärt
McGregor. Die Tiere spürten offenbar auch, wenn sich Wasser in
Leitungen befindet, und seien durchaus in der Lage, Rohre zu
zertrümmern. Überhaupt hätten sie einen sechsten Sinn
für Wasser, so McGregor. Ein Zyklon, der unlängst durch
Westaustralien gezogen sei, sei nicht der für Tropenstürme
üblichen Bahn gefolgt, weshalb es an einem ganz anderen Ort als
sonst geregnet habe: «Doch die Kamele spürten dies und
begannen zu wandern.»
Vom Helfer zum Schädling
Da sich große Teile Australiens in einer schweren Dürre
befinden, spitzen sich die Probleme mit den wilden Kamelen zu. Ein
Bericht aus der von Aborigines bewohnten Siedlung Warakurna in der
westaustralischen Steppe sprach davon, dass Hunderte Kamele auf der
Suche nach Tranksame Klimaanlagen beschädigt hätten und in
Toiletten vorgedrungen seien. Die Kamele sind für die Aborigines
auch deshalb ein Problem, weil sie ihre Wasserstellen verunreinigen und
auch Kultstätten beschädigen, die sich oft in der Nähe
von diesen befinden.