Vorwort
Die hier folgenden Blätter waren in ihrem Ursprung nicht zur öffentlichen Bekanntmachung bestimmt, sondern wurden zu verschiedenen Zeiten in beschränkter Anzahl als Manuskript gedruckt und an Freunde und einige bekannte Physiker verteilt. Das hinaus treten dieser Aphorismen in die Öffentlichkeit ist mir durch ein beleidigendes Verfahren meiner Widersacher unter den Professoren der Naturwissenschaft an der Berliner Hochschule aufgenommen worden.
Dieser Herren überraschten mich mit heftigen Vorwürfen unter anderem darüber dass ich in jenen Privatblättern ihren Namen genannt habe. Zur Entgegnung hielten sie für nötig, durch die Augsburger Allgemeine Zeitung mittelst eines mich tief verletzenden Artikels sich Genugtuung zu verschaffen. In der Tat eine Konsequenz seltsamer Art: – um sich gegen vermeintliche Öffentlichkeit ihrer Namen zu wehren, ergreifen sie die wirkliche und affichieren ihre sieben Namen mit großen Buchstaben in der ausgebreiteten aller politischen Welt Zeitungen.
Sie somit sind es, welche zuerst öffentlich auftraten, und sich und mich gewaltsam in dieser Angelegenheit auf die öffentliche Bühne stellten. In meinen Blättern war die Nennung jener Namen als Augenzeugen eine völlig harmlose; ich werde nie begreifen, mit welchem Fuge ein Professor ungehalten werden kann, wenn jemand einfach sagt, jener sei bei diesem oder jenem physikalischen Versuche zugegen gewesen und ohne irgend ein Urteil auszusprechen wieder von dannen gegangen. So steht es mit ähnlichen Worten Seite 31 im zweiten Berichte. Welch wunderlich krankhafte Gelehrtenreizbarkeit gehört zu dem mir hintennach wörtlich gemachten Vorwürfe darüber, dass ich nicht jeden einzelnen um seine Erlaubnis gebeten hatte, in meiner Erzählung seinen Namen zu nennen?
Aber sie entsetzen sich noch weiter darüber, dass man sie für das Od, das verhasste, haftbar mache. Wo und wem ist es irgend eingefallen, Ihnen einen so unseligen Gedanken auch nur zuzumuten? Mittelst welcher Augen sie Dinge lesen, die nirgends stehen, und dann mit der Windmühle fechten, die sich ihre Einbildung her geschaffen, ist mehr als unfasslich, es ist lächerlich.
Im Bewusstsein, die Ihnen vorgeführten Versuche nicht widerlegen zu können, greifen Sie zu dem unreinen Mittel, ein schiefes Licht auf die Genauigkeit meiner Experimente zu werfen. Tatsachen und Beweise habe ich ihn reichlich gegeben, die folgenden Blätter bezeugen es. An ihnen ist es, sie zu widerlegen. Schnöde Verdächtigungen ohne Gegenbeweis können nur indignieren und zwingen mich endlich wider meine ursprüngliche Absicht in die Öffentlichkeit zu treten und mich des unwürdigen, derben Verfahrens so nachdrücklich zu erwehren, als der Angriff rücksichtslos war.
Berlin, im Juli 1862
Der Verfasser.
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Es sind bald 20 Jahre, dass ich anfing in verschiedenen meiner Schriften von gewissen leuchtenden Erscheinungen zu reden, die man an Kristallen, Magneten, in chemischen Vorgängen, im Schalle, an lebenden organischen Körpern beobachten kann, und die bis nun einer allgemeinen wissenschaftlichen Untersuchung nicht unterzogen worden sind.
Dieser Mangel an Berücksichtigung eines vielleicht nicht ganz unwichtigen Gegenstandes hatte seinen nächsten Grund wohl darin, dass jenes Licht überaus schwach, an der Tageshelle für niemand sichtbar und nur in absoluter Finsternis für Personen wahrnehmbar ist, welche mit einem eigentümlich scharfen Sehvermögen begabt sind. Ich hoffe, dass die zahlreichen Schilderungen und ausführlichen Auseinandersetzungen, die ich über dieses Licht gegeben, und wovon Übersetzungen in andere Sprachen übergegangen, einigermaßen die Teilnahme der Gelehrten vom Fache erregen würden; allein die Schwierigkeiten und Mühseligkeiten, welche die einschlagenden Untersuchungen in Anspruch nahmen, sind dem bisher entgegen gewesen, und jenes eigentümliche Licht ist bis jetzt nur wenig beachtet worden.
Mittlerweile ist eine andere Kunst herangewachsen, die Fotografie, deren außerordentliche Fortschritte mir Mittel darzubieten schienen, jene Schwierigkeiten teilweise aus dem Wege zu räumen, dadurch jenem schwachen Lichte näher zu kommen, und besonders die (---2---) Gewissheit seines Daseins auf festere Unterlagen stellen zu können, als ich dies bisher vermochte.
Vor einigen Monaten in Berlin angekommen, wandte ich mich an den königlichen Hoffotografen Herrn Günther. Mit ihm und seinen Apparaten führte ich nun eine längere Untersuchung Berufs jenes Zweckes durch.
Allerdings habe ich schon vor vielen Jahren (1844) Versuche angestellt, dies Licht zur Wirksamkeit auf der fotografischen Platte zu bringen, aber ohne befriedigenden Erfolg. Seitdem ist jedoch die Empfindlichkeit derselben so außerordentlich gesteigert worden, dass neue Versuche einladend wurden. Wenn jenes Licht, einstweilen Odlicht genannt, in derselben Weise wie das Tageslicht auf die fotografische Platte in Anwendung gebracht, dieselben Wirkungen erzeugen würde, so wären diese für jedermann sichtbar, und die Schwierigkeiten, welche der Erkenntnis desselben im Wege liegen, hinweggeräumt.
Inwieweit es mir gelungen, mich diesem Ziele zu nähern, und auf welchen wegen ich denselben jetzt entgegen gestreckt, wünsche ich nun in folgender Auseinandersetzung darzulegen.
Ich knüpfe hier den Faden zunächst an eine Abhandlung von mir an, welche im 112. Bande Seite 459 der Poggendorff'schen Annalen abgedruckt ist und sich über sehr schwache Lichterscheinungen ausspricht; es sind dieselben, über welche ich hier mich verbreiten möchte. Man findet diese Abhandlung unten Seite 61 ff. wiederholt. In anderen meiner Schriften*) über diesen Gegenstand habe ich gezeigt, dass alle kristallisierten Körper jenes schwache Licht aussenden, ja daß Mauerwände, und somit die gemauerten Zimmerwände unserer Wohnhäuser in der Finsternis hinlänglich empfindlichen Augen in seinem weißen Scheine sich zeigen, auch wenn niemals Sonnenschein sie trifft.
*) Der sensitive Mensch, Stuttgart, Cotta.
Die Pflanzenwelt und das Od. Wien, Braumüller
Eine polierte Glasplatte, unter Mithilfe von Cellod mit einer feinen Schicht von gewissen Silberverbindungen belegt, nimmt bekanntlich eigentümliche Eindrücke vom Licht an, welche zur Sichtbarkeit für jedermann gebracht werden können. Es ist bis jetzt kein anderes Agens bekannt, welches ähnliche Wirkung auf solche (---3---) Glasplatten hervorzubringen vermöchte. Wenn nun das Odlicht im Stande wäre, auf die fotografische Platte in ähnlicher oder gleicher Weise einzuwirken, wie dies das Tageslicht tut, so wäre damit ein greifbarer Beweis hergestellt, dass das Odische Licht, obgleich es seiner Schwäche wegen nicht von jedermann gesehen werden kann, doch in seinem Wesen nichts anderes ist, als wirkliches Licht, wie alles andere, und dass die unwesentlichen Verschiedenheiten desselben von allen bekannten Lichte nichts anderes zum Grunde haben, als die ungleiche Quantität, so zwar, dass während gemeines Tageslicht und gewöhnliches Feuerlicht eine große Menge Licht mit Glanz auf unser Auge wirken, Odlicht durch seine überaus geringe Menge denselben in der Mehrzahl der Fälle entgeht.
Um dies der Prüfung zu unterziehen, bedurfte es eines Ortes, den ich absoluter Finstern konnte. Herr Professor Gustav Rose hatte die teilnehmende Gepflogenheit, mir auf dem Universitätsgebäude zu Berlin drei Zimmer auf einige Zeit einzuräumen, die ich so einrichten durfte, das sie unbedingt lichtdicht verschlossen werden konnten.
In diesen verfinsterte Zimmern nun wurde eine Reihe von Versuchen angestellt, alle in der Absicht, die Eigenschaften des Odlichts zu untersuchen. Ich folge im Vortrage derselben genau dem Inhalte meines darüber geführten Tagebuches und reihe sie nach der Ordnung der sukzessiven Aufklärung des Gegenstandes aneinander an.
Versuch I. und II. – Herr Günther lieferte zwei fotografische Glasplatten, die auf den äußersten ihm bekannten Grad von Empfindlichkeit für Lichtwirkung gebracht waren. Dies ging so weit, dass ein von Sonnenlicht beleuchteter Körper nur einer einzigen Sekunde Zeit bedurfte um auf der fotografischen Platte ein vollständiges Abbild zu erzeugen. Eine dieser Platten wurde in eine hölzerne lichtdichte Kassette eingeschlossen, die andere offen auf einen Tisch gelegt, dem Einfluss aller umgebenden Zimmerwände und der Zimmerdecke überlassen. Dies geschah in dem absolut finsternen Raum, der sogenannten Dunkelkammer; alles wurde strenge verschlossen und 15 Minuten lang seinem Schicksal überlassen. – Die Platten wurden hierauf im Finsteren herausgenommen und mittelst schwefelsaurer Eisenlösung gefärbt, wie man es nennt. Die erste (---4---) Platte, welche in der Kassette lichtdicht eingeschlossen gewesen, erschien unverändert; die zweite Platte zeigte einen feinen, wenig wahrnehmbaren Schleier von einer gelblich braunen Tinte, so schwach dass man ihn anfangs kaum beobachtete.
Es ging hieraus hervor, dass die verschlossene, allem Lichteinflüsse absolut entzogene Platte inner 15 Minuten keinerlei Angriff erlitt, auch nicht von dem ihr zunächst befindlichen Holzverschlüsse; daß dagegen auf die frei gelegene Platte irgend ein unbekannter, sehr schwacher Lichteinfluss ausgeübt worden sein musste. Die Herkunft desselben liegt aber klar vor: es ist das schwache Odlicht, welches die Mauerwände und die Zimmerdecke aussenden. Ohne diese Einwirkung blieb die Platte farblos, mit ihr erhielt sie einen Farbenschleier, der seiner Schwäche nach der schwachen und entfernten Leuchte entspricht, welche die umfassendste Ende des Gemaches aussenden.
Manche andere Versuche bewerten dies. Unter ihnen ist
Versuch III. anzuführen, bei welchem eine fotografische Platte frei in die Dunkelkammer gebracht und mitten darauf ein zwei Zoll langer, nur zwei Linien dicker brasilianischer edler Turmalin gelegt wurde. – Nach 15 Minuten herausgenommen und gefärbt, ergab sich, daß die ganze Platte gleichförmig schwach blaßgelbbräunlich angelaufen war, wie Nr. 1., daß auf der Stelle jedoch, auf welcher der Turmalin lag, durchaus nicht die geringste Färbung stattgefunden hatte, sondern das Glas samt Cellod ganz rein geblieben war.
Sicher hatte hier das von der Zimmerdecke ausstrahlende Odlicht auf die Platte ebenso wie in den Versuchen I und II eingewirkt; dort aber, wo der Turmalin lag, war dies Licht von diesem aufgefangen worden, und die darunter liegende Stelle der Platte von ihm nicht getroffen, also auch nicht angegriffen worden; dieser Teil der Platte lag tatsächlich im odischen Schatten des Turmalins.
Versuch IV. Auf den Tisch in der Dunkelkammer wurden zwei Kistchen gestellt, auf Handlänge von einander entfernt, und eine frisch zugerichtete Platte so darüber gelegt, dass sie die Brücke zwischen beiden bildete, und dass die Cellod-Silbersalzseite nach unten gegen den leeren Tisch gerichtet war, von ihm beiläufig einen Fuß entfernt. – Als die Platte nach 15 Minuten aus der Finsternis (---5---) hervorgeholt worden, fand man sie gänzlich unverändert, und keine Spur von Einwirkung auf derselben. Die hölzerne Tischfläche hatte keine sichtbare Wirkung auf sie ausgeübt, und das Lichte der Zimmerdecke war von ihr durch Umkehrung abgehalten.
Diesen Versuchen wiederholte Herr Günther für sich in seinem Atelier zweimal, jedes Mal mit dem Erfolge, dass die Platte unbeeinflusst blieb
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Bis hierher waren die Ergebnisse der Erklärung nur erschlossen nach Anleitung anderer früherer Erfahrungen; allein jetzt handelte sich um direkte, unabweisbare Tatsachen, die nunmehr folgen.
Versuch V. Ein größerer, 5 Zoll dicker Bergkristall wurde in der Dunkelkammer so aufgestellt, dass seine negative Spitze nach oben gekehrt war. Rings um seine Seiten herum wurden kleinere Kristalle aller Art, Schwerspäte, Kalkspäte, Flussspäte, Gipsspäte, Turmaline, kleine Bergkristalle so an ihn fest angelegt, dass ihre negativen Spitzen alle der Spitze des Hauptkristalls zugekehrt waren, somit alle zusammen eine Pyramide bildeten, deren vereinigte odische Kraft in der Spitze des großen Kristalls sich konzentrierte. Horizontal über diese Spitze, beinahe einen halben Zoll Abstand darüber, wurde eine fotografische Glasplatte gelegt, und so vor gerichtet alles 15 Minuten im Finstern ruhig gelassen. Als sie herausgenommen und mit Eisenvitriol gefärbt wurde, zeigte sie sich allgemein hellbraun angelaufen in der Weise, dass der dabei gegenwärtige Fotograf, Herr Günther, es für entschieden übereinstimmend mit der Wirkung diffusen Tageslichtes erklärte. Es war also in absoluter Finsternis ein Lichtbild erzeugt worden.
Versuch VI. Um dieses Ergebnis zu kontrollieren, wurde es wiederholt, und zwar mit dem einzigen Unterschied, dass die fotografische Platte mit einer Blende von Pappendeckel belegt wurde, in welcher beliebige Figuren ausgeschnitten waren, namentlich ein großes Kreuz, dessen Balken etwa einen halben Zoll Breite hatten. Als nach 15 Minuten Exposition die Platte durch die Farbelösung gezogen wurde, erschien schnell ein dunkelbraunes Kreuz desselben, (---6---) und ihr übriger Raum blieb farblos. Nachträglich darüber gebrachte Pyrogallsäure machte das braune noch dunkler.
Versuch VII. Es wurden in die Pappendeckelblende außerdem Kreuze noch verschiedene andere Figuren eingeschnitten, runde und eckige, und diese in verschiedenen Stellungen außerhalb des Kreuzes gruppiert. 15 Minuten in der Dunkelkammer den Kristall aus Strömungen ausgesetzt, lieferten sie sämtlich auf der Platte nach Abnahme der Blende stark braune Figuren von der Form der Ausschnitte. Eine Zeichnung davon lege ich hierbei.*) *) siehe die nebenstehende Figurentafel
Versuch VIII. Unter gleichen Umständen wurde eine Platte nur 2 Minuten lang mit dem Einfluss des Kristalls ausgesetzt. Sie lieferte ein deutliches, wenn auch viel minder starkes Bild des Kreuzes.
Versuch IX. Noch einmal wurden diese Experimente wiederholt, diesmal nicht mit einer Pappendeckelblende, sondern mit einer von Wachstafft dicht belegt, in welche wieder ein Kreuz eingeschnitten war. Nach 15 Minuten Ausstellung untersucht und gefärbt, zeigte sich auf der Platte sogleich ein braunes, wohl ausgesprochenes Kreuz, während der übrige vom Wachstafft bedeckte Raum derselben, geringe Befleckung abgerechnet, völlig rein blieb.
Abb. 01-01: Fotografische Platte, belichtet mit Odlicht, davor ein Schattengeber aus Wachs-Taft.
Diese neuen Versuche zeigen der Reihe nach:
1. dass in einer absolut finstern Holzkassette kein Odlicht auf die fotografische Platte wirksam ist;
2) dass bei frei im finstern Zimmer eine sehr schwache Einwirkung von den Mauer wenden aus auf die Platte ausgeübt wird;
3) dass dieselbe Wirkung von einem auf der Platte liegenden Körper unterbrochen wird;
4) dass eine Tischfläche auf einen Fußabstand wirkungslos ist;
5) dass Kristallspitzen auf ein halb Zoll Abstand in 15 Minuten auf der fotografischen Platte ein Bild erzeugen, ganz in der Art wie das gewöhnliche Tageslicht dies in Sekunden tut;
6) und 7) daß dieselbe Wirkung auch durch die Lehren einer Blende statt hat;
8) dass dieselbe Wirkung, nur schwächer auch in 2 Minuten erreicht wird; (---7---)
9) dass Blenden von Pappendeckel, Holz, Wachstafft und Messingblech alle dieselbe Einwirkung zulassen.
Aus allen diesen Versuchen gegen klar der Beweis hervor, dass das aus den Kristallen ausströmende so genannte Odlicht in derselben Weise auf die fotografische Platte, auf das Jodsilber wirkt, wie das gemeine Licht es tut, dass folglich von dieser Seite ein Unterschied zwischen Odlicht und gemeinem Licht nicht existiert, und dass der von mir längst aufgestellte Satz, dass aus Kristallen und analogen Körpern wirkliches Licht ausströme, hierdurch tatsächlich begründet erscheint.
Es kam nun darauf an, dieser Entdeckung den Inhalt abzufragen. – Ich habe in meinen Schriften vielfach gezeigt, dass, wie den Kristallen, so auch anderen Körpern und realen Verhältnissen Licht entströmt, dass mit dem der Kristalle vollkommen übereinstimmt und von mir unter den gemeinsamen Namen Odlicht subsummiert wird. Dahin gehörte zunächst der Magnet, dessen Polen im Dunkeln bedingungsweise sichtbares Licht in strömt. Ist dies wirklich mit dem unter dem Ausdruck Odlicht begriffenen Lichte identisch, so muss es in seinen Eigenschaften mit ihm übereinstimmen, es muss also auch auf die fotografische Platte wirken.
Versuch X. Dies zu erforschen, wurde an die Stelle der bei den bisherigen Versuchen angewandten Kristalle ein kleiner Hufmagnet gebracht. Er hatte beiläufig 4 Zoll Schenkellänge und einen halben Quadratzoll Querschnitt. Man stellte ihn aufrecht mit den Polen nach oben, und darüber wurde eine mit Kreuzblende versehene fotografische Platte angebracht. Nach 15 Minuten aus der Dunkelkammer und durch das Eisenbad gebracht, trat ein auffallend stark dunkelbraunes Kreuz auf, und damit erschien das erste fotografische Bild von magnetischem Odlichte bewirkt.
Versuch XI. Eine dritte Art odpolaren Körpers ist der organische Leib, sowohl der Tiere als Pflanzen, und ihre Lichtausströmungen werden von sensitiven Personen, d.h. solchen, welche Reizbarkeit des Sehvermögens hierzu besitzen, überall reichlich gesehen. Als die leuchtendsten Stellen sind bei Ihnen bisher die (---8---) Finger- und Zehenspitzen erkannt worden. Die Schwierigkeit, ihre Wirksamkeit auf die fotografische Platte geltend zu machen, suchte ich folgendermaßen zu überwinden. Einen Glasstab, den ich als gute Odleiter aus meinen früheren Untersuchungen kenne, befestigte man horizontal über ein Holzkistchen, und richtete seine Spitze bis zu 1 1/2 Zoll Abstand auf die Mitte einer stehenden fotografischen Platte. So in der Dunkelkammer vor gerichtet, versammelte ich um den Glasstab fünf Männer, mich selbst darunter, und ließ sie ihre fünf rechten Hände mit den Fingerspitzen an den beiläufig 1 1/2 Fuß langen Glasstab anlegen. Alles was den Fingern entströmte, musste auf diese Weise in dem Stapel sich sammeln und vereint durch den Glasstab auf die Stelle der fotografischen Platte zu strömen, welche seiner Spitze am nächsten war.*) Dies war die Mitte des offenen Kreuzes in der Blende, die auf der Platte lag. – In dieser Anordnung verweilte man siebeneinhalb Minute unverrückt in der Dunkelkammer. Als hierauf die Zusammenstellung auseinandergenommen und die Glasplatte nach Abnahme der Blende mit Vitriollösung übergossen worden, trat die Figur des Kreuzes sehr gleichförmig, etwas schwächer braun gefärbt hervor. Dass dem menschlichen Leibe entströmende Licht hatte also ein fotografisches Bild erzeugt.
Bei diesem Versuche ist der Nebenumstand noch wohl zu bemerken, dass das Licht der Finger nicht unmittelbar auf die Platte gewirkt hatte, sondern nur mittelbar durch den Glasstab hindurch. Dieser nahm das Licht ausgebenden Prinzip aus den Fingern in sich auf, leitete es durch sich gegen die Platte hin, und erst durch seine Spitze goss er es über dieselbe aus. Das lichtemanierende Etwas war also leitbar. Der folgende Versuch wird dies noch entschiedener dartun.
Versuch XII. Es ist bekannt, dass manche chemische Vorgänge mit Lichtentwicklung verbunden sind, ja, dass diese Erscheinung selbst im Wasser sich zuträgt und aus mehreren Gründen keine Verbrennung sein kann. Man hat sich bis jetzt begnügt, diese rätselhaften, noch unerklärbaren Leuchten, Phosphoreszenz zu nennen. Allein was ist Phosphoreszenz? Ein Wort, dessen Begriff ganz unbestimmt und somit unklar ist. Alles, was wie Phosphor
*) Die Gesetze der Odleitung durch andere Körper, so auch durch Glas sind im „sensitiven Menschen“ umständlich entwickelt
(---9---) einen schwachen Schein von sich gibt, heißt man vor Phosphor ist sie , und von welchen zahllosen Grundverschiedenheiten rühren nicht diese, oft sehr ähnlichen leuchten her! Alles schwache Licht, dass man nicht erklären kann, nennt man Phosphoreszenz, und dies will wörtlich nicht mehr sagen, als: eine dem Phosphor ähnliche Leuchte, d.h. es will ziemlich soviel wie gar nichts sagen. Nun, solche Leuchten kennt man in manchen chemischen Vorgängen, das aber kannte man bisher nicht, dass diese Lichterscheinungen bei allen chemischen Prozessen statt haben, dass keine einzige Aktion ohne eine mehr oder minder feine Lichtentwicklung der darin begriffenen Substanzen statt hat. Wenn ich dieselben seit Jahren in verschiedenen meiner Schriften darzutun versucht habe, durch die unmittelbare Autopsie von hunderten von sensitiven Personen, namentlichen Professoren der Physik, Chemie etc. wie die Herrn Dr. Pohl, Hessler, Gräulich, Endlicher, Natterer, Keller, Kotschy, Lucas u. a. m. zu Wien, des Herrn Geh. San.-Rat Dr. Eckart und Kreisphysikers Dr. Neumann zu Berlin zweifelsfrei belegt, so hat es mir doch bis jetzt an greifbaren, so genannten exakten Belegen und Beweismitteln fehlt, das tatsächliche Vorhandensein dieses Lichtes während chemischer Tätigkeiten unanfechtbar darzutun. Nun habe ich die jetzige Angelegenheit benutzen wollen, einen solchen Beweis zu erlangen. Kohlensaurer Kalk, in kleine Bröckchen zerschlagen, wurde in eine Phiole geschüttet und ein Glasstab darein gesteckt. Dieser war außerhalb des Flaschenhals zweimal gekröpft und in der Weise angeordnet wie hier gezeichnet:
Abb. 01-02: Glasgefäß mit kleinen Brocken aus kohlensaurem Kalk, ein gekröpfter Glasstab leitet das Odlicht nach außen.
Über die obere Spitze wurde eine mit Pappblende belegte fotografische Glasplatte auf einen Zoll Abstand gelegt, und nun verdünnte Salzsäure auf den Kalk in der Phiole im Finstern gegossen. Es wurde dies gegen 12 Minuten in Brausen erhalten. Hierauf herausgenommen und gefärbt, zeigten sich das Kreuz der Blende und andere Ausschnitte wohl ausgebildet braun. – Die chemische Aktion hatte also das hier obwaltenden Lichtprinzip entwickelt, längs des Glasstabes durch beide Kröpfungen unter die Glasplatte (---10---) in seine Funktion ausgeübt. Auch hier war nicht die direkte Wirkung desselben in Anspruch genommen kommenden, sondern durch doppelte rechtwinklige Kröpfung das lichtemanierende Etwas auf die fotografische Platte hingeleitet worden.
Versuch XIII. Die Reibung ist eine Tätigkeit, welche in gewissen Beziehungen nicht allzu ferne vom Chemismus liegt. Man richtete und befestigte einen 2 Zoll breiten sägerauen Span von Eichenholz, am Ende zugespitzt, horizontal gegen eine vertikal stehende fotografische Platte, auf einen Zoll Abstand der Spanspitze von der Plattenfläche. Einen zweiten gleichen Span legte man mit der ebenfalls sägerauen Breitfläche auf die des ersten, und rieb nun in der Dunkelkammer 15 Minuten fortdauernd den zweiten beweglichen Span auf dem ersten festgemacht. Auseinandergenommen und gefärbt lieferte die Arbeit auf der Glasplatte ein wohl ausgebildetes braunes Kreuz und dunkel gebräunte Ausschnittstellen.
Versuch XIV. Der Schall hat bei jeder Prüfung in der Dunkelkammer die Entwicklung von reichlichem Odlicht gezeigt. Einen Versuch, seine Existenz auf der fotografischen Platte zu kontrollieren, ordnete ich in der Weise an, dass ich eine Messingglocke, in der Mitte mit einem Loch versehen, auf einen vertikalen Glasstab steckte, und die Spitze unmittelbar unter die horizontal darauf liegende Glasplatte, auf etwa neun Linien Abstand leitete. In der Dunkelkammer schlug nun Herr Seefeld 15 Minuten lang ohne Unterbrechung mit einem Schlüssel auf die Glocke. Da in der Sekunde 5 - 6 Schläge gab, so fielen in 15 Minuten wohl 4 - 5000 Schläge auf die Glocke. Jetzt herausgenommen und gefärbt, kamen Kreuz und Ausschnittslöcher stark braun gefärbt zum Vorschein. Jedoch war dies Ergebnis diesmal ungleich, auf der einen Seite deutlicher und stärker tingiert als auf der anderen, nach welcher hin die Bilder sich allmählich verschlechtern. Bei näherer Untersuchung fand sich aber, dass während des langen Schlagen die Zusammenstellung sich verschoben hatte, so dass die Glasplatte allmählich auf die Seite und außerhalb der Wirkungsfläche der Glasstab Spitze geraten war, somit die Ursache der seitlichen Schwächung des Bildes genügend erklärte. (---11---)
Versuch XV. In meinen Schriften ist an vielen Orten dargetan, dass die Metalle auch, auch in ihrem amorphem zu Stande, fortdauernd feines Licht aus Rauchen, ganz übereinstimmend seinen Eigenschaften nach mit dem Odlichte aus allen anderen Quellen. Die Vorrichtung zum Schalllichte gab eine bequeme Gelegenheit an die Hand, die Richtigkeit dessen in Beziehung auf das Jodsilber zu prüfen. – Ganz dieselbe Veranstaltung wie letzt wurde benutzt, und nur das Anschlagen an die Glocke unterlassen. Die Glocke war Metall, wenn auch wenig, soweit die bequeme Gelegenheit doch des Versuchs wert. 15 Minuten ließ ich die Zusammenstellung in der Dunkelkammer stehen. Hierauf gefärbt erschien in der Tat ein Kreuzbild, doch ohne Vergleich schwächer und blasser, als es beim Anschlagen an die Glocke im letzten Versuche sich gebildet hatte. Es ergab sich hieraus, dass das Metall an und für sich allein schon hin gereicht hatte, ein schwaches Licht auf der fotografischen Platte zu erzeugen, jedoch ein ungleich matteres, als im Vereine mit ihrem Schalle.
Versuch XVI. Wie die Metalle schon im amorphem Zustände, gegossen, gehämmert, zu Draht gezogen usw. Odlicht ausströmen, so hat sich herausgestellt, dass am Ende alle amorphem festen Körper mehr oder minder dasselbe feine äußerst schwache Licht in andauernder Ausgabe imaginieren. Bei einigen zeigt es sich nicht allzu schwach, bei vielen anderen, namentlich bei Holz, Geweben von Wolle, Baumwolle, Leinen, erscheint es nur wie ein überaus zarter Schein, wie eine mattgraue kaum wahrnehmbare Wolke in der allgemeinen Finsternis der Dunkelkammer. Und dafür durch Prüfung auf der fotografischen Platte einen Beleg abzuliefern, habe ich nach der nächsten besten kleinzerriebenen Substanz gegriffen und einen Glasstab in ein Säckchen voll gewöhnlichen geriebenen trockenen Kochsalzes gesteckt. Die Spitze der herausragenden Verlängerung richtete ich senkrecht auf die Fläche einer fotografischen Platte und hielt dies zusammen 15 Minuten lang in der Dunkelkammer. Zurück und in die Vitriollauge gebracht, erschienen Kreuz und andere aus der Blende ausgeschnittene Figuren stark braun dargestellt.
Versuch XVII. Um die beiden letzteren Versuche zu vervollständigen,
(getrieben und dort, leuchtend herausströmend, auf das Jod Silber????) (---12---)
wurde eine Glaslinse von 5 Zoll Durchmesser und zwei Fuß Brennweite der Mauerwand gegenüber vertikal aufgestellt und in ihren Brennpunkt eine fotografische Platte mit Messingblende gestellt. Nach 15 Minuten Exposition zeigte sich bei der Färbung ein zwar nicht stark, aber doch hinreichend ausgesprochenes bräunliches Kreuz auf der Platte. Zum Überfluss hatte man vor die Linse abwechslungsweise eine dicke Pappendeckelplatte vorgestellt und hinweg genommen, um jeden fremden Einfluss, also auch den der Mauerwand, auf die Linse abzuhalten; der Erfolg war jedes Mal derselbe, im ersten Falle der des leuchtenden Einflusses der Glasmasse auf die fotografische Platte, vielleicht verstärkt durch die teilweise mit Wirkung der einige Fuß abstehenden Wand im ersten Versuche, im letzteren dagegen vom Glaskörper für sich ganz allein.
Stellen wir nun das bisher Gewonnene summarisch zusammen, so erhalten wir in Kürze folgendes:
Wird eine fotografische Platte – in ihrer Empfindlichkeit bis zu der Höhe gesteigert, auf welche Herr Günther sie jetzt gebracht hat – unmittelbar der Einwirkung des so genannten Odlichtes ungefähr 15 Minuten lang in der Weise ausgesetzt, wie dies in der Fotografie gewöhnlich mit dem Tageslichte geschieht, so entstehen auf ihr Bilder von derselben Beschaffenheit, wie wir sie bei gleicher Behandlung von den Einwirkungen des Tageslichtes entstehen sehen. Tatsächlich ist dies von mir in Berlin ausgeführt worden mittelst des, gewöhnlicher Sehkraft unsichtbaren, Odlichtes von
A. den Mauerwänden und der Decke eines gewöhnlichen WohnzimmersAußer diesen gibt es noch viele exotische Lichterscheinungen, welche durch ihre Übereinstimmung mit den aus obigen Quellen herrührenden berechtigen, sie mit ihnen für identisch anzusehen. Ihre Aufzählung ist hier zu weitwendig, sie sind aber in meinen Schriften zahlreich verzeichnet. Was nun aus allen diesen Lichtquellen emaniert, was von zahlreichen, von hunderten sensitive Menschen im Finstern gleichmäßig als schwache, leuchtende Erscheinung unleugbar gesehen wird, das alles wirkt ganz gleich auf die fotografische Platte; es erzeugt in derselben Weise Bilder auf ihr, wie dies das gemeine Tageslicht tut, und weiß sich damit nach meiner Ansicht einerseits durch so genannte physiologische, andererseits durch direkt physikalische Tatsachen als wirkliches Licht aus.
B. den Spitzen von Kristallen,
C. den Polen der Magnete,
D. dem organischen Leibe, insbesondere den Fingern,
E. der chemischen Aktion,
F. der Reibung,
G. dem Schalle,
H. den amorphem Metallmassen,
I. den festen Körpern, wie zerriebenes Kochsalz,
K. dem Brennpunkte einer Glaslinse. (---13---)
Berlin, im März 1862.
Ich habe versucht, den Quellen dieses Lichtes einige Schritte weit nachzugehen indem ich einerseits die räumlichen Abstände, in welchen es auf die fotografische Platte wirkt, andererseits die Zeit, innerhalb derer es seine Wirksamkeit ausübt, näher kennen zu lernen strebte.
Die Versuche, wenn Sie in den qualitativen Ergebnissen auch vollkommen übereinstimmten, glichen doch quantitativ merklich voneinander ab. Ein braunes Kreuz fiel bald etwas dunkler, bald etwas blasser aus. Es entstand die Vermutung, dass dies, im ersten Momente, Folge von größeren oder geringeren Abstande sein konnte, in welchen Odlichtquell und Platte einander gegenüber gestellt worden waren. Ich versuchte nun, über die Spitze von 4-5 zölligen Quarzkristallen, die vertikal standen, fotografische Glasplatten horizontal zu legen. Die Blende auf denselben bestand nicht mehr aus Pappe, sondern jetzt aus einer Messingstafel, in welche wieder Kreuze und andere Figuren eingeschnitten waren. Der gegebene Abstand zwischen beiden war beim (---14---)
1. Versuch: eine Linie (österreichisches Maß). Nach 15 Minuten der Weile in der Dunkelkammer herausgenommen und gefärbt, erschienen die Blendenausschnitte stark gebräunt auf der übrigens farblosen Platte, doch etwas ungleich.Aus diesen fünf Versuchen erhellt, dass von dem gegebenen Kristalle samt Armierung der vertikale Abstand von Odquell zu Glasplatten von sechs Linien der günstigste für die Ausprägung des fotografischen Bildes war.
2.. Versuch: sechs Linien Abstand. Lieferte ein schönes, satt braunes, scharf ausgeprägtes Bild vom Kreuze und allen anderen eingeschnittenen Figuren, dunkler braun, als im ersten Versuche.
3. Versuch: zwölf Linien Abstand. Die Bilder erschienen schön ausgebildet, scharf begrenzt, aber etwas matter von Färbung.
4. Versuch: 24 Linien oder zwei österreichische Zoll. Wiederum zeigten sich die Bilder gut ausgeprägt, jedoch abermals blasser gefärbt.
5. Versuch: 7 1/4 Zoll Abstand. Das Bild kam deutlich und braun zum Vorschein, jedoch wiederum matter, blasser und von geringerer Färbung.
Das zweite Moment war der Unterschiede der Zeit, während welcher beide Reagenzien, Licht und Platte, der Wechselwirkung ausgesetzt wurden. Man bediente sich zu den vergleichenden Versuchen derselben Kristallanordnung und dergleichen fotografischen Platten, wie soeben. Von der jetzt erlangten Erfahrung, dass in Beziehung auf Abstand beider Elemente sechs Linien die am besten ausgesprochenen Ergebnisse liefern, wurde bei den folgenden Versuchen unausgesetzt Gebrauch gemacht, und diese Distanz jedes Mal unverrückt eingehalten.
1. Versuch: 3 Minuten Exposition. Nach der Abnahme und Färbung kamen die Figuren nur mit ihren Grenzen braun gezeichnet zum Vorschein, ihre Fläche aber war unangegriffen und farblos.
2 Versuch: 5 Minuten Exposition. Es fand sich nach der Färbung ein Kreuz aus der Blende vor, dass er schwach und matt ausgefallen war. (---15---)
3. Versuch: 6 Minuten Ausstellung. Es ergaben sich Kreuz und Figuren deutlicher verzeichnet, die Grenzen derselben parallelen dunklen Linien versehen, doch war auch diesmal der übrige Flächenraum, den die braunen Linien einschlossen, nur blass bräunlich angeflogen. Augenscheinlich hatte hier der Metallrand der messingenen Blende einigermaßen mitgewirkt.
4. Versuch: 10 Minuten. Nach der Färbung erschienen jetzt Kreuz und Figuren braun, zwar nicht stark, doch entschieden gefärbt. Auffallend waren die braunen Linien, welche der Peripherie des Kreuzes ringsum folgten und nach ihnen stufenweise schwächer wurden.
5. Versuch: 15 Minuten lieferten ein sehr schönes, scharfes und sattes Bild des Kreuzes und sämtlicher übrigen Figuren, und wiederum folgten braune Linien parallel den Rändern, stärker als bisher.
6. Versuch: 20 Minuten. Es erschienen wieder blasser, gewissermaßen eingeschrumpfte Bilder. Es hatte, wie die anwesenden Fotografen behaupteten, entweder Überexposition, d.h. zu lange Aussetzung statt, bei welcher die Bilder, wie bekannt, aus noch unerforschten Gründen, wieder verdorben zu werden pflegen, oder es war die Platte vor der Exposition zu alt geworden, was ihrer Brauchbarkeit wesentlichen Eintrag tut.
Nach dem vollendet gelungenen vorangegangenen vierten Versuche muss man das erste bei weitem für das Wahrscheinlichere halten; denn was jenseits des vollendet Gelungenen liegt, ist immer das schlechtere, dass Unvollkommene.
Aus diesen sechs Versuchen erhellt, das unter den gegebenen Umständen und bei sechs Linienabstand eine Exposition von 15 Minuten das vorteilhaftes Zeitmaß für die Ausprägung des odfotografischen Bildes ist.
Später unterstützte mich Herr G. Rose mit einem beiläufig zwei Zentner schweren, wohl auskristallisierten Quarze aus dem Universitätsmuseum. Ich prüfte seine polaren Odlichtausströmungen auf ihre Wirkungskraft auf die fotografische Platte in (---16---) gegebenen Zeiten. Auf einen Abstand von zwei Wiener Zollen ergab sich in
5 Minuten – ein schwaches nur angedeutetes Kreuz;
10 Minuten – ein schönes, gutes, vollständiges, dunkles Kreuz, dass etwas fein und weich aussah;Es erhält sich hieraus, dass bei einem großen, zwei Zentner schweren Bergkristalle unter 2 Zoll Abstand eine Exposition von 10 Minuten ein gutes, noch etwas weniges unvollendetes, von 15 Minuten ein schon überreifes Bild geben, und das zwölf ein halb oder 12 Minuten für die gegebenen Umstände die richtige Zeit sei, um die angemessene Menge Licht zur Hervorrufung eines guten wohlausgeprägten Bildes zu liefern.
15 Minuten – ein feines, deutliches, scharfes, dabei etwas schleierhaft überflossen Bild mit angehenden Spuren von Überaussetzung;
20 Minuten – ein schwarzwolkiges, unregelmäßiges, nach innen ziemlich überexponiertes Blatt, mit deutlicher Strömung des Lichteinflusses nach außen hin.
Später machte ich mit demselben zwei Zentner schweren Bergkristalle einen Versuch auf 15 Linienabstand zur Glasplatte. Hierbei wurde die Aussatzzeit zu 15 Minuten genommen. Es trat beim Färben mittelst Eisenvitriollösung ein Lichtbild von großer Dunkelheit hervor, aus braunem Kreuze und den übrigen Figuren bestehend. Sie zeigten noch braun unterlaufene Stellen zwischen der Blende.
Dieser große Kristall entwickelte also weit mehr Licht und auf zwei- und ein halbmal so großen Abstand mit ungleich größere Wirkung, als die früheren kleineren Kristalle alle zusammen getan hatten. Kraft und Wirkung an Odlicht und Bilderzeugung wachsen also mit der Größe der Kristalle; von nähern Maßbestimmungen konnte vorerst noch nicht die Rede sein.
Muster von diesen Glasplatten und den darauf befindlichen fotografischen Bildern liegen bei mir und ich bin gern bereit, sie jedem Kenner dieser Dinge vorzuzeigen. Ich wohne im englischen Hofe (Hotel d`Angleterre) nächst der Bauakademie in Berlin und später auf meinem Gute Reißenberg bei Wien.
Es war möglich und denkbar, dass die verschiedenen Pole (---17---) an den geprüften Lichtquellen verschiedenes Odicht ausgeben konnten; der positive Pol konnte in anderer Farbe, Stärke, Ausbreitung leuchten, als der negative. Dies zu prüfen an Kristallen und an Magneten, legte man einen eineinhalb Fuß langen, 2-3 Zoll dicken, wohl auskristallisierten Bergkristall in der Dunkelkammer horizontal über zwei Holzkistchen in den Meridian, den negativen Pol gegen Nord gerichtet. Demgegenüber auf sechs Linien Abstand stellte man vertikal die fotografische Platte. Entsprechend verfuhr man am umgekehrten Pole. In beiden Fällen ließ man diese Reagenzien 15 Minuten im Finstern aufeinander wirken. Nach der Auseinandername und Färbung fand sich kein oder doch sehr wenig Unterschied unter den erzeugten beiden Bildern. Höchstens hätte man sagen können, dass vom odpositiven Pole erzeugte sei um ein geringes schwächer ausgeprägt gewesen, dies jedoch so unbedeutend, dass es durch jede unmerklich geringe Abweichung in der Zusammenstellung verschuldet sein konnte. In der Konfiguration der Zeichnungen war keine charakteristische Verschiedenheit wahrzunehmen. – Zur Betrachtung des Magnets unter gleichen Bedingungen benutzte man ein Hufeisen von 4 Zoll langen Schenkeln, stellte es mit den Polen aufwärts, und legte horizontal darüber, auf Abstand von einer Linie, eine fotografische Glasplatte. Nach 15 Minuten Aussatzweile fanden sich gute Bilder, die ineinander verflossen waren und von denen keines sich vom anderen weder der Farbe, noch der Stärke, noch der Größe nach unterschied – ich konnte also, soweit diese wenigen Versuche reichen, in der Bilderzeugung keine auffallend verschiedene Wirkung zwischen odpositiven und odnegativen Pole finden.
Abb. 01-03: An den Rändern des Bildes vom Schattengeber gibt es mehrfache Linien.
Es hat sich oftmals bei Erzeugung dieser Odlichtbilder zugetragen, dass sie gegen die Ränder hin eine Art von Einfassung annahmen. Wie Onyx oder Jaspis, so trugen die Kreuze und alle anderen Figuren dunkelbraune Umfassungslinien, welche parallel den Grenzen der Ausschnitte fortliefen, sie rings umfingen, nach außen stärker, nach innen hin immer schwächer und dünner wurden. Zwischen diesen Linien blieb das Glas farblos, ja in der Mitte blieb es (---18---) bisweilen ganz rein. Es gewann das Ansehen, als ob das Silber während der Exposition sich nach den Rändern hin ruckweise zusammengezogen hätte. Diese Erscheinung, wovon hier eine skizzierte Zeichnung, hatte Ähnlichkeit mit den sogenannten überexponierten Bildern in der Fotografie, welche bei zu langem Aussatze wieder verschwinden und auf dem Glase einen leeren Platz hervorbringen. In der Tat erhielten wir bisweilen Bilder, bei welchen die Platte braun und das Kreuz fast farblos geworden war, gerade wie dies bei den überexponierten Bildern in der Fotografie der Fall ist; man kennt in dieser Kunst die Ursache dieser Erscheinung nicht; in demselben Falle sind wir auch mit den überexponierten Bildern von Odlicht, und auf der einen Seite so wenig als auf der anderen ist man dieser Sonderbarkeit auf den Grund gekommen. Hier bei den Odlichtbildern habe ich zu bemerken Gelegenheit gehabt, dass die parallelen Farbezusammenziehungen weniger oder schwächer bei den Pappeblenden vorkommen, als bei Messingblenden und bei Blenden von Hyalithglas, womit ein paarmal ein misslungener Versuch gemacht worden. Es entsteht daraus die Wahrscheinlichkeit, dass die Blende in ihrem Material und dessen spezifischer Leistungsfähigkeit für Od nicht ohne Einfluss ist auf die Art der Bilderzeugung durch Odlicht, was den alle anderweitig ausgemittelten Gesetzen des Odes ganz entspricht.
In eine Art von Maximum sind die Wirkung des Odlichtes auf die fotografische Platte in einem Versuche eingetreten, in welchen auf einen mit der Spitze nach oben gerichteten Quarzkristall eine Glasplatte mit Pappendeckelblende horizontal überlegt wurde, und dies auf einen Abstand von nur kaum einer Linie. Ich ließ diese Zusammenstellung 15 Minuten in der Dunkelkammer verweilen. Bei der Untersuchung fand sich auf der Platte nicht bloß ein scharf ausgebildetes braunes Kreuz, sondern es erschien dasselbe stellenweise gestört, in der Weise, dass die braune Färbung auf einzelnen Flecken verschwunden und an deren Platze metallische, nicht allzu feine, lockere, dendridische Bildungen aufgetreten waren, nicht unähnlich den Formen gewisser Fadenalgen. Die Umstände ließen eine nähere Prüfung im Augenblicke nicht zu, aber oberflächlichem Ansehen nach musste man sie für eine Art von Silberdendriden ansehen. Sie erstreckten sich in (---19---) geradlinigen dichotomen Verästelungen auf mehr als einen halben Zoll Länge und die Fäden mochten die Dicke von starken Baumwollfasern haben. Man kann sich des Gedankens kaum erwehren, dass die kristallerzeugende Kraft in der Spitze eines großen Kristallkörpers konzentriert auf die Umsetzungen, welche das Licht hier erzeugte, mitwirkend eingeflossen und die Entstehung von den dendridischen Bildungen mit beeinflusst haben mochte. Das Bild war überexponiert, das Kreuz in der Mitte von der Kristallspitze nur kaum eine Linie entfernt; deren so äußerst konzentrierte Kraft brachte erst Überexposition und unmittelbar darauf Zersetzungen hervor, welche mit Silberdendriden endigte. Die Fotografie schließt bis jetzt der Rätsel so viele noch in sich; das hier vorgelegte wird bei weitem nicht das letzte sein.
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Bis hierher ungefähr war ich mit dieser Untersuchung, derentwegen ich meinen Aufenthalt in Berlin um einige Monate verlängert hatte, gelangt, als sich dem Wunsche nicht länger zu widerstehen vermochte, einigen von so vielen in den Naturwissenschaften ausgezeichneten Männern, welche den Glanz dieser schönen Stadt ausmachen, Mitteilungen von meinen Arbeiten zu machen. Ich sah es für erwiesen an, dass das Odlicht fotografische Bilder erzeugt, und dann nur das Licht allein es ist, welches solche zu erzeugen vermag, so musste, was ohnehin schon von so vielen hunderten von Menschen gesehen worden ist, es musste in aller Wirklichkeit auch das odische Licht – Licht sein.
Ich bat einige Professoren von der Physik und verwandten Wissenschaften, zur Beschauung dieser Gegenstände sich eines gelegenen Abends in meiner Dunkelkammer zusammen zu finden. Mit vieler Gewogenheit erfüllten sie meinen Wunsch, und es fanden sich die Herrn Rektor Magnus, Professor Dove, Professor Poggendorff, Professor Schelllack und Professor G. Rose in der Dunkelkammer zusammen. Meine Absicht war, ihnen die Experimente der Reihe nach vorzuführen, wie ich sie oben aufgezählt und damit geschildert hatte, wie Kristalle, Magnete, menschliche Finger, chemische Aktion, Reibung, Schall, Metallmassen, ja unter angemessener Zusammenstellung alle festen Körper, selbst Mauerwände einem reizbaren Menschen sichtbares feines Licht ausgeben, welches (---20---) wie das Tageslicht, nur langsamer auf die fotografische Platte wirke und darauf die Funktionen gewöhnlichen Lichtes erfülle.
Wir gelangten jedoch an jenem Abende nicht über den ersten Odlichtquell, die Kristalle, hinaus. Der Natur des Gegenstandes zufolge erforderten die Versuche einige Zeit zur Exposition und können sich deshalb nicht rasch folgen. Die Einwirkung der Kristallspitzen auf die Platte schien auch bei den Versuchen keinen Zweifel zu begegnen, als Herr Professor Poggendorf die Sache von einer hiervon wesentlich verschiedenen Seite angriff. Er legte die fotografische Platte umgekehrt auf die Kristallspitze, so, dass sie der letztern nicht die mit Jodsilber überzogene Seite, sondern das leere Glas zukehrte. Wenn das Odlicht Licht ist, sagte er, so muss es durch das Glas dringend, und muss die Belegung auch umgekehrt, d. i. durch das Glas hindurch affizieren und sofort das Bild hervorrufen. Man führte den angegebenen Versuch sogleich aus, und in der Tat – es erschien kein Bild, das odische Prinzip, das unbestritten auf die fotografische Platte direkt stark gewirkt hatte, wirkte durch eine Glasplatte hindurch nicht.
Ich versäumte keine Zeit, diese befremdliche Erscheinung genauer zu prüfen. Zunächst ließ ich zwei gewöhnliche Fotografien machen, die eine mit direktem Tageslicht, die andere unter einer Glastafel. Wirklich erschien das Bild mittelst des Tageslichtes sogleich hinter Glas. Doch wurde ebenso bald erkannt, dass das Bild mit direktem Lichte lebhafter und schärfer, als das Hinterglas erzeugte, und dass folglich durch das Glas merkbar viel Licht verloren gegangen war. – Um alle Vorsicht zu beobachten, ließ ich den Versuch noch dreimal wiederholen. Der erste war mit 15 Sekunden Lichteinwirkung gemacht worden; der zweite wurde mit fünf, der dritte mit vier, der vierte mit 1 Sekunde Taglichteinwirkung vollzogen. In allen diesen Versuchen ergab sich konstant, dass immer das direkte Bild stärker, dass mit Glas bedeckte blasser und matter ausfiel, folglich unter allen Zeitabänderungen ein erheblicher Anteil Licht für die Ausbildung des Lichtbildes verloren gegangen war.
Dem ließ ich Versuche folgen, das Odlicht durch äußerst dünne Glasplättchen zu führen. Dies war aber umsonst, das Odlicht wirkte auch hinter dem zartesten Glasscheibchen nicht mehr zersetztend auf Jodsilber. – Ich wandte ein feines Cellodhäutchen an; es
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Es diente meinen Wünschen nicht. – Endlich nahm ich zu einem äußerst dünnen Glimmerflitter meine Zuflucht; auch dies ließ mich im Stiche, niemals erschienen bei diesem äußerst dünnen Blättchen ein Odlichtbild.
Noch blieb ein Versuch übrig, bei welchem bloßes Wasser oder eine ähnliche Flüssigkeit dienen konnte. Eine fotografische Platte wurde in eine verdünnte Lösung von salpetersaurem Silber gelegt; die Flüssigkeit bedeckte kaum die Platte, und über sie ganz nah wurde ein Kristall so aufgehängt, dass seine Spitze die Flüssigkeit beinahe berührte. 15 Minuten verflossen, ohne dass in der Dunkelkammer damit auch nur eine Spur von Lichtbild erzeugt worden wäre.
Alle diese Versuche stimmten demnach überein und in keinen der geprüften Fälle erzeugte das, was den Kristallspitzen entströmend direkt fotografische Bilder erzeugt hatte, die selber auch indirekt durch Glas hindurch, ja die Beobachtung des Herrn Poggendorff war durch meine Versuche noch erweitert worden, indem nicht bloß keine Bilder durch Glas hindurch, sondern keine durch alle die angewandten verschiedenartigen durchsichtigen Mittel erzeugt worden.
Herr Poggendorff zieht nun den Schluss heraus, dass, da es zu den Grundbeschaffenheit des Lichtes gehöre, durch durchsichtige Mittel hindurchzugehen, das so genannte Odlicht diese aber nicht erfülle, dasselbe überhaupt gar kein Licht sei. Dabei bestreitet er nicht die fotografische Wirkung, welche von den so genannten Odlichtträgern ausgeübt werde, also nicht die der Kristalle, bei deren Erzeugung er Zeuge gewesen. Er vergleicht das Odlicht schließlich mit dem unsichtbaren, angeblich latenten Lichte des Herrn Moser.
Diesen Ansichten des Herrn Poggendorff glaube ich nun verschiedene Betrachtungen entgegenstellen zu dürfen.
Wir stehen damit vor folgenden Tatsachen:Verknüpfen wir nun diese Tatsachen in guter Logik, so werden wir sogleich gewahr, dass der Schluss, „wenn das Odlicht nicht durch eine einzelne Glasplatte hindurch fotografiere, so sei es überhaupt gar kein Licht“, nicht richtig sein kann, nicht aus einem, sondern aus mehrfachen Gründen. Vor allem unterscheiden wir zwischen der leuchtenden und der chemischen Wirkung in den Lichtstrahlen. Niemand behauptet, dass die beide dasselbe oder wenn zweierlei, dass sie unzertrennlich seien. Nun sehen wir bei gegenwärtiger Untersuchung durch die Dazwischenkunst des Glases wohl die fotografische Fähigkeit der Odausströmungen (die chemische) aufgehalten, nicht aber die Lichterscheinungen, welche hinter dem Glase ins Unbestimmte fortschreiten. Weitere Beweise hiervon liefern die Glaslinsen, in der welchen zwar bis jetzt keine fotografischen Bilder sich erzeugen ließen, die jedoch im Fokus immer einen sichtbaren, also leuchtenden Brennfleck ergaben; es liefern ihn ferner die Personen, welche mit Augengläsern in die Dunkelkammer kamen und durch sie hindurch alle Ort leuchtende warten; es liefern ihn endlich Glasscheiben, durch welche hindurch die Gegenstände der Dunkelkammer ohne allen Anstand gesehen, ja sogar Schatten von denselben erzeugt und von den Sensitiven sichtbar erkannt werden. Zum Überfluss habe ich noch bei der letzten Versammlung der Sensitiven in der Dunkelkammer zu Berlin eine eingerahmte große Glastafel die Runde machen lassen. Alle Versammelten sahen der Reihe nach und ohne Ausnahme unter, also hinter dem Glase ihre leuchtenden Hände, Kristallspitzen etc. in voller Deutlichkeit. Wenn also Odlicht auch nicht durch Glas hindurch fotografiert, so folgt daraus jedoch noch keineswegs und der Schluss ist nicht genau, dass es darum auch nicht hindurchleuchte, dass es überhaupt gar kein Licht sei, und dass es als solches mit dem Augenapparate nicht wahrgenommen werden könne.
1) einem Agens, das den Kristall Polen, Magnet Polen, Fingern, chemischen Tätigkeiten u. a. m. entströmte, und das bei den Ersteren auch Herrn Poggendorff anerkannte;
2) demselben Agens, von welchem einige hundert Menschen in Wien und Berlin das Zeugnis ablegen, dass sie es als Licht (---22---) jenen Substanzen entströmen sehen; darunter viele Professoren der Naturwissenschaften zu Wien, wie die Herren Pohl, Gräulich, Heßler, Endlicher, Lukas, Kotschy, Natterer, Köllner und in Berlin Geh. Sanitäts-Rat Eckard, Kreisphysikus Dr. Neumann etc.;
3) einer solchen Schwäche dieses Lichtes, dass nicht jedermann, sondern nur sehr heizbare Augen, und niemals bei Tage, sondern nur in absoluter Finsternis es gewahren können;
4) der Fähigkeit dieses Agens, fotografische Bilder vor Glas zu erzeugen;
5) und seiner Unfähigkeit, dasselbe unter Glas zu bewirken;
6) einem ansehnlichen Verlust an Wirkungskraft, welchen das Tageslicht erleidet, wenn man fotografische Bilder unter Vermittelung von Glas und durch dasselbe hindurch erzeugt;
7) dem Unterschiede, der in den Eigenschaften des Lichtes besteht, den seiner Leuchte und dem seiner chemischen Fähigkeiten;
8) der Reflektion des Lichtes von den beiden Flächen eines Glases, durch welches es hindurchgeht;
9) der Absorption des Lichtes durch den Glaskörper selbst, den es passiert.
Diesen habe ich noch hinzuzusetzen
10) einen Versuch, den ich mit dem gewöhnlichen fotografischen Apparate in der Werkstätte des Herrn Günther anstellen ließ. Zwei Bilder wurden nebeneinander vorbereitet, eines wie gewöhnlich, das andere mit zwischengestellten Glasplatten. Das Glas war sogenanntes dreiviertel-weißes Nürnberger Spiegelglas. Als davon 31 Platten mit einer Gesamtglasdicke von 6 1/2 Zoll vorgelegt waren, entstand kein Bild mehr, während das gewöhnliche freie in voller Ausbildung dastand. 31 Glasplatten waren also vollkommen hinreichend, die fotografische Fähigkeit des diffusen Tageslichtes, während die Sonne am Himmel glänzte, vollständig zu absorbieren. Aber – die leuchtende Fähigkeit des Lichtes war dabei durchaus noch nicht erschöpft, man konnte mit bloßen Augen durch die 31 Platten hindurchschauen (---23---) und erleuchtete Gegenstände hinter ihnen sehen. Die bilderzeugende Kraft des Lichtes reichte also lange nicht so weit, als seine leuchtende. Dem Tageslicht bekommt durchaus nicht die Fähigkeit zu, fort und fort, soweit es leuchtet, bilderzeugend zu wirken, sondern es ist ihm eine Grenze gesteckt, über welche hinaus ihm keine chemische Aktion mehr möglich ist, während seine leuchtende frei ins Unendliche fortgeht.
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Wenn das diffuse Sonnenlicht in seiner großen Stärke mit seiner fotografischen Fähigkeit nur 31 Glasscheiben zu durchbrechen vermag und durch dieses hinaus nur noch gemein leuchtende Strahlen zu treiben im Stande ist, so kann es doch in der Tat nicht befremden, wenn das Odlicht in seiner großen Schwäche mit seiner fotografischen Fähigkeit auch nicht eine Glasplatte zu überwinden vermag. Reflexion und Absorption, wenn sie einem so reichen Lichte, wie dem der Sonne, beim Durchgang einigen Anteil abnehmen, lassen ihm immerhin so viel übrig, um durch 31 Glasplatten zu dringen; aber gleiche Beraubung gegen das so äußerst schwache Odlicht gerichtet, verschlingt dieses ganz und gar, und es bleibt ihm hinter Einer Glasplatte nicht mehr so viel Kraft, um chemische Wirksamkeit auszuüben, d. h. ein fotografisches Bild zu Stande zu bringen. Wie sich das höchst starke diffuse Sonnenlicht verhält zur 32. Glasplatte, so verhält sich das höchst schwache Odlicht zur ersten Glasplatte. Beiderseits kann kein fotografisches Licht mehr erzeugt werden, beiderseits geht Licht, abgeschwächt von seinem fotografischen Vermögen, für sich allein hindurch.
Wenn also von dem, was ich Odlicht nenne, weil alle Sensitiven es als Licht sehen, vor dem Glase ein Lichtbild erzeugt wird, hinter demselben keines mehr, so liegt hierin auf keine Weise der Beweis, dass Odlicht kein Licht sei, sondern nur der, dass es zu schwach sei, um nach seinen bekannten Verlusten an leuchtenden und an chemischen Strahlen beim Durchgang durch Glas annoch einer nicht leuchtenden, sondern chemischen Funktion gewachsen zu sein. Licht bleibt es darum nach wie vor immer, weil es hinter Glas tatsächlich noch leuchtet, wie schwach dies auch sei.
Von dem Agens, welches diese Erscheinungen hervorbringt, kann man schließlich nur sagen: Es ist ein Licht, welches mit dem gemeinen Lichte übereinstimmt, indem es von menschlichen Augen gesehen wird und fotografische Bilder erzeugt. Es unterscheidet sich von ihm nur dadurch, dass es so äußerst schwach ist, dass nicht alle Augen es sehen, und das ist dieser Schwäche halber Lichtbilder hinter Glas zu erzeugen nicht mehr zureichende Fähigkeiten besitzt.
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Die Vergleichung des Odlichtes mit dem so genannten Moser' schen Lichte fordert eine Vergleichung der Beschaffenheit beider.
Zunächst nennt Moser sein Licht einerseits „unsichtbares Licht“, dann in weiterer Auseinandersetzung „latentes Licht.“ Das Odlicht aber ist kein unsichtbares, sondern ein sichtbares Licht; nicht alle, aber doch Tausende von Menschen sehen es mit großer Klarheit und Bestimmtheit. Ebenso ist das Odlicht kann latentes, sondern ein patentes Licht; es kommt in keiner Gebundenheit vor, wie Wärme, aus der es in Freiheit zu setzen wäre, sondern es entströmt überall frei seinen Quellen, besonders allen polaren Konzentrationen, und wird auch nicht gebunden, sondern durchgeleitet durch andere Körper und frei verladen von einem Behälter in den anderen. Weidele in Wien hat vor langen Jahren gründlich auseinandergesetzt, dass das so genannte Moser'sche Licht überhaupt kein Licht, sondern eine reine Luftkondensation- und Adhäsionserscheinung an Metallflächen ist. Moser hat darüber geschwiegen und Weidele niemals widerlegt, und wenn die Regel noch gilt: qui tacet consensit, so hat das Moser'sche Licht keinen wissenschaftlichen Halt, kann also nach meiner Ansicht nicht wohl mit dem odischen Lichte parallelisiert, noch weniger mit ihm identifiziert werden.
Berlin, im April 1862
Der Zusammentretung vom 1. Mai auf meine Bitte beizuwohnen hatten die Güte gehabt die Herren: Geheimrat Mitscherlich, Geheimrat Ehrenberg, Professor Dove, Professor Rieß, Professor Karsten, Professor Gustav Rose. Sie waren in der Absicht eingeladen worden, eine Auseinandersetzung über ein unbekanntes Ding (dass ich mit dem Ausdrucke „Od“ einstweilen zu bezeichnen wagte) von mir zu vernehmen und Versuche zu dessen Erläuterung anzusehen. Nach dessen Beendigung gedachte ich mir die Billigung oder die Missbilligung entgegengesetzte Ansichten zu erbitten.
Dieser Gang ist jedoch bei der Zusammenkunft nicht eingehalten worden. Herr Professor Dove schenkte mir eine halbe Stunde vor der Zusammenkunft die Ehre seines Besuches; aber er verwarf dabei von vornherein meine Anordnungen. Er erklärte mir mit betonter Entschiedenheit mehrmals, dass er keine von mir zur Prüfung vorgelegten Werkzeuge und Vorkehrungen zulassen, sondern die Untersuchung in seine eigene Hand nehmen und nur mit seinen Instrumenten dabei zu Werke gehen werde. Dies war eine Maßregel der Vorsicht, die von ihrem Gesichtspunkt aus nur gebilligt werden kann. Allein hierbei hatte sichtlich eine Verwechslung statt, Herr Dove hatte den Zweck der Zusammentretung von Physikern, Sensitiven und mir anders genommen, als er ursprünglich verstanden und bezeichnet war. Nicht Behufs einer gegliederten Untersuchung hatte man sich versammelt; dies hatte ich nirgends geäußert; sondern in der Absicht, einen Vortrag zu vernehmen und belegende (---27---) Versuche zuschauen. Wäre eine Untersuchung beabsichtigt gewesen zu hätten meine Zurüstungen anders, sie hätten ungleich vollständiger und methodischer angeordnet sein müssen. Ebenso hätten auf der anderen Seite die Teilnehmer in der Materie mehr unterrichtet sein müssen, als sie es bei diesem auftreten vorerst sein konnten. Durch die feste Erklärung des Herrn Dove aber, auf diesem Weg in keiner Weise einzugehen, wurde der Bewegungsplan in dem Augenblicke umgeworfen, in welchem seine Ausführung beginnen sollte. Es erübrigte mir nur die schwierige Wahl, im Momente des Zusammentrittes Missverständnis in die Gesellschaft zu bringen, oder aber nachzugeben und die Leitung des Geschäfts Herrn Dove abzutreten. Einen so mächtigen Manne gegenüber konnte ich nur mich fügen; das Schicksal des Abends war aber durch dieses Vorspiel großenteils schon besiegelt.
Herr Dove begann seine Untersuchung zunächst mit dem Magnete. Der Magnet steht in der Reihe der hier her bezüglichen Körper bei weitem nicht zuoberst. Hier sind Magnetismus und das fragliche Prinzip dieses Abends zwei ganz verschiedene Dinge in einem Gemenge, und nicht mit Gemengten, sondern mit dem Einfachen mußten wir anfangen, wenn wir zur Klarheit in einem so feinen Gegenstände gelangen wollten. Der Erfolg war auch, dass sogleich, gleich im Beginne, schwankende Ergebnisse auftraten, die zu bestimmten Schlüssen keine Berechtigung gewährten. Herr Dove schenkte der Sache soviel Teilnahme, dass er sich die Mühe gab, jetzt hinwegzugehen, um seine eigenen Magnete, vor allem einen Elektromagnet von Hause herbeizuholen.
Während seiner Abwesenheit verwandte ich die Zeit, einige einfache aus der Reihe gerissene Versuche auszuführen; es waren die folgenden:
I. Auf einem Tische wurde eine Leinwand ausgebreitet und darunter an verschiedenen Stellen zwei Stückchen Eisen, ein Türschlüssel und ein Anker gelegt. Ein junges Frauenzimmer von sensitiver Anlage hatte, während dessen im Gespräche mit einem Herrn, dem Tische den Rücken zugekehrt, und konnte nicht sehen, was auf ihm vorging. Diese rief ich auf, die Metallstücke in der Weise zu suchen und ihre Lage anzugeben, dass sie dabei die Leinwand, unter der sie verborgen lagen, nicht berührte. Sie führte (---28---) Nun ihre flache rechte Hand schwebend und suchend über die Leinwand hin und her, ohne sie zu berühren. Es verflossen kaum einige Minuten, als sie die Lagerstätte des einen, und sofort die des anderen Metallstücks angab. Als jetzt die Leinwand abgenommen wurde, ergaben Sie sich an den angegebenen Stellen liegen, und also von der suchenden, ohne schauen und ohne Berührung, richtig und bestimmt erkannt.
Dieses einzige, geringfügig scheinende Experiment involviert, wenn ich nicht irre, bemerkenswerte Tatsachen; nämlich
a) das Metall, ohne berührt zu werden, konnte nicht durchs Gefühl wahrgenommen werden, wenn nicht irgend ein unbekanntes Etwas von ihm ausging, dass auf die fühlende Hand einwirkte. Die Physik kennt kein Agens, dass sich auf diese Weise kund gäbe, das auf solche Weise von den Metallen emaniert, und das in gleicher Art auf die Sinne wirkte. Es muss also ein neues, bis jetzt unbeachtetes Prinzip vorhanden sein, dass hier sich ankündigte. Dieses nun ist es, was ich mit dem Worte „Od“ bezeichnen wollte, und das unter unzähligen anderen Verhältnissen in der Natur auftritt;
b) den sinnlichen Eindruck, welcher durch dasselbe hervorgebracht wird, vermögen nicht alle, sondern nur da und dort einzelne Menschen zu empfinden. Diese empfinden ihn alle auf gleiche Weise und in distans. Es muss also eine, bis jetzt in die Wissenschaft nicht aufgenommene, sinnliche Reizbarkeit im lebenden Organismus vorhanden sein, deren Affekte hier ins Bewusstsein treten, ich bezeichnete sie mit dem Worte: „Sensitivität“.
Wir haben also hier ein Objektives, dass im Metalle auftritt, und ein Subjektives, dass im empfindenden Sinne sich kundgibt. – In diesen Bezeichnungen kann man gegenwärtigen Versuch vielleicht als einen fundamentalen betrachten.
II. In einem abgesonderten Zimmer wurden einem Herren in jeder Hand ein frisch vom Markte hergeholte Knäuel Baumwollengarn gegeben, mit dem Auftrage, sie etwa 8-10 Minuten ruhig darin zu behalten. Hierauf nahm ich ihn dieselben ab, brachte (---29---) sie in das Versammlungszimmer, und legte den aus seiner rechten Hand genommenen in die linke Hand einer sensitiven Person. Sie erklärte unverweilt, dass sie ihn kalt finde. Hierauf gab ich den anderen, aus der linken Hand gekommenen Knäuel in die sensitive linke. Sie erklärte, dass sie ihn warm finde.
Aus diesem unscheinbaren Versuche haben wir folgende Tatsachen herauszuheben:
In dem die Knäuel auf die sensitive Hand in ähnlicher Weise wirkten, wie die Metallstücke es getan hatten, d. h. das sie eine bis hierher unbeachtete Sensation von ähnlicher Art auf die Handfläche erzeugten, wie das Metall getan hatte, kann das Agens derselben nur von der Hand, die den Knäuel 10 Minuten in sich gehalten hatte, herkommen. Es muss alsoIII. Zwei Trinkgläser wurden halb mit Wasser gefüllt und so in die beiden Hände irgend eines Menschen gegeben. Nachdem er sie etwa 10 Minuten darin gehalten, nahm ich sie ihm ab und gab das Glas aus seiner Rechten einer sensitiven Person mit dem Ersuchen, es zu kosten. Sie erklärte, ist es angenehm kühl schmecke. Dann gab ich ihr das andere Glas aus seiner linken zum Kosten, sie trank und erklärte es laulich und fast ekelhaft schmeckend. (---30---)
A) dieser Hand selbst, wie früher das Metall, gut emaniert haben;
B) dieses muss in den Knäuel verladen,
C) und von diesem wieder in die sensitive Hand übertragen und hier gefühlt worden sein;
D) und da dieses aus jeder der beiden Hände verschieden empfunden wurde, aus der rechten kühl, aus der Linken warm, so muss den ausgebenden Händen, und sofort dem oder selbst eine solche Duplizität innewohnen;
E) es muss endlich das Od ein bewegliches, verladbares, durchleitbares Prinzip sein;
F) ein Mensch ist also gleichzeitig nicht bloß ein sensitives Subjekt, sondern er tritt auch als odisches Objekt auf, in dem Od von ihm emaniert, und zwar Letzteres von allen Menschen, und ohne Zusammenhang mit der Sensitivität.
Dieses Experiment dient einerseits dem vorangegangenen zur Bestätigung, in dem es, wie dieses, zeigt, dass aus Menschenhänden odische Verladungen auf Glas und mittelst Durchleitung auf Wasser erfolgte; andererseits:
daß Wirkung des Odes nicht bloß aufs Gefühl, sondern auch auf den Geschmackssinn statthat, und damit Gelegenheit zur Kontrolle darbietet.
IV. Es wurde eine spanische Wand im Zimmer aufgestellt, um Sensitive und Beobachter voneinander trennen zu können. In den Zeug derselben schnitt ich ein kleines Loch, und füllte es aus durch eine etwa fingerdicke Papierrolle, die ich hineinsteckte, und zwar so, dass die eine Hälfte derselben etwa spannenlang hinter dem Zeuge hervorragte, die andere ebenso lang vor derselben. Hinter die Zeugwand stellte ich nacheinander verschiedene sensitive Personen so, dass sie nicht sehen konnten, was vor derselben vorging. Ich lud sie nun ein, die Papierrollen in die linke Hand zu fassen. So vor gerichtet berührte ich nun mit meinen rechten Fingern das vordere Ende der Papierrolle so sanft wie möglich und mit Einhaltung mäßiger Pausen. Alle Sensitiven erklärten, dass sie bei der jedesmaligen Berührung der Rolle von meinen rechten Fingern eine Zustimmung von Kühle, von meiner Linken von Wärme empfunden hatten. Nur eine etwas ältere Dame strauchelte und machte, gleich zu Anfang, schwankende und unzutreffende Angaben. Dieser Frau wurde etwas Ruhe gelassen, um sich von ihrer ängstlichen Befangenheit vor einer Professorenversammlung zu erholen, dann aber wurden dieselben Versuche mit ihr wiederholt. Jetzt waren auch Ihre Angaben ununterbrochen in voller Ordnung, sie fühlte die Berührungen von meiner Rechten kühl, von meiner Linken warm. – Zu dessen Bestätigung ersuchte ich einen der beobachtenden Herren Professoren, diese Versuche mit eigener Hand anzustellen. Herr Geheimrat Mitscherlich fasste die Rolle dreimal nacheinander unter kurzen Pausen mit den rechten Fingern und erhielt jedes Mal zur Antwort: kalt. Dann griff er mit seiner Linken und erhielt die Anzeige: warm. Noch zweimal legte er seine rechten Finger in die Rolle und empfing beide mal die zutreffende Erklärung: kalt.
Dieser einfache Versuch bestätigt uns, ich glaube in entscheidender (---31---) Weise, dass aus unseren Fingern Od emaniert; dass es auf Papier verladbar, dass es an denselben fortleitbar; dass es von diesem aufs neue auf eine zweite Hand übertragbar, dann, dass es in unseren beiden Händen polar aufgestellt ist.
V. Der letztere Versuch wurde noch in der Weise angestellt, dass die in der spanischen Wand steckende Papierrolle von meinen Fingerspitzen nicht berührt, sondern diese ihr nur angenähert wurden, etwa auf einen halben Zoll Abstand. Die sensitive Person hinter der spanischen Wand gewann aber ganz dieselben Empfindungen von kühl aus rechts und lau aus links, wie sie dies bei vollständiger Berührung erlangt hatte, nur in etwas verminderter Stärke.
Es war also das odische Prinzip von meinen Fingern durch die Luft gegangen und hinter dieser gleichwohl von der Papierrolle aufgenommen und der sensitiven Hand zugeführt worden. Und man ersieht hierin einen Beweis für den dauerhaften Charakter des Prinzips, welches hier der Betrachtung unterworfen worden, der sich unter allen Abänderungen gleich bleibt
Gegen die Ausführung dieser Versuche wurden von den anwesenden Herren keine Einwendungen erhoben.
Dass hierbei nicht von einer Untersuchung, also nicht von einer strikten Beweisführung mit Hintanhaltung auch minutiöse Bedenken die Rede sein konnte, habe ich schon ausgesprochen. Alle Wissenschaft, ehe sie zu ihrem Abschluss gelangt, hat einen Anfang, und dieser kann, eben weil es Anfang ist, lückenhaft sein. – Das hierbei im Sinne redlicher Aufrichtigkeit zu Werke gegangen worden, und gegen absichtliche Täuschung, hier undenkbar, vorerst keine misstrauischen Maßregeln genommen worden sind, wird man nur billigen.
VI. Mittlerweile kam Herr Dove zurück und hatte einen Korb voll magnetische Apparate herbeibringen lassen. Es sollte nun Versuche gemacht werden, das odische Prinzip, dass wir in Metallen und im menschlichen Leibe aufgefunden hatten, auch im Magnetismus aufzusuchen, mit welchem es verbunden auftritt. Ich wollte dabei von der gewonnenen Erfahrung ausgehen, dass alle Sensitiven an ihrer linken Hand den einen polaren Zustand wärmlich, (---32---) den anderen kühlig empfanden. Herr Dove verwarf aber die Versuche an meinem Hufmagnete, wies sie als ungeeignet zurück, und stellte seinen Elektromagnet auf, von welchem er sich sicherere Ergebnisse versprach. Wenn es sich darum gehandelt hätte, Magnetismus zu prüfen, so hätte er sonder Zweifel vollkommen recht gehabt. Allein hier handelte es sich nicht um diesen, sondern um etwas von ihm wesentlich Verschiedenes, um das angebliche Od, und nicht mit gleichem Maße kann beides gemessen werden.
Nachdem er seinen Apparat in Gang und Umschwung gesetzt hatte, ließ er die Pole seines Hufeisens von verschiedenen der anwesenden Sensitiven in Hinsicht auf Lauheit und Kühle prüfen. Die Angaben derselben fielen sehr ungleich, schwankend und widersprechend aus, und es wurde klar, dass auf diesem Wege ein sicheres Ergebnis nicht gewonnen werden konnte.
Die Ursachen hiervon sind ziemlich leicht einleuchtend zu machen. Der Elektromagnet mit seinem Kommutator ist konstruiert magnetische Bewegungen hervorzurufen, für Od aber ist er auf keine Weise berechnet. Wenn er dort mit der größten Klarheit indiziert, so wird er hier nur Verwirrung anrichten. So tat er es auch. Das unbekannte Wesen, Od genannt, ist nach meinen vieljährigen Beobachtungen und wie wir es oben gesehen haben, ein leitbares Prinzip. Seine Fortleitung geht an den Körpern nach Art der anderen bekannten Dynamide mit einer bestimmten Geschwindigkeit von statten. Sie ist viel geringer als die der Elektrizität, viel größer aber als die der Wärme. Wenn ein Körper damit beladen wird, so vermag er nicht, sich desselben äußerst geschwind zu entledigen, am wenigsten mit der Geschwindigkeit, die auch nur der langsamsten Bewegung des Kommutators des elektromagnetischen Apparates entspricht. Gleichzeitig mit dem Magnetismus tritt Od polarisiert in das Hufeisen. Aber während jener mit der ersten Wendung des Kommentator wechselt, zerstört und neu erzeugt wird, beginnt das Od sein langsameres Weiterschreiten. Lange ehe es einen Hufeisen Schenkel hat wieder verlassen können, ist schon in rascher Folge entgegengesetzter Magnetismus und damit entgegengesetztes Od dem Schenkel eingegossen worden. Hunderte von Malen kann dies in wenigen Minuten je nach Konstruktion (---33---) und Anwendung des Instruments wechseln, hundertfaches Od ist in den Schenkel eingeladen worden, dem die Zeit zum Entweichen mangelte, und hundertfach zugeführte Magnetismus ist mit jeder Evolution vernichtet worden. Nichts als ein Gemenge von positiven und negativen Od kann in dem Hufeisen zurückgeblieben sein.
Nimmt man das Od analog dem Magnetismus, wie es Herr Dove getan, so müsste sich auch das Od bei jeder Umdrehung wie jener ausgleichen oder umschlagen. Dies widerspricht der Natur des Odes und wir stoßen hier auf eines der merkwürdigsten Gesetze des odes, dass hier darzutun mir weder Zeit noch Raum gestatteten, dass nämlich, dass das links warm und das das rechts kalt gebende; d.i. +Od und -Od längere Zeit nebeneinander Einem Körper koexistieren können, ohne sich alsbald zu neutralisieren. In dessen Folge werden im Elektromagnet mit Kommutator sich die Hufeisenschenkel mit beiden Odischen Zuständen laden und sie eine Pause hinfort zusammen festhalten. (Den Beweis dieses merkwürdigen Verhaltens kann ich mit der größten Leichtigkeit führen und wollte ihn darlegen, konnte aber nicht mehr dazu gelangen.)
Was nun unter solchen Umständen ein Versuch in der Weise, wie Herr Dove ihn anstellte, für Resultate liefern könne, ist unschwer zur Deutlichkeit zu bringen. Herr Dove hat bei seinem Versuche Magnetismus und Od zusammen und für gleichbedeutend genommen, gemeinschaftlich behandelt und die Bedingungen des einen gleichzeitig auf das andere übertragen. Dies ist aber hier auf keine Weise zulässig. Mit den Bewegungen seines Kommentator hat er die odischen Verladungen, welche sie dem Magnete mit gleicher Geschwindigkeit nachzufolgen nicht im Stande waren, in beiden Schenkeln unter einander gebracht. Kaum hat er den Schenkeln eine Ladung beigebracht, so folgte schon die entgegengesetzte zweite. Diese geschah lange bevor die erste gänzlich entwichen und verschwunden sein konnte. Auf eine positive Charge folgte eine negative und mengte sich mit dem noch vorhandenen Anteile des positiven; nun kam im nächsten Augenblicke wieder eine positive und mengte sich in die Reste der beiden vorangegangenen und so fort und fort in raschem Wechsel. Die Folge davon musste notwendig sein, dass, als die geladenen Schenkel den Sensitiven zur Prüfung und Füllung vorgelegt wurden, sie die in Tätigkeit (---34---) gesetzten Kräfte in Vermengung, ja in äußerster Verwirrung vorfinden mussten. Da nun der menschliche Sinn in diesem Konflikte die Elemente voneinander zu unterscheiden nicht mehr im Stande ist, so konnten die Sensitiven alle nicht Klares erkennen, sie mussten warm und kalt bald in dem einen, bald in dem anderen Schenkel, bald in demselben Schenkel wechselnde Fluktuationen finden, wie in jedem Augenblick bald die eine, bald die andere Polarität zur vorbereitenden Geltung gelangte. In ihren Aussagen konnten sich sofort nur die größten scheinbaren Widersprüche kundgeben, nicht weil sie für sich vorhanden waren, sondern weil wir sie durch unser Verfahren hinein gebracht hatten.
Ja mehr noch; gerade die Unregelmäßigkeiten in den Erklärungen der Sensitiven über die Wirkungen des Elektromagnets zeugen hier nicht nur gegen, sondern vielmehr umgekehrt für die Richtigkeit der von mir angedeuteten und hier waltenden Gesetze; wenn die Aussagen bei solchem Verfahren konstant und gleichartig ausgefallen wären, hätten sie das Merkmal nicht der Richtigkeit, sondern dass der Falschheit in sich getragen; denn aus verwirrtem Material konnte keine geordnete Sensation hervorgehen.
Herr Dove legte nun den Sensitiven eine schöne Stange von Nickel vor, welche ihrer Längenrichtung nach Zwischenpole hatte, und gab ihnen auf, dieselbe durchs Gefühl auszumitteln und anzugeben. Ein solcher Versuch lag außerhalb des Rahmens des Programmes, aber er lief auch den Gesetzen des Odes zuwider. Die hauptsächlichen Ausströmungen desselben, so stark, dass man ihre Polarität zu unterscheiden im Stande ist, bewegen sich in Magnetstäben nicht lateral, sondern longitudinal. Nur an den Polenden und in der Längenrichtung des Stabes konnte nach magnetisch odischen Ausströmungen geforscht werden, nicht entlang seiner Breite, wo es nur schwach mit seiner Metallmasse wirkt. Die Sensitiven hätten sich auf eine solche Aufgabe gar nicht einlassen sollen. Allein die Sensitiven ebenso wie Herr Dove, weil beide der Gesetze des Odes unkundig, konnten leicht in diese der Natur des Gegenstandes zuwiderlaufende Erörterungen geraten. Und so fielen dann auch die Aussprüche über diese Nickelstange durchaus inkongruent aus. Sie konnten nicht anders und konnten nichts beweisen, weder für noch wider. (---35---)
Schon oben aus dem I. Versuche haben wir ersehen, dass das Eisen für sich als Metall Od emaniert. Hier wo wir Magnetismus denselben beibringen, fügen wir ihm neue andere Motive zur Odausgabe bei und hinzu. Zudem mengen wir noch im Elektromagnet positives und negatives Od untereinander und bringen es mit der Ersteren in Komplikation. So wird es gewiss klar, dass ein Elektromagnet nicht das Instrument sein kann, mittels dessen man ohne eine kundige, eigentümlich bemessene Behandlung auf wirre Fragen sehr klare Antworten von der Natur erwarten kann.
Magnetische Versuche dieser Art können demnach als Prüfungsmittel für das Od nicht verwendet werden; sie können nicht aufklären sondern nur verwirren. Es kann mir zum Tadel gereichen, dass sich dies nicht während der Versuche selbst geltend gemacht habe. Ich will nicht verhehlen, dass diese komplizierten Verhältnisse in jenen Augenblicken der Eile, wo die Gesellschaft fortdrängte, mir nicht mit der ruhigen Klarheit vorschwebte, um darüber eine längere Diskussion herbeizuführen, zu der es an Zeit gebrach. Die Sensitiven, ihre Gefährten samt mir, wir waren alle durch die Überwucht der Behandlung der Sachen durch Herrn Dove mehr oder minder so sehr eingeschüchtert, dass die Frauen namentlich mit sichtbarem Zittern ihre Hände über die Magnetpole hielten und gegen das Ende der Versuche nirgends mehr bei Ihnen ruhige Prüfung so feiner Gegenstände statthatte. Bei der reizbarsten und dadurch Besten der sensitiven Personen war die Aufregung so gesteigert, dass sie hinwegging, ehe die elektromagnetische Arbeit im Zuge war, und mich dadurch des wirksamsten Hilfsmittels beraubte.
Welche Theorie man schließlich auf die Natur des Odes anzuwenden habe, ob man ihm materiellen Bestand beimessen oder es als eine Qualität der Materie, etwa wie Vibration, ansehen wolle; was es ferner mit der angeblichen Wärme und Kühle, welche die Sensitiven ohne Ausnahme empfinden, für eine Bewandtnis habe, dies und anderes liegt vorläufig außer dem Bereiche dieses Erfolges aphoristischem Berichts.
Indem wir nun von dem letzten, dem sechsten Versuche, als mangelhaft, Abstand nehmen, haben wir als Ergebnis der fünf wohlgelungenen vorangegangenen folgende Thesen zu registrieren: (---36---)
a) Metalle, wie Eisen einerseits, dann lebendig organisierte Wesen andererseits, emanieren ein unbekanntes Etwas, einstweilen od genannt.
b) Dieses Etwas ist gewissen eigentümlich nervenreizbaren Menschen, einstweilen Sensitive genannt, durch die Sinne, namentlich das Gefühl und den Geschmack, in seiner Eigentümlichkeit erkennbar.
c) Es ist beweglich und ist durch Luft, Wasser und feste Körper durchleitbar.
d) Es ist verladbar auf andere Körper, auf Wolle, Papier, Glas, Wasser, Hände u. s. f.
e) Es nimmt unter Umständen polare Richtung an.
f) Nicht bloß durch unmittelbare Berührung der odisch geladenen Körper, sondern schon durch bloße Annäherung derselben gegeneinander ist es von dem einen auf den anderen übertragbar.
g) Diesen Beschaffenheiten nach fühlt man sich bewogen, es den Dynamiden anzureihen.
Im Mai 1862
Abb. 02-01: Titelblatt
Untersuchungen im Gebiete der Inductionselektricität.Eine in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin gelesene Abhandlung von H.W. Dove, Mitgliede der Akademien der Wissenschaften zu Berlin und zu München, der Gesellschaft naturforsch. Freunde zu Berlin, der naturforsch. Gesellschaften zu Heidelberg, Frankfurt, Danzig, Königsberg, Moscau, der meteorologischen Societät zu London etc. mit Holzschnitten auf einer Kupfertafel Berlin gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften 1842 Verlag von G. Reimer |
Abb. 02-02: Gerät zur Induktion. Handbetriebener Wechselspannungsgenerator. Als Verbraucher sind rechts eine Magnetspule und unten drei Handgriffe zu sehen, an denen man die Spannung abgreifen konnte. aus: H.W. Dove, Untersuchungen im Gebiete der Inductionselektricität, königliche Akademie der Wissenschaften, Berlin, 1842, |
Abb. 02-03: Ausschnitt. Unter dem U-förmigen
Permanentmagnet wird ein Teller mit zwei Spulen in Drehung versetzt.
Hierzu nutzt man die Handkurbel an der Holzscheibe links unten und den
Treibriemen. Aus beiden Spulen kommt eine Wechselspannung heraus. Mithilfe von Kommutatoren auf der Achse läßt sich bei jeder Umdrehung die Richtung des Stromes an den Ausgangsklemmen umkehren. An den Verbrauchern liegt dann eine pulsierende Gleichspannung. (Dove) |
Abb. 02-04: Unterschiedliche Möglichkeiten zur Verschaltung. (Dove) |
Abb. 02-05: Elelektromagnete, der Eisenkern besteht aus einem Bündel von Eisendrähten (Dove) |
Abb. 02-06: Induktionsapparat der Fa. Dr. Stöhrer Leipzig. Der Hufmagnet besteht aus sieben Lagen geschmiedeten Eisens. (Sammlung der Physik der TU Clausthal. http://www.gbv.de/dms/clausthal/E_BOOKS/2011/2011EB1729.pdf https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_St%C3%B6hrer (FB) |
Abb. 02-07: Das Hufeisen, 29 cm hoch (FB) |
Abb. 02-08: sieben Lagen Schmiedeeisen. Im Jahr 2014
betrug die magnetische Flußdichte rund 10 mT, also 20 mal mehr als die des
Erdmagnetfeldes. (FB) |
Abb. 03-01: |
Dritter Bericht.Der Zweck gegenwärtiger Forschungen war im Wesentlichen erreicht: es war im ersten Berichte die Existenz eines neuen Agens, das photographisch wirkte, bewiesen, und im zweiten war gezeigt, daß die Emanationen dies Agens von vielen Menschen in mannigfacher Weise empfunden werden. Ersteres könnte man Licht vom Ode, letzteres Sensitivität der Menschen nennen, oder irgendwie anders, nach Belieben.
Sieben Berliner Professoren und das Od.
Es blieb mir nur übrig, das was ich bis hierher trocken in seiner wissenschaftlichen Einfachheit dargetan hatte, in seinen verschiedenen Beziehungen, in vielerlei abgeänderter Erscheinung und zahlreicher Mannigfaltigkeit des Vorkommens vorzuweisen und dadurch dem Beschauer und Forscher zugänglicher und ihn damit vertrauter zumachen.
Als ich im Oktober vorigen Jahres nach Berlin kam und da eine Woche bei Freunden und Meteoriten zu verweilen gedachte, war ich von einem der Herren Professoren der Physik eingeladen worden, einige der wesentlicheren odischen Tatsachen hier in Berlin vorzuweisen, um Anerkennung zu bewirken. Ich nahm die Aufforderung gern und unverzüglich an, vorschnell vielleicht, ohne alsbald gehörig erwogen zu haben, welches Gewicht ich damit auf meine Schultern lud. In einer fremden Stadt, ohne Verbindungen, ohne Dunkelkammer, ohne Sensitive, ohne Werkzeuge, ohne Kenntnis
(---38--) der wissenschaftlichen Anstalten - ; meine Hoffnung stützte sich endlich darauf, daß es mir, wie in Wien, so auch hier in Berlin leicht gelingen würde, unter den Professoren ein und andere zu finden, welche sensitiv wären, und darin die Mittel zu erlangen, meine Aufgabe in Kürze zu lösen. Diese Hoffnung wurde getäuscht, ich fand keinen einigen Sensitiven unter den Professoren der Naturwissenschaft. Mit einigen sensitiven Ärzten, die ich gefunden, wurde ich zurückgewiesen, als ungeeignet zu naturwissenschaftlichem Zeugnisse.
Nun wandte ich mich an die große Zahl der ausübenden Ärzte. Ich durchkroch alle Krankenhäuser, Siechenanstalten und Lazarette; - aber umsonst, ich erhielt keinen einzigen Sensitiven; aus der Privatpraxis nicht einen! Mittlerweile wurde ich krank und lag 2 1/2 Monat ans Zimmer gekettet. Halb genesen zerstreute ich mich im Publikum, bat um die Gunst aller Freunde des sogenannten tierischen Magnetismus, die in Berlin unter den gebildeten Ständen zahlreich und mit vielen Erfahrungen ausgerüstet sind, und folgte den Verzweigungen ihrer Familien. Endlich war es mir gelungen, einen sensitiven Menschen in der großen Hauptstadt zu gewinnen. Bald spürte ich deren Mehrere auf; ich gewann Freunde, die mir weiter halfen und endlich ganze Familien, die an meinen Bestrebungen mit der größten Wärme teilnahmen. Darunter habe ich vorzugsweise dem Hause v. Fritzschen meinen öffentlichen Dank auszusprechen, in dessen Mitte selbst sechs sensitive Personen sich vorfanden und sich mir mit der teilnehmendsten Bereitwilligkeit zur Verfügung stellten. Unablässig so fortsuchend, kam ich soweit, daß ich jetzt, im Juni, also nach 9 Monaten fortgesetzter Nachforschungen, 98 sensitive Personen in allen Ständen aufgefunden habe. Gegen zehn sind noch angekündet, und so werden es nunmehr über hundert Sensitive sein, die ich aller Schwierigkeiten ungeachtet in Berlin kennen gelernt habe, und die sich jetzt, nachdem ich den Faden in die Hand bekommen, leicht auf tausend und mehr steigern lassen würden.
Auf solche Weise kann und wird es in Berlin an Sensitiven von allen Abstufungen der Stärke niemals fehlen, und ich konnte jetzt, nachdem die Gefühlsversuche schon im Mai abgeführt waren (---39---) die odischen Lichtversuche in der Dunkelkammer mit wissenschaftlichem Material wohl ausgerüstet, über die photographischen Arbeiten hinaus nach allen Richtungen beginnen. Dies geschah dann emsig unter Mitwissen, unter den Augen und teilweise unter beihelfender Mitwirkung der Herren Professoren in den Gemächern der Universität. Am 6. Juni war ich so weit, daß die ausgezeichnetsten Sensitiven ausgewählt und beweiskräftige Versuche in Bereitschaft gesetzt werden konnten, um sie vor den Augen der Professoren auszuführen. Die zarten schwachen Lichterscheinungen, welche die Odemanationen über alle begleiten, sind zahllos durch die ganze Natur verbreitet, ebenso leicht den Sensitiven wahrnehmbar als den Nichtsensitiven überzeugend zu machen, so daß ich den Herren von der Berliner Universität einen angenehmen Abend zu bereiten gedachte, indem ich sie mit einer Anzahl der interessantesten davon nunmehr bekannt und einigermaßen vertraut machte. Zu dem Ende lud ich sie gemäß vorangegangener Verabredungen auf den Abend des 6. Juni in die Dunkelammer ein.*)
Und nun, was begab sich . . . Jedermann wird jetzt eine frohe Versammlung von Sensitiven und Professoren und die
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Das Einladungsschreiben, das ich des Zusammenhanges wegen hier beifügen zu sollen glaube, lautete, gleich an Alle:(---40---) Entfaltung neuer Odlichterscheinungen im Finstern zu gegenseitiger Genugtuung erwarten.- Als ich mich eben anschickte, den anhoffend lehrreichen und interessanten Abend vorzubereiten, als ich elf Sensitive eingeladen und in der Dunkelkammer alle zweckdienlichen Zurüstungen traf und getroffen hatte, überraschten mich schnell nacheinander von allen Herren Professoren Absagebriefe, endlich noch Abends nach 10 Uhr die Allgemeine Zeitung vom 4. Juni mit dem gegen das Od und gegen mich gerichteten unmotivierten, und mit bloßstellenden Fehdeartikel.
Hochgeehrter Herr!
Die sogenannten odischen Fragen, soweit sie Versuche erheischten,. sind meiner Ansicht nach durch das bereits Vorgezeigte gelöst. Man kann darüber verschiedener Meinung sein, es kann eine reichliche Amplifikation davon zur Beschauung und Erörterung vorgelegt werden, alles wird jedoch in der Grundlage auf das zurücklaufen, was ich in gewählter Einfachheit und gedrängter Kürze bereis vorgelegt habe.
Nächsten Freitag, den 6. d. M., wird eine Zusammenkunft von sog. Sensitiven in der Dunkelkammer auf der Universität stattfinden, und von den wichtigen odischen Lichterscheinungen eine Anzahl dabei zur Darlegung kommen. Ich bin so frei, Sie, hochgeehrter Herr, dazu einzuladen, nicht um neue wissenschaftliche Wahrheiten zur Sprache zu bringen, sondern um bereits auseinandergesetzte in mannigfaltiger Anwendung zu zeigen. Die Herren werden um halb neun Uhr Abends den mineralogischen Hörsaal zu ihrem Empfange bereit finden.
Mit Hochachtung, Berlin, 2. Juni 1862
Vorerst glaubte ich nicht, von dem unerwarteten, ja unbegreiflichen Anschlage meiner Einladungen in der Arbeit mich stören lassen zu sollen, und da die Sensitiven ohne einen einzigen Fehl sich aus der weitläufigen Stadt in der Dunkelkammer zur Stunde eingefunden hatten, so wollte ich sie nicht durch Mitteilung es Vorgefallenen betrüben; ich schwieg und beschäftigte die Gesellschaft mit odischen Lichtversuchen. Desjenigen Versuchs, der hierher Bezug hat, will ich einschaltend Erwähnung tun. Einen Liebig'schen Kugelapparat hatte ich halb mit Wasser gefüllt, und zeigt ihn so den Sensitiven im Finstern vor. Sie sahen teils gar nicht, teils nur sehr schwach den ihnen vorgehaltenen Gegenstand. Als ich aber denselben nur weinig schüttelte, erschien er augenblicklich sichtbar und leuchtend. Dies ist nicht Neues; ich habe schon oft gezeigt, daß alles Wasser sogleich odisch leuchtend wird, sobald man es plätschert, herabgießt, schüttelt, durch eine geneigte Röhre fließen läßt. Aber das gehört hierher zur Vervollständigung der Gegenversuche gegen Herrn Professor Poggendorff laut des ersten dieser Berichte, daß das Odlicht im Kugelapparat durch das Glas hindurch elf Sensitiven ohne Ausnahme sichtbar war. Ein zweiter hierher gehöriger Versuch bestand darin, daß ich ein Bild unter Glas und Rahmen von der Wand herab- und den Kupferstich herausnahm, so daß nur noch das leere Glas in dem Goldrahmen blieb. Damit ging ich unter den Sensitiven von einem zum andren und hielt die Glasscheibe über seine Hände, die er unmittelbar ohnehin gut in Leuchte sah. Als das Glas darüber, also zwischen Händen und Augen war, sahen sämtliche Sensitive ihre Hände noch wie vor helle leuchten unter dem Glase, nur ein wenig matter, als ohne Glas. Das Licht ging also, unter Absorption (---41---) und Reflexion eines Anteiles davon, im übrigen ungehindert und leuchte durch die Glasscheibe hindurch. Und man sieht hieraus, wie unrichtig diejenigen gegen mich argumentierten, welche auf den ersten Anschein, weil nämlich durch Glas hindurch kein odphotographisches Bild zu erzeugen war, nicht nur gleich die leuchtende Natur der odischen Erscheinungen, das Odlicht selbst, leugneten, sondern sogar so weit gingen, zu behaupten, weil kein Odlicht existiere, so könne auch keins durch die glasähnlichen Teile unseres Augenapparats gehen, es könne folglich auch kein Sensitiver jemals eine odische Lichterscheinung gesehen haben, und damit falle folglich das ganze Gebäude der odischen Doktrin von selbst über den Haufen.- So schnell schwerlich! Viel schneller aber fällt die ganze Behauptung, daß Odlicht nicht durch Glas gehe, durch Tatsache wiederlegt, - hinweg.
Trotzdem, daß von den Professoren nicht ein Einziger meiner Einladung Folge gegeben, nicht ein Einziger der Versammlung den Lichtversuchen angewohnt, und daß in Folge dessen die beiden anwesenden Hochsensitiven weggegangen und mir nur noch die Mittelsensitiven zur Ausführung eines Teils der vorbereiteten Versuche übrig geblieben waren, fanden sich am Ende doch noch fünf anderweitige Teilnehmer ein, wovon einer 20 Jahre lang Lehrer der Mathematik und Physik gewesen, ein anderer Assistent in Naturwissenschaft, ein dritter Präsident einer naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Berlin, die übrigen Liebhaber der Naturkunde überhaupt sind, die sich für die odischen Gegenstände interessieren. Von diesen Herren und Zeugen nur wurden eine Anzahl odisch leuchtender einfacher Gegenstände vorgelegt, und dabei in der Weise verfahren, daß ich zuerst den Körper in meiner Hand inmitten der anwesenden Personen brachte, und mit der einfachen Einleitungsfrage vorlegte, ob und in welchen Formen derselbe sichtbar oder leuchten sei, oder ob nicht.. Nachdem hierauf mehrere zustimmende Antworten erfolgt waren, übergab ich diese Dinge in die Hände des einen oder anderen der anwesenden Herren, die sie dann unter einander weiter gaben, und überließ ihnen, mit den Sensitiven beliebige eigene Gegenversuche mit Abänderung der Stellungen, Richtungen, Entfernungen, Bedeckungen u.s.w. selbst vorzunehmen. Sie machten auch davon vielfachen Gebrauch, namentlich mit
(---42---) leuchtenden Händen, Kopfkonturen, großen und kleinen Bergkristallen, Hufmagneten, Steinsalzteilungsstücken oder Würfeln, einer bronzenen Glocke als einfachem Metalle, als schallausgebendem Körper, der lichten Zimmerwand, dem Wandschatten darauf von ganzen Figuren, dem Wasser in Gläsern geschüttelt oder in Kesseln geplätschert, dem Zerbrechen von Holzstäben, dem Licht vom besessenen Stuhle, dem Schalle einer hohen Pfeife, Blasen auf die Handteller und manches andere. Vieles und höher interessantes war vorbereitet und wäre noch zu tun gewesen; aber der unfreundliche, geflissentliche und berechnet Ausbleiben aller Professoren und in Folge dessen die Entfernung der beiden anwesenden Mittelsensitiven, die schon 5 Stunden lang in der schwülen Finsternis ausgehalten hatten, und ich hob endlich die Versammlung auf.
Drei von den fünf Herren, die ich nachher sprach, und darunter der frühere Lehrer der Physik, erklärten sich mir befriedigt und durch die von ihnen selbst vorgenommenen Kreuzkontrolversuche von der Existenz des Odlichtes überführt. Die zwei übrigen habe ich inzwischen nicht wieder gesprochen. Hätten die Herren Professoren alle zugegen sein wollen, sie würden sämtlich in gleicher Weise die Überzeugung von dem Dasein des Odlichtes in mancherlei Form gewonnen haben. Aber das ist es eben, sie haben diese Überzeugung geflissentlich nicht gewinnen wollen.
Und nun, warum sind die Professoren sämtlich ausgeblieben, warum erklären sie dem Ode und mir Fehde? Hören wir einmal, was sie mir in der Augsburger Allgemeinen Zeitung in demselben Augenblicke bieten. Sie sagen daselbst:
Mittwoch am 4. Juni 1862
"Herrn v. Reichenbach's Versuche in Berlin.
Herr Baron v. Reichenbach aus Wien hat seit 1845 vielerlei über ein angeblich neues Agens veröffentlicht, welches er entdeckt haben will und mit dem Namen Od belegt. Derselbe hat vor Kurzem bei seiner Anwesenheit in Berlin die Unterzeichneten zu Versuchen eingeladen, welche die Wirkungen dieses Agens bestätigen sollten, und hat alsdann gedruckte Berichte verbreitet, in welchen von den angeblich gelungenen Versuchen Rechenschaft gegeben wird.
(---43----)
Da die Unterzeichneten als Zeugen dieser Versuche genannt werden, und ihre Namen zum Teil so in die Darstellung verflochten sind, daß es den Anschein gewinnt, als wären sie mit den Schlüssen des Herrn v. Reichenbach einverstanden, so sehen sie sich, um einen solchen Mißverständnisse vorzubeugen, zu der Erklärung genötigt:
daß die Versuche, welche ihnen Herr v. Reichenbach gezeigt hat, keineswegs das bestätigt haben, was sie dartun sollten. Es fehlte somit jeder Nachweis der Existenz jenes neuen Agens.
Berlin, den 31. Mai 1862
Ehrenberg, G. Magnus, Mitscherlich, Poggendorff, Rieß, G. Rose Schellbach"
Eilhard Mitscherlich (* 7. Januar 1794 † 28. August 1863 in Berlin) war ein deutscher Chemiker und Mineraloge. http://de.wikipedia.org/wiki/Eilhard_Mitscherlich
Johann Christian Poggendorff (* 29. Dezember 1796 † 24. Januar 1877 ) war ein deutscher Physiker
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Christian_Poggendorff
Wem sollte hier die Retinenz, die Entstellung und die Hinterhältigkeit entgehen!
"Daß der Nachweis der Existenz des neuen Agens (des Odes) fehle", wird Niemanden verwundern, der da soeben gelesen hat, daß die Herren Professoren, als man sie einlud, diesen "Nachweis" zu gewahren und zu empfangen, ausgeblieben, und auf dem Schauplatze, wo sie diesen Nachweis empfangen sollten, geflissentlich alle nicht erschienen sind. Das war keine Tat, eine Feigheit war's. Wer nicht sehen, nicht hören, nicht beobachten, nicht erkennen will, der hat keine Recht, einen Andern zu beschuldigen, daß seine Versuche nichts dartun. Aber wie? Haben die Herren nicht andere meiner Versuche dennoch wirklich gesehen, haben sie nicht tatsächlich gesehen, daß die odausgebenen Körper, die alle Sensitiven im Finstern leuchtend wahrnehmen, in aller Tat das Jodsilber auf der photographischen Platte ebenso veränderten, wie jedes andere Licht dies tut, daß sie folglich wirkliches Licht aushauchen, das man selbst durch Glas hindurch recht gut sieht?. Was ist denn das, wenn ich fragen darf, was hier die photographische Platte affiziert und Bilder erzeugt?
Das ist doch wohl Licht, diesmal Odlicht? und wenn es keins sein soll, so habe ich wohl ein Recht, die negierenden Herren zu ersuchen, mir und der Welt zu sagen, was es dann ist, das die photographischen Bilder erzeugt, und zu fordern, daß sie, statt sich hinter wohlfeiles Stillschweigen zu verstecken, dartun, warum es kein (---44---) Licht und was es dann anderes sei? - das chemische Licht? also doch wohl Licht, weil es kein chemisches Spektrum ohne gleichzeitiges Licht und Wärmespektrum gibt? Sind sie nicht im Stande hierauf zu antworten, so ist ihr Verfahren nichts anderes als eine Handlung gegen mich, die in der gebildeten Welt ihrer Verurteilung nicht entgehen wird.
Zum Überflusse habe ich die Herren in meinem ersten Berichte, Abschnitt 2, Seite 16 ausdrücklich eingeladen, sämtliche odphotographisch affizierten Platten bei mir zu betrachten und nach allen ihren Eigentümlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Einigen Personen habe ich sie selbst gebracht. Aber diese Herren, haben sie die palpabeln odischen Lichterzeugnisse auf ihnen der Prüfung und Beschauung wert gefunden, haben sie sie bei mir sich zeigen lassen? Man wird mit Erstaunen hören, daß nicht ein einziger, nicht Ein Mensch vom ganzen Corps der Naturwissenschaftlich sich gezeigt, sie zu sehen verlangt hat! - Und nach solcher mehr als nachlässigen Behandlung des Gegenstandes will man noch sagen, meine Versuche hätten das nicht dargetan, was sie dartun sollten?!. Versuche, die man großenteils gar nicht einmal gesehen hat!
Weiter endlich haben die Professoren, und dies am unwidersprechlichsten vor allen Anderen Herr Geheimrat Mitscherlich, laut meines zweiten Berichtes, Emanation, Verladung und Durchleitung eines ganz ungekannten Etwas (Od genannt) wahrgenommen und selbst so handgreiflich mitgemacht, daß sie es weder auf der einen Seite ableugnen, noch auf der andern auf irgend welche bekannte Weise erklären können. Über ein Dutzend Mal habe ich die dort verzeichneten Versuche erst selbst vorgezeigt, ein volles halbes Dutzend Mal hat der Herr Geheimrat sie tadellos, aber auch lautlos, mit eigenen fingern unter den Augen seiner Kollegen wiederholt und dem von mir gegebenen Beispiele genau entsprechend gefunden. Ist das Alles etwa ein Nichts, meine Herren? Weil ich die unscheinbarsten Mittel gewählt, Verweise für die wichtigsten Gegenstände herzustellen, darum glaubt man sie selbst geringfügig anschlagen zu dürfen? Glauben Sie erst mit einem oberflächlichen Achselzucken, dann mit geringschätzigen, unmotivierten Abweisungen in politischen Zeitungsblättern eine Sache niederzumachen und abzutun, (---45---) welche durch die unendliche Natur herrscht und in einer langen Reihe von Untersuchungen jetzt aufdeckt und festgestellt ist? Das wird, mich auf's mildeste auszudrücken, ein großer Irrtum auf ihrer Seite sein.
Vor allem sollten die Herren, die über das Od absprechen und es so leichten Kaufes ausmerzen zu können glauben, erst lernen, was das Od ist. Sie vermeinen, das sei ein Phantom, das man mit hoher wissenschaftlicher Autorität hinausbläst aus der Welt. Sie werden hier einen kleinen Beweis finden, daß es nicht aus Dunst besteht, sondern einen ziemlich ehernen Leib hat, mit welchem sie fertig zu werden sich vergeblich schmeicheln werden. Was ich mit nahezu zwanzigjährigen emsigen Untersuchungen erforscht habe, davon sind die Herren eingebildet genug, es in einer halben Stunde wegzuhaben. Keiner von meinen Professoren hat auch nur ein paar Blätter über das gelesen, was Od ist. Sie sind, so tief gelehrt in allen anderen Dingen, so unwissend hier, daß sie nicht einmal die Titelblätter der wichtigsten derselben kennen, geschweige ein Wort vom Inhalte. Erst muß man eine Sache kennen und verstehen, bevor es rätlich ist, sie anzugreifen. Bei solchem gänzlichen Mangel an Kenntnis von Od und Sensitivität, wie er hierin bei allen den sieben Herren zu Tage kam, die mich in der allgemeinen Zeitung wegzufegen gedachten, mußte ich oft fast mitleidig Reden anhören, die wie die kurzsichtigste Einfalt klangen; jeder Angriff wird so zum Mißgriff; nichts was man behaupten will, vermag man weder zu belegen, noch zu beweisen, und wo man dies unvorsichtig wagt, wird man zurückgewiesen und gedemütigt. Erst mögen diese Herren also lernen, was Od ist; dann erst wird es Zeit und möglich werden, ein Wort mit ihnen darüber zu reden. Eben darum, weil sie, unwissend in der Materie, die ihnen vorgelegten Versuche ihrer Bedeutung und ihrem Werte nach nicht verstehen, verfallen sie in schiefe Urteile und ungereimte Aussprüche. Mit der Unwissenheit kann man, wie sie selbst am besten wissen, nicht rechten.
Vielleicht erlauben sie mir, ihnen zum besseren Verständnisse behilflich zu sein. Das Od zeigt sich, ähnlich dem Lichte, der Wärme, dem Magnetismus, als ein Princip in der Natur, als ein Dynamid, das wie diese unendliche Verbreitung im All hat. Es (---46---) stellt sich, soweit die bisherigen Beobachtungen reichen, zwischen Wärme, Elektrizität und Magnetismus mitten hinein, und muß wie sie den Gesetzen der Ätherschwingungen unterliegen. Es zeigt, wie die Wärme, Fähigkeit, sich strahlend fortzupflanzen und gleichzeitig an den Körpern hinzuströmen, letzteres schneller als die Wärme und langsamer als die Elektrizität; an einem Drahte hin kann man ihm im Laufe folgen. Es zeigt, wie die Elektrizität, Leitungsfähigkeit an festen Körpern hin, Verladbarkeit auf diese, Unipolarität unter Umständen, und Lichtentwickelung beim Übergange von einem auf den andern. Es zeigt, wie der Magnetismus, Polarität und polare Stabilität auf vielen Körpern, wie Kristallen. Es kommt mit den Sonnen- und Mondstrahlen und nimmt an Spektralerscheinungen den größten Anteil. Es entquillt der Reibung, der chemischen Aktion und jeder Molekularbewegung. Der Organismus, animaler wie vegetabiler, emaniert es in der größten Stärke. Es durchdringt alle Körper und daher sein Name Od, abgeleitet aus dem Sanscrit vâ. Es hat die eigentümliche Fähigkeit, nicht bloß unipolar aufzutreten, z.B. in beiden Geschlechtern, sondern selbst gemengt polar eine Zeitlang nebeneinander, sogar in zusammengegossenem bipolarem Wasser, zu bestehen. Es findet keinen Isolator in der Körperwelt, daher seine Verborgenheit bis auf die Jetztzeit. Bei seinem Durchgange durch die Luft bringt es feines schwaches Licht hervor, das, sobald erzeugt, unabhängig von seinem Quell ist und davon gesondert werden kann. Auf die menschliche Haut geleitet, erzeugt es eigentümliche Empfindungen ähnlich wie laulich und kühlig. - Soviel hier in kurzen Zügen, im nächsten Berichte davon mehr.
Man hat vielfach das odische Licht als eine einfache Phosphoreszenz abfertigen wollen. Es soll am Tage eingesogenes Licht sein, das in der Dunkelkammer wieder ausströmt und da sichtbar wird. Solche Belehrungen muß ich von gelehrten Physikern fast täglich empfangen. Dem steht nur im Wege, wo alle die Kristalle, Magnete, Metalle ihr Licht her erhalten, welche halbe und ganze Jahre lang bei mir in der verschlossenen Dunkelkammer liegen, und jederzeit im Finstern ein Mal wie das andere leuchten? Es tritt ihm ferner die Frage entgegen, woher alle lebenden Geschöpfe ihre fortdauernde Leuchte nehmen? Wie die Phosphoreszenz (---47---) sich als strömende Leuchte von Fingern, Kristallspitzen, Magneten auf weite Abstände von diesen Körpern erheben könne? wie die phosphoreszierende Leuchte von ihrem Quell abgesondert und für sich dargestellt werden könne? Wie das phosphorische Licht am Tage und in der Finsternis auf zweiten Körpern fortgeleitet und auf dritte sichtbar verladen werden könne? - Man sieht, wie die Unwissenheit in odischen Dingen Einwürfe gebiert, denen nahezu der Sinn, und die zu widerlegen, mir manchmal fast die Langmut abgeht.
Was ich den Professoren gänzlich und bestimmt widersprechen muß, und was ihnen jeder urteilsfreie Leser meiner Berichte widerspricht, das ist ihre unbegründete, mehr als gewagte Behauptung, deren Wahrheit durch nichts nachzuweisen ist, die nämlich, daß "ich in meinen Berichten ihre Namen so in die Darstellung verflochten habe, daß es den Anschein gewinne, als wären sie mit meinen Schlüssen einverstanden." Diese Behauptung, diese übelwillige Ausdeutung, dieser "Anschein", auf welchen hin man mich zu mißhandeln sich berechtigt wähnt, ist geradezu mit Haaren herbeigezogen. Wo, frage ich, habe ich in solcher Weise zweideutig mich benommen, wie mir hier in beleidigender Weise zur Last gelegt wird? Ich habe das Recht, den Nachweis solcher Verletzung zu fordern. Und da er mir nicht geleistet werden wird, weil er mir für eine so gänzlich aus der Luft gegriffene Anschuldigung nicht geleistet werden kann, so sehe ich mich herausgefordert und genötigt, den Gegenbeweis und die Widerlegung selbst zu führen.
Ich beginne mit unserem hochgeschätzten gegenwärtigen Rektor, Herrn Magnus. Sein Name kommt nur einmal, im 1. Berichte, 2. Abschnitt, S. 19, vor. Dort ist von ihm nicht ein Wort weiter gesagt, als daß er die Güte gehabt, auf meine Bitt in der Dunkelkammer sich einzufinden, um Experimenten mit Odlicht aus Kristallen und dessen Wirkung auf die photographische Platte anzuwohnen. Kaum sind diese Worte niedergesetzt, so geht der Kontext ab, auf Herrn Poggendorff über und von Herrn Magnus ist mit keiner Silbe, auch keiner fernen Beziehung mehr die Rede. - Nun, frage ich meinen geehrten Freund, Herrn G. Magnus, wo ist hier auch nur eine Spur von Verletzung seiner Person, (---48---) seines geachteten Namens, der Freiheit seines Urteils zu entdecken?
Gehen wir zu Herrn Gustav Rose. Wo sollte ich meinem gütigen Freunde auch nur eines Haares Breite präjudiziert, geschweige ihn verletzt haben? Sein Name kommt mehrmals mit meiner dankbaren Anerkennung für die Gewogenheit vor, mit welcher er mir auf der Universität Zimmer zur Dunkelkammer zugeteilt, mich mit Mineralien, Geräten zu den odischen Anordnungen und vielen anderen Hilfeleistungen unterstütz hat. In allem Übrigen hat er sich sowohl zu den photographischen Arbeiten als zu den Gefühlsversuchen im zweiten Bericht gerade am Schlusse eingefunden und ist nirgends in die Materie, wozu er jedesmal zu spät kam, eingegangen. In jeder andern Hinsicht ist sein Name nirgends genannt, nirgends in ein kollektives Urteil einbezogen, nirgends auch nur mit einem Scheine einem solchen vorgegriffen, - ich konnte nur mit schmerzlichem Erstaunen in der Allgemeinen Zeitung den Namen Rose unter einem Angriffe auf mich finden, mit dessen Vorwande er nicht und nirgends in Beziehung stand.
Herr Professor Schellbach hat einmal einem der zahlreichen photographischen Versuche angewohnt, Wirkungen des Odlichtes aus Kristallen auf die jodierte Platte gesehen; sonst weiß ich weiter nichts von ihm, sowie ich ebensowenig weiß, auf welchen Grund hin er sich für bemüßigt hält, gegen mich in der weiten Welt der Allgemeinen Zeitung aufzutreten, nachdem ich seines Namens nur einmal mit Herrn Magnus Erwähnung getan, nirgends aber auch nur mit einem Laute sein Urteil in Anspruch genommen oder ihm irgendwie vorgegriffen habe.
Herrn Professor Poggendorff habe ich in ehrlichem offenem Kampfe freundlich bestritten, und, glaube ich, befriedigend widerlegt. Wie dem aber sei, so habe ich von ihm nichts in Anspruch genommen, as was er mir selbst brieflich zugestanden, daß den Kristallen irgend ein Agens entströme, das die sichtbaren photographischen Wirkungen erzeuge. Nimmermehr soll und wird er mir verdenken, daß ich diesem Auspruche das verdient Gewicht beilege. Ist aber damit gesagt oder behauptet, daß er das Od anerkenne, wie man mir so ungerecht imputieren will? - ganz und (---49---) gar nirgends und auf keine Weise. Der, den ich bekämpfe, wird mir doch nicht zumuten, daß ich seine Connivenz in Anspruch nehme!
Die Herren Rieß und Ehrenberg kommen bei den photographischen Arbeiten gar nicht vor. Sie waren lediglich lautlose Zeugen der Gefühlsversuche des II. Berichts. Dies habe ich ihnen S. 31 ausdrücklich zugestanden, indem ich dort die klaren und unzweideutigen Worte sagte: "Gegen die Ausführung dieser Versuche wurden von den anwesenden Herren keine Einwendungen erhoben." Aber warum haben die Herren denn damals nicht gesprochen, als sie offenen Beruf dazu hatten? Warum, ich frage, Aug in Auge mir gegenüber stille schweigen und hintennach rückwärts in politischen Zeitungen grundlose Angriffe mit nachschleudern? Grundlos, sage ich, weil sie in der Materie nicht eine Silbe von Widerlegung aufzubringen wissen; grundlos und mehr, weil sie gegen mich Verdächtigungen aussprechen, als ob ich ihr Einverständnis mit der Existenz des Odes hätte erschleichen wollen. Eine solche frivole Beleidigung, in eine politische Weltzeitung gebracht, ist nicht mehr eine gelehrte Controvers, als welche sie in einer naturwissenschaftlichen Zeitschrift an ihrem Orte gewesen sein würde, sondern sie ist nichts mehr und nichts weniger, als wiederum eine Gehässigkeit, bei der man den Unglimpf ausstößt, den Beweis aber schuldig bleibt, weil man ihn zu führen nicht im Stande ist.
Nun haben wir noch den Herrn Mitscherlich, und dieser wird so ziemlich derjenige sein, von welchem das ganze monströse Verfahren in seinem Ursprunge ausgeht. Ich habe eine schriftliche Erklärung von ihm, von der ich ihrer Kleinlichkeiten halber hier keinen Gebrauch mache. Herr Mitscherlich war nur bei Einer Versammlung, der, bei welcher die odischen Gefühlsversuche gemacht wurden. Auch er bediente sich des Vorrechtes des geschlossenen Mundes und "erhob gegen die Ausführung der Versuche keine Einwendungen." Aber er war zugleich derjenige, der sich am lebhaftesten bei ihnen beteiligte, indem er sechsmal hintereinander mit eigener Hand odische Transmissionen durch eine leitende Papierrolle vollzog, und da er sie alle den von mir voraus angegebenen Gesetzen entsprechend fand, lautlos sich zurückzog. (---50---) - Das ist es, was ich im II. Berichte, S. 30, wortgetreu wie es geschah, berichtete, und von welchem kein Jota weder abgemarktet noch zugesetzt werden kann, um eine falsche Deutung herauszubringen. Auf keiner Linie meiner Berichte ist dem Herrn Mitscherlich mehr beigemessen worden, als Tatsächlich ihm zukam, und schlechterdings auf keiner auch nur ein Schatten von Anerkenntnis der Existenz des Odes ihm zugemutet worden. Das Od ist eine Naturkraft, die ewig gewährt hat und ewig währen wird; ob Herr Mitscherlich sie von seinem Katheder herab anerkennt oder nicht, ist für ihren Bestand völlig gleichgültig, und ob Andere sie heute oder erst in fünfzig Jahren begreifen, ist im Wesentlichen ohne Bedeutung. Aber wie dem immer sei, das Od har die Hilfe, die Herr Mitscherlich ihm streitig machen zu müssen vermeint, nicht sehr nötig und bedarf nichts weniger, als durch Erschleichung sich des zweifelhaften Vorteils seiner Gunst teilhaft zu machen. Von ihm herausgefordert zu solchen Erklärungen, fordere ich umgekehrt nun ihn heraus, nachzuweisen, wessen er mich beschuldigt, daß meine Darstellungen den Anschein haben, als wäre er und Andere mit meinen Schlüssen und mit der Existenz des Odes einverstanden. Nirgends habe ich auch nur ein Wort der Art fallen lassen, jede Freiheit des Urteils offen gelassen. Niemand von denen, die meine Blätter gelesen, haben so etwas darin gefunden, wer sie liest ist erstaunt über die Verkehrtheit, mit der sie von den Professoren aufgenommen werden, über die übelwilligen Verdrehungen, die hineingewirkt werden wollen, und es bedarf der kränkelnden Empfindlichkeit, wie man sie nur bei gelehrten findet, Dinge aus einem Papiere herauszulesen, die darin gar nicht vorhanden sind.
Die Schlußbehauptung endlich: "es fehle somit jeder Nachweis der Existenz jenes neuen Agens" - klingt vollends wie Ironie, welche die Herren auf sich selbst machen wollten. Man hat ihnen photographische Bilder in absoluter Finsternis gemacht, mittelst eines neuen Agens; man hat ihnen aus Kristallen, Magneten, chemischer Aktion, dem Schalle photographische Wirksamkeit entlockt, Kraft dieses neuen Agens; man hat sie eingeladen, sich von dem hierbei sich zeigenden Lichte beweislich zu überzeugen, sie sind geflissentlich dazu nicht erschienen; man hat ihnen aus ihren eigenen Fingern Ausströmungen nachgewiesen, herrührend von demselben (---51---) neuen Agens; man hat ihnen diese Strömungen auf andere Körper verladen, dann durch andere Körper hindurchgeleitet, alles vermöge dieses neuen Agens; man hat Emanationen aus den Fingern des Herrn Mitscherlich dritten Personen durch den Gefühlssinn erkennbar gemacht - alles dies handgreifliche Wirkungen eines Agens, die sie, weil selbst erfahren, nicht mehr ableugnen können; und dennoch unterfangen sie sich zu sagen: "es fehlte jeder Nachweis eines neuen Agens!" - Solche Reden sind entweder schlechtweg Ungereimtheiten, oder sie sind der Ausdruck vorsätzlicher berechneter Kränkung.
Noch war Herr Professor Karsten unter den zuschauenden Professoren des II. Berichts; warum fehlt dessen Unterzeichnung in der Allgemeinen Zeitung?
Versuchen wir das, was jeden dieser Herren individuell angeht, in eine Gesamtbeschwerde gegen meine Wenigkeit zusammen zu fassen, so finden wir nichts als eine leere Rahme, Niemand ist von mir angegriffen, Niemandem ist irgendwie Anerkenntnis des Odes zugemutet, Niemand ist auch nur entfernt in Anspruch genommen worden, daß er mit meinen Schlüssen einverstanden sei, Niemandes Urteil ist irgendwo auch nur das Geringste präjudiziert. Was ist es also, das diesen Herren so bange macht, gegen das sie so gewaltige Sperre erheben? Wo hinaus wollen die Herren mit ihrem in der Geschichte der Naturwissenschaften beispiellosen Angriffe in einer politischen Zeitung? Auf dem Gebiete der naturwissenschaftlichen Journalistik, wohin der Gegenstand wie jeder andere ähnliche gehörte, würde der Gegensatz der Ansichten zu Hause ausgefochten und nicht der große unwissende Teil des Publikums darin gemengt worden sein. Hier aber geht man vom zeitungsreichen Berlin fort quer durch Deutschland und sucht im Süden diejenige Zeitung mit Beflissenheit heraus, welche, weit entfernt ein naturwissenschaftliches Blatt zu sein, vorzugsweise nur dasjenige ist, welches die umfassendste Laienverbreitung hat. Man trachtet also nur dahin, nicht unter Sachkennern, sondern unter der größten Zahl derjenigen, welche den Streit gar nicht zu beurteilen verstehen, mit wehe zu tun und durch das Schwergewicht von Sieben mich zu erdrücken. Die schlecht verborgene üble Absicht wird aber Niemandem entgehen. Möglich aber ist noch mancherlei. Unrecht konnte (---52---) man mir nicht geben und Recht wollte man mir nicht lassen. In dieser Verlegenheit sah man den Versuchen sprachlos zu und braute hinterrücks Artikel für die allgemeine Zeitung, die man mir ins Gesicht zu sagen nicht den Mut hatte. Es ist tadelnd gegen mich ausgesprochen worden, daß ich mit einem höchst geringfügigen Anfange Miene mache, hoch hinaus zu wollen. Das wäre freilich nicht überall recht. Weiter ist bemerkt worden, daß das Od, wenn es sich bestätigen würde, in die ganze Naturwissenschaft Umwälzungen bringen könnte. Ich bedaure die Verwirrung, die davon zu befürchten wäre. Manche andere Lehren, sagt man, die bis jetzt sorgfältig ferne gehalten worden, würden mit dem Ode gleichzeitig Eingang in die bisher rein gehaltene Wissenschaft ankämpfen. Damit würde das Übel nicht viel schlimmer werden, als es heute ist. Einer versicherte mich, daß Liebig unverantwortliches Unheil in der Physik dadurch angerichtet habe, daß er zuerst das Od durch seine chemische Zeitschrift in die wissenschaftliche Welt hereingebracht, aus der es nun nur in langer Zeit und mit vieler Mühe werde wieder ausgemerzt werden können. Nun ja, die Mühe, die Mühe! Wenn das Od geprüft werden soll, das kostet freilich auch Mühe. Wenn es durchforscht und anerkannt werden soll, welche Mühe! Wenn es nach seinen zahllosen Verbindungen in der Natur verfolgt und darin aufgedeckt werden soll, wie viel Mühe! Wenn die dicken Bücher, welche schon darüber gedruckt sind, gelesen, studiert werden sollen, wo das Ende der Mühe! Und endlich gar, wenn es in die Kompendien aufgenommen, wenn es in alle die wohlgeordneten Fächer neu eingeschaltet, wenn es in die Hörsäle eingeführt, wenn ihm Platz neben Wärme, Licht, Elektrizität, Magnetismus gemacht werden, und seine Komplikationen mit dem Leben geklärt werden sollen, ja da kommt mit ihm die Mühe, die lästige, sie kommt mit unberechenbarem Gewicht und inde irae.
Berlin, im Juni 1862
(---53---)
-----Geschichtliches . - Gesetze des Odlichtes. - Anweisung zur Anlage einer tragbaren Dunkelkammer.
Im Anfange des Jahres 1861 hatte ich vier kleine Abhandlungen über "Lichtintensität etc. " an Herrn Prof. Poggendorff mit der Bitte um Aufnahme in seine Annalen der Physik von Wien aus eingesandt. Sie verbreiteten sich hauptsächlich über das schwache Licht, welches nur die Sensitiven sehen, und welches von den odischen Ausflüssen herrührt. Im März erschien der erste Aufsatz im 112. Band, S. 459, unter der Aufschrift: "Zur Intensität der Lichterscheinungen". Zu meinem Befremden jedoch kam von den folgenden Aufsätzen keiner mehr zum Vorschein. Ich traf dann im Spätjahre in Berlin ein, und erfuhr, daß die weiteren drei Aufsätze keine Aufnahme finden könnten, weil der bereits erschienene seines Stoffes wegen unter den Berliner Physikern allzu viel Mißfallen erregt habe. Doch wenn ich, hieß es weiter, mich herablassen wollte, die darin angegebenen Erscheinungen vor Berliner Professoren mitttelst Versuchen vorzuzeigen und tatsächlich mit gutem Erfolge zu beweisen, so könnte die Veröffentlichung meiner Aufsätze wieder aufgenommen und fortgesetzt werden.
Dies alles weiß der Leser größtenteils bereits und ich wiederhole es bloß des Zusammenhanges halber. Ich nahm die Aufforderung an, vielleicht etwas vorschnell, und besuchte nun die Herren Professoren der Naturwissenschaften der Reihe nach, um ihnen die (---54---) Sache mitzuteilen und sie zu wohlwollender Teilnahme einzuladen. Es waren meist Bekannte und Freunde von dreißig Jahren her, die mit mir grau geworden. Sie schenkten mir die freundlichste Aufnahme und erwiesen mir jede wünschenswerte Gefälligkeit; doch eins mußte ich immer mit Befremden gewahren: ein gänzliches Stillschweigen über das Od und alles Zugehörige. Fing ich selbst an, daran zu streifen, so fühlte ich sogleich, daß ich eine Saite anschlug, deren Klang nicht gefiel. Man brachte die Worte Od und Sensitivität mit sogenanntem animalem Magnetism und Mesmerism ins Gemenge und da war denn jede Teilnahme an ihrem Ende. Lang vergangene Jahrzehnt hatten sie verurteilt, und an den Toten soll man nicht rühren. Oft genug sagte ich den Herren, daß meine Bestrebungen damit zunächst nichts gemein haben, daß es sich bei mir durchaus nur um eine rein physikalische Behandlung der aufgefaßten Gegenstände handle. Ich bestrebte mich, ihnen auseinander zu setzen, daß die odischen Erscheinungen in der Physik fußen, daß es sich vor allem für meine Untersuchungen nur darum handle, dieselben von dem ihnen angehängten irrigen und falschen Beiwerke zu befreien, den reinen physischen Bestand ins Licht zu setzen und damit wissenschaftlichen Boden zu gewinnen. Ich empfing auf jede ähnliche Ansprache nur ausweichende Erwiderungen. Damals noch nicht, wohl aber heute sehe ich ein, daß es jetzt Zeit gewesen wäre, mich nach dem Dampfwagencourse zu erkundigen. Ich vertraute aber auf die Schwerkraft meiner Beweismittel, auf die Liebe dieser Herren zu ihrer Wissenschaft als solcher, auf die Konsequenz ihrer Urteilsweise, und blieb. Und dieses Bleiben zog einen Aufenthalt in Berlin von neun Monaten nach sich.
Zugestehen muß man, daß Mesmer gleich in die ersten Keime hierhergehöriger Dinge viel Übles gelegt hat. Er selber war auf keine Weise der Erfinder eines Systems. Die Wirkungen des Handauflegens, Streichens u. dgl. zu Heilzwecken sind durchaus nicht seine Entdeckung. Er fand sie als uralte Tradition in der untern Bevölkerung von Wien, wo der Arzt war, vor, und auch diese besaß sie nicht als Eigentum, sondern hatte sie von ihrer orientalischen Beimischung von Naizen, Bulgaren, Griechen, Serben und Türken, die zahlreich in Wien aus- und einziehen, (---55---) überkommen. Unter diesen Morgenländern ist solches Heilverfahren von den Zeiten des Altertums her bekannt, und wir finden schon in der Bibel Beschreibung und Anwendungen davon, namentlich in der Lebensgeschichte Christi. Die Beziehungen zum Magnet, welche Mesmer hervorgehoben hat, und denen er bei Weitem zu viel Gewicht beilegte, sind durchaus nur Nebensache, und man hat aus meinen Untersuchungen gesehen, daß Kristalle, chemische Aktion, Schall, Elektrizität etc. ganz dasselbe und mehr leisten als der Magnet, und folglich von einem tierischen Magnetismus im Sinn einer eigenen Kraft, als einer ganz irrigen Vorstellung Mesmer's überhaupt gar nicht die Rede sein kann. Hat er nun ärztlichen Geldgewinnes halber seine Sache mit einer Charlatanerie umhängt, so ist es nicht Sache unserer Zeit, ihn darum zu verdammen, und würdige Männer wie Punségur, Petetin, Graf Barbarin haben als seine Nachfolger die Fehler Mesmer's durch schätzbare Entdeckungen vielfach wieder gut gemacht. Es ist der Gang jeder Wissenschaft, daß sie durch Fehler zur Wahrheit aufsteige. Und hat die Generation vor uns ihn wandeln müssen, so haben Männer wie Oken, Kiefer, Wohlfahrt, Kluge, Hufeland u.a. mit dem besten Willen für das Wahre und Gute dennoch demselben Schicksale verfallen müssen. Vielen Unschätzbare haben sie geleistet, viele frühere Irrtümer beseitigt, viele neue nützliche Beobachtungen uns vererbt, dennoch aber mußten sie, Ärzte mit mangelhaften physikalischen Kenntnissen, in Mißgriffe anderer Art geraten und haben dadurch, wie seiner Zeit Mesmer, so sie in ihrer Periode ihrem Gegenstande empfindlichen Schaden und Verruf zugefügt. Aber wo hätten jemals die verborgenen Elemente tiefer Naturwahrheiten allzugleich auf den ersten Angriff den Schleier ohne Vorbehalt sich lüften lassen? Und folglich, wo hat die falsche Behandlung, welche irgend einem wissenschaftlichen Gegenstand wiederfahren, jemals berechtigt, ihn selbst zu verwerfen, deswegen weil einige Irrende seiner Erkenntnis durch falsche Behandlung Schaden zugefügt haben? Herr Ehrenberg glaubte mich zu belehren, indem er mich ohne Unterlaß versicherte, Dinge wie das Od, das doch zuletzt nichts anderes als der tierische Magnetismus sei, seinen schon hundert und hundertmal dagewesen und eben so viele hundertmal als Chimäre wieder verworfen worden. (---56---)
Sie kommen von Niemandem als von eitlen und kranken Leuten, hysterischen Frauenzimmern, den Sensitiven, her, versicherte er mich ins Angesicht, die weder beobachtungs- noch urteilsfähig, und deren Wahrnehmungen absolut unzulässig seien, solche Leute könne man aussagen machen, was man wolle usw. - Es wäre doch seltsam, wenn einem halben Dutzend Professoren und ihrer Verblendung zulieb die halbe Welt sich in lauter Lügner verwandelte, und ihre Lügen alle und in allen Zeiten und Orten gleichlautend ausfielen. Reden der Art sind abgeschmackte Gemeinplätze, die man aus solchem Munde nicht mehr hören sollte. - Darum, sprach er weiter, sei all derlei nichtswürdig und müsse bei jedem neuen Auftreten so schnell und so nachdrücklich als möglich niedergeschlagen werden. Er bedaure mich in der falschen Richtung, die ich mit so viel Beharrlichkeit verfolge. Ich umgekehrt, ich gestehe, ich bedaure ihn. Das sind die Worte jenes mangels an gründlicher Einsicht in diesen Dingen, der bei jeder Gelegenheit schon so viel Übel angerichtet hat. Herr Ehrenberg dreht sich, wie man sieht, in den Vorstellungen des verflossenen halben Jahrhunderts, aus denen er nicht herauskommt, um sich zu der erhellteren Jetztzeit zu erheben. Wenn ein Landschulmeister so gesprochen hätte, so würde ich ihn vielleicht bewundert haben; aber Herr Professor Ehrenberg an der Universität Berlin? …. Der Tierische Magnetismus ist nicht das Od, wie er bei seiner bedauerlichen Beschränktheit in diesen schwierigen Dingen sich vorstellt; er ist nur die Anwendung eines einzelnen Zweiges des Odes in der Heilkunde. Das bitte ich ihn, sich zu merken. So lange er dies nicht tut und in nebliger Verwechslung der Begriffe fortfährt, geht ihm alle Urteilsfähigkeit hier ab.
Wenn eine Vorstellung in der Gesellschaft durch lange Jahrzehnte, trotz aller Ausweisung, hundert und aber hundertmal mit Herrn Ehrenberg wieder auftaucht und dies in den verschiedensten, mitunter seltsamsten Formen, gewährt dies einen Beweis für ihre innere Hohlheit? Auf seine Weise: Gerade im Gegenteil gibt sich in deren Unvertilgbarkeit ihr zäher Lebenskern zu erkennen. Er kann, vielleicht in die schwierigsten Verwicklungen eingehüllt, nichtsdestoweniger von um so festerem Bestande sein, je mehr er den derbsten Angriffen dauernden Widerstand leistet. Nichts (---57---) kann unüberlegter, törichter sein, als das Unerforschte kopfüber über Bord zu werden, wie jetzt in Berlin die Kathederweisheit tut. Eben weil es unerforscht ist, weil es rätselhaft der Aufdeckung sich entwindet, gerade darum wird es würdigerer Gegenstand der Verfolgung, der Festhaltung und der Untersuchung, als das flache Alltägliche.
Es saß im Juni des Jahres 1853 A. v. Humboldt an der Königl. Tafel zu Berlin. Nächst ihm befand sich General Bertrand und Generallieutenant Graf v. Lüttichau. Letzterer ermächtigt mich, unter Berufung auf seine Person und seinen Namen, ein paar Worte aus Humboldt's Munde öffentlich mitzuteilen. Bertrand hatte das damals frische Tischrücken und ähnliches zur Sprache gebracht, und als die Unterhaltung eine Zeitlang darüber gerollt, schloß Humboldt sie mit den Worten: "Die Tatsachen stehen unleugbar, die Erklärung leibt die Wissenschaft schuldig." So Herr Ehrenberg und so v. Humboldt, beide in Berlin. Man hat dem Letztern vielfach ganz andere, ungereimte Reden in den Mund gelegt, je nach der Partei der man dienen wollte, obige aber ist eben so genau, als des ausgezeichneten Naturforschers würdig, der nicht Tatsachen blind leugnete, weil sie für den Augenblick unbequem, weil unerklärlich waren, sondern der den Beruf der Wissenschaft anerkannte, Erklärung zu suchen und ihre Bedeutung zu zeigen.
Wenn erhitzte Enthusiasten seit bald hundert Jahren her durch blinden Eifer der Wahrheit schadeten, wahrhaftig so schadeten zu allen Zeiten blinde Leugner am Tage liegender Tatsachen nicht weniger. Die Einen betrogen das öffentliche Urteil, die Andern bestahlen es um erworbenen Gewinn.
Die Kritik hat ihr berechtigtes Gebiet, innerhalb dessen sie wohltätig und eine Schutzwehr gegen Übereilung und Irrtum ist; aber darüber hinaus soll sie nicht ausgreifen; sie ist nicht befugt, sich der Inkonsequenz und einer rohen Parteimacherei zum trügerischen Werkzeuge herzuleihen; sie soll nicht mißbräuchlich der aufkeimenden Wahrheit den Weg mit Dornen sperren. Dies ist es, was gegenwärtig der Lehre vom Ode widerfährt. Armselige Polemik ist zu allen Zeiten die mißbrauchte Waffe derjenigen gewesen, deren Talent nicht bis zur schaffenden Thetik reichte. (---58---)
Wem Gelassenheit und freies Gemüt genug zu Teil geworden, über diese Gegenstände das Beste zu lesen, und so viel Bescheidenheit geblieben, sich zu einem folgerechten, klaren Urteile zu erheben, der wird überrascht sein, zu finden, daß die Verwirrung und der Hader viel weniger von den blinden Enthusiasten, als umgekehrt vielmehr von denen herrührt, welche mit störrigem Übermute die Sachen zu untersuchen fort und fort sich weigern, und dennoch mit nicht minderer Leidenschaft als jene die handgreiflichsten Tatsachen leugnen.
Wenn man in die Geschichte dieser Dinge eindringt, so liest man auf jedem Blatte, wie die Kenner des Mesmerism überall und nun seit fast einem Jahrhunderte von den Leuten, die naturwissenschaftlicher Kenntnisse mächtig sind, bei jedem Konflikte überwältigt worden sind. Geschah das, weil diese die Sache besser verstand? - Bei weitem nicht, im Gegenteil, sie verstanden fast in allen vorgekommenen Fällen so viel wie gar nichts davon, wie dies noch zu dieser Stunde in Berlin der Fall ist. Aber sie errangen trotz ihrer Unwissenheit durch das Übergewicht ihrer anderweitigen Kenntnisse und in deren Folge, kurzweg durch die Autorität und das Gewicht ihrer Namen im Publikum einen falschen Sieg, den ihnen die Zeit entreißen wird. Es besteht hier ein merkwürdig unglückliches Mißverhältnis: Diejenigen einerseits, welche sich den mesmerischen Gegenständen, besonders dem daraus entwickelten Heilverfahren widmen, sind in der großen Mehrzahl gründlicher naturwissenschaftlicher Kenntnisse bar; andererseits Jene, welche der Naturkunde mächtig sind, verstehen in ihrer Voreingenommenheit schon von vornherein kein klares Wort von sog. tierisch-magnetischen Dingen, geschweige von Od. Und indem gleichwohl die Naturwissenschaftlichen, trotz Ignoranz, seit so langen Jahren überall das Übergewicht behauptet haben, so sieht man nicht ohne Überraschung ein neues Beispiel von dem, was die Weltgeschichte so oft dargetan, daß ein ganzes Jahrhundert lang die Unwissenheit den Sieg über Wahrheit behauptet hat. Die Einen verstanden Mesmerismus ohne Naturkunde, die andern Naturkunde ohne Mesmerismus.
Daß aus einem solchen Mißverhältnisse nur Verwirrung hervorgehen kann, wie wir ihr täglich auf dem Wege begegnen, ist (---59---) für sich klar. Jede Partei schaut die andere verächtlich an, und keine ganz ohne Grund. Längst wäre man aus Mißverständnis und Streit heraus, längst würde einverständlichen und friedlichen Untersuchungen die Bahn geebnet sein, wenn nicht gerade die auf diesem Felde Unwissenden, die Professoren einer unserer wichtigsten und tonangebenden Universitäten, Berlins, einer gründlichen Untersuchung mit einer Selbstüberschätzung und Hartnäckigkeit sich entgegenstemmten, die ihnen in den Augen aller Freunde der Aufklärung wenig zur Ehre gereicht. Diese sind es, welche durch ihr Benehmen so wenig zur Aufhellung der schwebenden Frage als zur Aufklärung durch Wiederlegung, sondern nur zur Anschürung von Verwirrung und aller davon ausgehenden schädlichen Auswüchse beitragen. Sie sind so ganz verrannt in gewisse abgeschmackte vorweltliche Vorstellungen von Animalmagnet, von Charlatanism und von betrügerischen Vorspiegelungen bezahlter Figuranten, daß sie sich gar nicht mehr herauszufinden wissen zu einer gefunden Anschauung der vorliegenden Tatsachen.
Diese Herren befinden sich heute noch auf dem Pfade, den erst alle Lehrlinge wandeln, gleich ihnen und mit dem großen Haufen, zu welchem sie in dieser Angelegenheit gegenwärtig zählen, vermeinte einst auch ich, dieselben Dinge verlachen zu können. Als ich aber mir die Mühe gab, sie zu untersuchen und Einsicht darin zu gewinnen, sah ich meinen törichten Irrtum, meine blinde Voreingenommenheit für das Schwarzwerk der unwissenden Menge ein, und gelangte zur Erkenntnis der unermeßlichen Wichtigkeit der Wahrheiten, welche die Natur hier verborgen hält.
Was nun immerhin schon Mesmer an einer guten Entwicklung verfehlt, was viele seiner Nachfolger Irriges und Verwirrendes in ihre Sache hineingebracht, was irgend die Jetztzeit Krauses darein gemengt haben mag, - es ist durch die Versuche, die ich vorgezeigt, meines Dafürhaltens klar bewiesen, daß den bis jetzt von der Unkenntnis so verächtlich und übermütig behandelten Erscheinungen, wie undurchsichtig sie auch bisher immerhin gewesen sein mögen, gleichwohl zwei sehr gewichtige neue Wahrheiten zu Grunde liegen, und zwar, um mich aufs dichtest auszudrücken:
1. eine Reizfähigkeit der Lebenden, die Sensitivität, für
2. ein Dynamid, das bisher unbekannt geblieben, dass Od. (---60---)
Dies ist in nuce Dasjenige, zu dessen gründlicher Erforschung beizutragen ich mir zur Aufgabe gemacht, für dessen Anerkennung in der naturwissenschaftlichen Welt ich seit einer Reihe von Jahren bemüht gewesen, für dessen Auseinandersetzung ich Bücher verfaßt, und für dessen Beweis und Behauptung ich meine besten Kräfte zwei Jahrzehnte lang eingesetzt habe.
Wenn Ärzte einige Kranke mit Strichen geheilt haben, wenn magnetische Künstler Krämpfe, Katalepfen, Somnambulismus mit Willkür hervorbrachten, wenn Odlicht Photographien erzeugt und Sensitive Leuchte und Schatten davon sahen u. s. w., so sollte das wenigstens in Berlin nicht "schätzbares Material" sein. Den Exakten kann es vielleicht formell noch nicht völlig genügen. Aber eben um ihnen zu genügen, blieb ich in Berlin. Ich begehrte und begehre Bürgerrecht für die odischen Erscheinungen auf dem Gebiete der Empirie und für deren Konsequenzen auf dem Gebiete der reinen Wissenschaft. Gelingt es mir auch nicht, in der Berliner Nacht hierfür den Tag anbrechen zu machen, so gibt es in der Welt der klaren Köpfe glücklicherweise mehr, in welchen gewichtige neue Naturwahrheiten noch Platz finden.
In dieser Absicht hatte ich die vier kleinen Aufsätze niedergeschrieben, wovon Herrn Poggendorff, wie schon im Eingange dieser Blätter angegeben, sonderbarer Weise nur dem Ersten Aufnahme in seinen Annalen der Physik verstattete, den andern Dreien aber sie versagte. Ich bin jedoch des Dafürhaltens, daß hierin nicht Jedermann die Ansicht des Herausgebers der Annalen teilen werden, und Ein und Anderer die Aufsätze des Lesens nicht ganz für unwert halten möchte. Ich lasse deshalb dieselben hier folgen und füge des Zusammenhanges wegen auch den Ersten wieder hinzu.
Vier Aufsätze über die Gesetze des OdlichtesTeil A nahezu identisch mit reichenbach-annalen-1861.htm
Ich lasse deshalb dieselben hier folgen und füge des Zusammenhanges wegen
auch den Ersten wieder hinzu.
ADie Dunkelkammer und die Erscheinung des Odlichtes in derselben
(---61---) bis (---68---)
Teil B (---68---)
B
Odlicht aus Kristallen, Metallen im Sonnenlichte, in der Wärme
In der vorangegangenen Abhandlung (also auch in den Poggendorff'schen Annalen Bd. CXII. S. 459) habe ich einer Anzahl schwacher Lichterscheinungen Erwähnung getan, welche im Gefolge von Molekularbewegungen mancherlei Art zum Vorscheine kommen. Ganz ähnliche Leuchten treten aber auch unter Umständen auf, bei (---69---) welchen und Molekularbewegungen nicht bekannt sind. Die Fälle, in welchen dies geschieht, sind bisweilen sehr eigentümlicher Natur und verzweigen sich tief in verschiedene Disziplinen der Physik.
Solcher Art sind zunächst Lichterscheinungen, welche die Kristalle begleiten. Ich habe durch viele Jahre kleine und große bis 25 Pfund schwere Bergkristalle in die Finsternis gebracht, sie unter die Bedingungen absoluter Abwesenheit des Lichtes gesetzt, und sie Personen von ausgezeichneter Sehfähigkeit, die schon mehrere Stunden im Dunkeln verweilt hatte (wie ich dies bereits angegeben habe), vorgelegt, und tue dies auch jetzt noch öfters. Sie gewahren alle den ganzen Kristallkörper in einer zarten Leuchte befindlich, sehr schwach zwar, aber doch so entschieden, daß sie die Konturen erkennen und an der Substanz eine gewisse Durchsichtigkeit gewahren. Sie finden, daß die Helle nicht gleichförmig über die ganze Gestalt ausgebreitet ist, sondern daß die Kanten heller leuchten als die Flächen; daß die Ecken wieder lichter erscheinen als die Kanten, und daß die Spitzen am leuchtendsten sind. Aber hier beschränkt sich die Helle nicht mehr auf die Oberfläche des leuchtenden Körpers selbst, sondern sie teilt sich der Umgebung in der Art mit, daß aus beiden Polen der Kristalle eine freie Leuchte ausströmt, die das Ansehen eines daraus hervorgehenden feinen Dunstes hat. Er gleicht vollkommen dem, welcher beim Anschlagen einer Glocke oder über einer in chemischer Tätigkeit begriffenen Flüssigkeit, wie ich schon mitgeteilt, sich erhebt. Er hat das Ansehen eines im Finstern sichtbaren Nebels, der ein Selbstleuchter ist. Der Lichtschein desselben ist am stärksten zunächst an den Polspitzen und nimmt mit der Entfernung von ihnen ab. Personen von schwachem Sehvermögen, oder wenn sie noch nicht zureichend lange im Finstern verweilt haben, sehen die Lichtausströmung kürzer, öfters nur einen Zoll lang, bei Kristallen selbst von 10-25 Pfund Gewicht; jene, welche mit reizbarerem Sehvermögen begabt sind, oder längere Zeit im Finstern verweilt haben, nehmen sie in größerer Länge wahr, 8-12 Zoll lang, in einzelnen Fällen 2-3 Fuß lang, von der Kristallspitze an in abnehmender Stärke allmählich bis zum Verschwinden. Ohne Zweifel erstreckt sich die Wirkung noch weiter, aber sie wird in ihrer Entfernung und Ausbreitung (---70---) so schwach, daß sie selbst den reizbarsten Augen endlich unsichtbar wird.
Die Lichtemanationen sieht man von allen Kristallen ausgehen, Quarzkristalle sind nicht die leuchtendsten. Versuche, die man mit großen Kalkspatkristallen anstelle, geben zwar matteres Licht, allein bedeutend heller leuchten Gipsspat und gemeiner schwarzer Schörl. Deutlich ist das Licht, das Schwerspäte und Flußspäte aussenden. Weißes Licht geben Würfel von Steinsalz. Vorzugsweise intensiv leuchtend wird von jedem Beobachteredler brasilianischer Turmalin gefunden, dessen lange und hellleuchtende Polemanationen, länger als der Kristall selbst, oftmals der Gegenstand der Bewunderung der Leute sind, denen ich sie zeige. Die Dünnesten sind verhältnismäßig die, welche das hellste Licht ausgeben. Viele kristallisierte Körper, welche ich zu verschiedenen Zeiten den Versuchen mit zahlreichen Beobachtern unterwarf, zeigen sich als an sich hell und Polleuchten aussendend; so Adular, Apatit, Granat, Diopsid, Glimmer, selbst Asbest, dann künstliche Kristalle von Kalialaun, Chromalaun; auch Kristalle von einfacher Substanz wie Jodkristalle, Schwefelkristalle, Tellurkristalle geben Licht aus. Von allen Körpern am intensivsten leuchtend werden Diamantkristalle gefunden.
Dieselben Lichterscheinungen, welche wir bei entschiedenen Molekularbewegungen beobachteten, sehen wir nun hier von festen Körpern ausgehen, von trockenen Kristallen, unveränderlich an der Luft, in und an denen uns keine Molekularbewegung bekannt ist. Wir wissen höchstens von einer latenten Bildungskraft, vermöge deren ein Kristall, der in eine geeignete Flüssigkeit gebracht wird, sich vergrößert, indem er homogenen Substanz sich auflagert. Wir können uns, nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft, nicht denken, daß mit dieser Fähigkeit - einer Art Lebenskraft des Kristalls, wenn ich mich mit andern Forschern so aufdrücken darf - irgend eine ständig andauernde Bewegung verbunden wäre:; der Stein ist uns eine regungslose tote Masse geordneten Stoffes. Mögen immerhin in ihm Kräfte von unermeßlicher Tragweite gebunden liegen, für uns wenigstens und für unsere Begriffe von Ortsveränderung seiner Molekeln ist ein Kristall von Quarz, von Glimmer, von Turmalin vollkommen regungslos. Die Quelle seiner (---71---) feinen Lichtemantation muß also hier anderswo liegen, als in Molekularbewegung.
In der Absicht, diese Erscheinungen zu variieren, brachte ich eine hohle Druse, mit kleinen Quarzkristallen dicht ausgekleidet, ins Finstere. Sie wurden und werden stets als glimmend und glitzernd von einer Menge leuchtender Punkte gesehen. Jede Kristallspitze, wie nahe sie auch beisammen sein mögen, liefert ein wohlausgesprochenes leuchtendes Pünktchen. - Zerstößt man Steinsalz und macht daraus kleine Körner, so leuchtet alles zusammen ähnlich einem weißlich glühenden Sande. Es bedarf also nicht gerade ordentlich gewachsener Kristallspitzen, auch gebrochene Kristalle leuchten von ihren künstlichen Ecken und Spitze aus hell genug.
Es kommt öfters vor, daß die Beobachter in meinem finstern Zimmer sich über die Helle der Wände wundern, welche sie in einem weißlichen Scheine gewahr werden. Sie erkennen die Geräte, Kästen, Sessel, die an den Wänden stehen, dunkel die Wände stellenweise verdecken, und sich deutlich von ihnen abgrenzen. Diese Wände sind ohne Tapeten, die Kalkwand bloß mit schwachen Farben bemalt. Der alte Kalkmörtel der Mauern ist bekanntlich nichts anderes als Sand und kohlensaurer und kieselsaurer Kalk, also kleinste Fragmente von Quarz, Kalkspat etc. Nach dem, was uns das zerstoßene Steinsalz gezeigt, müssen auch diese leuchten. Und da sie, zu Mörtel angerührt, in sehr großer Feinheit auf die Mauer aufgetragen werden, so müssen eine unendliche Menge der kleinsten Pünktchen hier alle leuchten. Es erklärt sich also hiernach der feine Lichtschein, in welchem die ganze Wand wahrgenommen wird; er ist nichts anderes, als Milliarden der allerfeinsten leuchtenden Teilungstückchen von Kristallen.
Ähnlicher Fälle hätte ich eine große Anzahl mitzuteilen, es genügt aber eine einzig oftmals wiederholte und dadurch sichergestellte Erfahrungen. Auffallend ist es auf den ersten Blick, auch Metalle selbstleuchtend zu finden. Die erste Mitteilung der Art erhielt ich von einem gebildeten Manne, der einige Jahre früher krank gelegen hatte. Ihm gegenüber befand sich eine Flügeltür. Wenn er schlaflos lag und die Nacht recht tief finster war, so fiel es ihm auf, daß er gegenüber immerfort etwas sah von der Gestalt (---72---) wie eine großer Kartenfünfer, drückte er sich aus, vier Flecke ins Viereck gestellt und in deren Mitte einen einzelnen. Er erkannte deutlich, daß sie durch einen eigentümlichen Schein sich die ganze Nacht hindurch bemerkbar machten. Als der Tag kam, überzeugte er sich, daß dies die vier Angeln beider Türflügel und in der Mitte das Türschloß mit dem Drücker waren. Sie bestanden alle aus Messing. Viele Nächte, solange er schlaflos krank lag und Finsternis hatte, beschäftigte er sich mit dem leuchtenden Fünfer, der beständig vor ihm stand, während er im ganzen Zimmer sonst nichts zu sehen vermochte. Es war also das Metall, das eine feine Leuchte von sich gab, die nur bei langem Aufenthalte in tiefer Finsternis sichtbar wurde. - Dies veranlaßte mich, auch andere Metalle zu prüfen. In den Zimmern, die ich verfinstert habe, hängt eine 2 Fuß im Durchmesser große Kugel von getriebenem Eisenblech frei in der Luft an einer Seidenschnur. Die Beobachter sitzen gewöhnlich auf einem Sofa der Kugel gegenüber, 4 - 5 Schritte von ihr entfernt. Es ist selten, daß ich nicht im Laufe der Zeit einer Sitzung gefragt werde, was dann für eine große runde Scheibe gegenüber sei, die sich durch ihre Helle bemerkbar machen? - Hat Jemand goldene Fingerringe an der Hand, so werden diese immer früher wahrgenommen, als die Hand selbst. - Auf dem Tische liegen allerlei Geräte von Kupfer, Silber, Stücke von Wismut, Zinn, Zink, Antimon, Blei, Platin; alle diese Körper werden im Finstern früher oder später wahrgenommen, sie emanieren also alle Spuren von Licht, und dies, wenn auch überaus schwach, doch hinreichend, um geeigneten Augen mit zureichender Deutlichkeit wahrnehmbar zu werden. Ich habe in ein Kästchen alle selteneren Metalle, die ich zu erlangen vermocht, in Glasröhren neben einander geordnet. Wenn ich sie vorlege, so gewahren Menschen mit schwächerem Sehvermögen nur einige davon; besser Sehende gewahren deren mehrere; gut Augen sahen die ganze Reihe und jedes einzelne Glied darin durch das Glas hindurch. - Alle Metalle also, ohne Ausnahme, sind Selbstleuchter. --Wie hat man sich das zu erklären? Sind metallische Körper, positive Alkalimetalle wie negatives Arsen, Tellur, Molybdän, Graphit ihrer Metallität an sich wegen vorzugsweise leuchtend, oder sind eis es, weil sie alle mehr oder minder kristallinische Struktur haben? Sind Metallleuchten (---73---) unter der Kategorie der Kristallleuchten zu subsumieren? Ich weiß es nicht, aber so viel scheint sicher, daß ihr Licht nicht von einer uns irgend bekannten Molekularbewegung herkommen kann.
Aber finden, wenn man dieser Art Lichterscheinungen emsig nachgeht, noch andere wahrhaft merkwürdige Manifestationen davon statt, ich wage es, den Leser nur noch mit Einer aufzuhalten. Die Einrichtung, die ich zu ihrer Beobachtung getroffen habe, besteht aus drei an ineinander stoßenden Zimmern, die all sogleich zu finstern sind, sowie ich dessen bedarf. Ein viertes, das daran anstößt, genießt den Sonnenschein. In dem mittleren, finsteren arbeite ich gewöhnlich mit meinen scharfsehenden Freunden. Die Türen vom hellen Zimmer in das erste verfinsterte und von diesem in das zweite verfinsterte, wo wir und befinden, sind auf Mannshöhe fein durchbohrt und mit einer lichtdichten Einlaßvorrichtung für einen schwach federkieldicken Eisendraht versehen. Diesen stecke ich nun so hindurch, daß er ins helle immer beiläufig 1 1/2 Klafter hineinreicht, von da durch die Türe ins erste finstere Zimmer, dann wieder durch die Türe ins zweite verfinsterte Zimmer noch eine Elle weit hineinreicht, und hier frei in der Luft stumpf endigt. Der Draht geht also vom ersten Zimmer durch beide Türen des Finstern Mittelzimmers bis in das dritte, das finstere Arbeitszimmer. In dieser Zurichtung wird der Drahte, als Eisen, zwar wahrgenommen, doch so schwach wie alle anderen Metalle, was wir in Betracht des bevorstehenden Versuchs, und so lange der Draht im Schatten liegt, vernachlässigen und unbeobachtet lassen können. Wird nun aber, auf ein verabredetes Zeichen durch eine Gehilfen, der Draht im ersten Zimmer in den Sonnenschein gerückt, so ändert sich der Zustand desselben. Nach Verlauf von einigen Sekunden kommt an der Durchgangsstelle des Drahtes durch die Türe Licht herein. Der Draht wird sichtbar, wie fein weißglühend; die leuchtende Stelle rückt behende an dem Drahte fort, und bald ist das hereinragende Stück seiner ganzen Länge nach in einer Art glutähnlichen Zustandes. Unverweilt folgt hierauf in derselben Weise eine leuchtender Dunst, der den Draht daumendick umhüllt, und entlang an ihm fortschreite, bie er seine Spitze erreicht. Nach einigen Sekunden Pause treibt er zur Spitze des Drahtes hinaus einen zarten Strom von Lichtnebel, der etwa zwei bis vier Zoll lang in der Richtung (---074---) des Drahtes herausfließt, wie bei den Kristallspitzen. Das Licht ist weiß, und dauert unverändert so lange fort, als das andere Drahtende im Sonnenschein liegt. Wenn nur eine leichte Schleierwolke unter der Sonne hinwegzieht und ihren Strahl etwas schwächt, hört die Lichterscheinung im finstern Zimmer auf. Ebenso verschwindet sie alsbald, wie man den Draht in den Schatten zurückführt.
Wenn diese Erscheinung an sich schon auffallend genug ist, so erhält sie einen noch erhöhten wissenschaftlichen Reiz unter mannigfaltigen Abänderungen, wovon ich eine hier schildern will. Der Agentien im Sonnenstrahle, welche hier auf den Draht Einfluß nehmen können, sind es offenbar dreierlei: Licht, Wärme und äußerst schwacher Chemismus. Es entsteht nun die Frage, welchen Anteil jeder derselben an den Erscheinungen habe. In Bezug auf das Licht war es leicht, dem Versuche Abänderungen zu geben, die einige Aufklärung gewähren konnten. Ich stellte im erleuchteten Zimmer ein Glasprima von acht Zollen Länge und einem Zoll Höhe auf, brachte es in den Sonnenschein und ließ ein Farbenbild auf einen gegenüberstehenden weißen Schild fallen. Sobald ich nun den Draht ein einen farbigen Strahl, etwa den grünen bringen ließ, so kam im Finstern am andern Ende wiederum und in gleicher Weise Licht zum Vorschein, aber jetzt war es nicht mehr weiß, sondern es war grün. Ließ ich den Draht in die gelbe Farbe des Spektrums bringen, so war der Draht gelb; Wenn in rot, so rot, in blau, in violett --- blau, violett. Es ging also nicht bloß eine Einwirkung des Sonnenstrahls im Allgemeinen hier von Statten, welche den Draht so affizierte, daß der überhaupt ins Leuchten kam, sondern es hatte ein spezifischer Einfluß statt, der das Sonnenlicht selbst, wie es scheinen will oder seinen letzten färbenden Grund, an oder in dem Drahte durch drei Zimmer fortführte und am Ende noch so stark zum Ausströmen brachte, daß es mindestens noch durch mehrere Zimmer hätte weitergeführt werden können.
Was hat nun der Sonnenstrahl hier getan, hat er irgend ein Prinzip in den Draht gegossen, das nach allen Seien in ihm nach der Wärme oder Elektrizität fortfloß und nach seiner Art auf die Umgebungen sich ergoß? Oder hat der Sonnenschein selbst den Draht unmittelbar in Vibration gesetzt, und diese Vibration entsprach jedesmal dem zerlegten oder dem vereinten Sonnenstrahle? (---075----)
Kann das Licht die Materie, hier das Eisen, in Schwingungen versetzen, deren Exkursionen und Geschwindigkeiten den Schwingungen entsprechen, den es dem hypothetischen Äther beibringt? Oder hat der Sonnenstrahl den im Eisen angenommenen Äther allein in Bewegung gesetzt? und kann diese Bewegung, am Ende eines Drahtes erzeugt, in demselben sich 6 Klafter lang tatsächlich, und 12- 20 Klafter lang wahrscheinlich fortpflanzen?
Die Wärme anlangend, wissen wir schon vom Stubenofen, daß sie ihn, wenn man ihn heizt, leuchtend macht. Aber von dieser unmittelbaren Wirkung bis zu einer Fortpflanzung derselben an einem federspulendicken Körper auf sechs Klafter ist noch eine weiter Schritt. Rollt man ein Endstückchen des Drahtes, wie ich es tat, an seinem geleuchteten Teile in eine kleine Schnecke zusammen und legt diese auf eine Kohlenpfanne voll Glut, so sieht der Beobachter in der Finsternis des dritten Zimmers nach einigen Sekunden das andere Drahtende leuchtend werden. Er sieht, wie dies durch die Türe hereinkommt, und kann dem nicht allzu schnellen Fortgange der Helle mit dem Auge nachfolgen. Sogleich folgt die Dunsthülle nach, ebenfalls von der Türstelle an bis zur Drahtspitze mit meßbarer Geschwindigkeit fortschreitend und an der Spitze nach kurzer Pause in eine Ausströmung endigend. Der Draht wird rot, die Dunsthülle samt der Endströmung gelb. Beides hört auf, so wie man die Drahtschnecke von der Kohlenglut abhebt, kann aber beliebig oft wiederholt werden. Beim Entweichen sieht man zuerst die Endauströmung verschwinden. Dann zieht die Dunsthülle langsam gegen die Türstelle zurück, zuletzt erst sinkt die rote glutähnliche Leuchte zusammen, alles nicht gleichförmig verblassend, sonder so wie es ankam, ebenso am Drahte fort sich gegen seinen Ursprung hin zurückziehende, eines nach dem andern.
Die Wärme wirkte also hier übereinstimmend mit den Sonnenstrahlen. Sie lieferte die Lichtentwicklungen auch gleichfarbig mit der Erzeugungsquelle, rot und gelb wie die glühenden Kohlen. Kann aber die Wärme, soweit wir ihr Wesen zu kennen glauben, von der mäßig erhitzten Stelle an einem zwei Linien dicken Eisendrahte sich fortpflanzen auf 36 Fuß Länge? Gewiß nicht; im Abstand von drei bis vier Spannen wird keiner unserer Instrumente ihre Gegenwart mehr nachweisen. Ist es das wenige Licht, das (---76----) die Glut ausgab? Schwerlich; denn die Intensität der Lichterscheinung war in der Finsternis vom schwach leuchtenden Kohlenbecken her eben so stark, wie von dem heftigen Sonnenstrahle. Kommt die schwache chemische Tätigkeit in Betracht, welche über den Kohlenden Eisendraht kaum anlaufen machte, oder die der brennenden Kohlen selbst, welche sich dem Drahte möglichen Falls teilweise mitteilte? Und wenn dies, konnte die Wirkung dieses Chemism sich auf sechs Klafter hinfort an einem schwachen Drahte erstrecken, ja das Bestreben verraten, dan demselben hin noch viel weiter fortzuströmen? Was ist es also, das die rätselhafte Leuchte durch drei Zimmer fortfließen machte bis in die Finsternis und dort noch so große Wirkungen hervorbrachte?
Ob endlich der chemische Sonnenstrahl und was darüber hinausliegt hierher bezügliche Wirkungen ausüben könne und leuchtend werde wie bei der Fluoreszenz, müssen wir vorerst dahin gestellt sein lassen.
Wie dem Allem immerhin sei, wir haben hier gesehen, daß dieselben Lichterscheinungen, wie wir sie als Folge aller Molekularbewegung kennen lernten, auch bei den Kristallen, bei Kristallfragmenten, bei den Metallen, dann bei den Sonnenstrahlen und bei der Wärme stattfinden und sich an drahtförmigen Körpern weithin wie flüssig fortleiten lassen, teils in Fällen, teils in einer Weise, in welcher uns keine Molekularbewegungen im gewöhnlichen Sinne des Worte bekannt sind, denn hypothetische Ätherschwingungen sind noch keine Molekularbewegungen. Also nicht der Molekularbewegung allein kommt die Erzeugung jenes schwachen Lichtes zu, sondern sie wird auch noch von andern davon sehr verschiedenen Naturtätigkeiten bewirkt, deren Beschaffenheiten für unsere Erkenntnis vorerst noch in Dunkel gehüllt sind.
(---77---)
Teil C
C *)
Odische Polarisation. Spektralfarben im Odlichte, Leitbarkeit, Verladbarkeit des Odes in seinem Lichte wahrnehmbar
Ohnlängst habe ich auseinandergesetzt, daß der Sonnenstrahl in Metalldrähten Zustände hervorruft, vermöge deren sie ihrer Länge nach auf unbestimmte Erstreckung im Finstern leuchtend werden, und daß diese leuchten, wenn sie durch die Regenbogenfarben des Sonnenlichtes erzeugt werden, die verschiedenen Farben desselben annehmen. Allein nicht bloß durch solche Einimpfung fremden Lichtes werden die Körper farbig leuchtend, es kommen der Fälle viele vor, wo auch das schwache Licht, das sie aus sich selbst konnten ausgeben, in Farben erscheint. Dies geschieht überall, wo die Körper mit Polen ausgestattet sind.
Lege ich einer mittelmäßig sehkräftigen Person in absoluter Finsternis, in welcher sie einige Stunden zuwartend verweilt hat, einige wohlausgebildete Kristalle von mehreren Pfund vor, etwa große Bergkristalle, Gipsspäte oder Flußspäte, Schörle, so sieht sie von beiden Polen derselben etwas in der Richtung der Hauptachse hervorströmen, das sie mit graulichem Dunste vergleicht. Sie findet hieran keinen Unterschied als den, daß die Strömung von der einen Seite etwas matter leuchtend ist, als von der andern. - Lege ich dieselben Gegenstände einer Person vor, welche größere Stärke des Sehvermögens besitzt, so sieht sie zwar ebenso denselben leuchtenden Dunst von den Polen in entgegengesetzter Richtung ausströmen, aber sie gewahrt ihn in größerer Ausdehnung, sowohl länger als auch breiter und es wird klar, daß von der Person mit schwächerer Sehkraft ein Teil des Lichtes, als all zu schwach für ihr Vermögen, nichtmehr wahrgenommen worden war. Aber über diese Vergrößerung hinaus wird sie der Helle auch in größerer Lichtstärke gewahr, sie erkennt den Vorgang nach jeder Richtung in größerer Intensität ihres Lichtes. - Bis hierher reichen schon frühere Mitteilungen, deren Wiederholung hier nur zur Einleitung nötig ist.
*) Sollten die Versuche, welche ich auf diesem Felde angegeben, irgend auf einer Universität oder Academie nicht befriedigend gelingen, vielleicht weil ich sie nicht umsichtig genug geschildert hätte, so bin ich gerne erbötig, bei guter Jahreszeit auf Wunsch hinzukommen und die zu leiten. Vorausgesetzt, daß der Ort auf der Eisenbahn erreichbar und nicht allzuweit entfernt sei. R.(---78---) Hierbei wird nun von der besser sehenden Person eine weitere Erscheinung beobachtet, die im Auftreten von Farben besteht. Die Polarleuchten der Kristalle zeigen sich ungleich. Die Eine, welche die schwächere Person matter an Helle erklärt hatte, erkennt die stärkere als blau, die lebhafter leuchtende aber findet sie mit rotgelber Farbe angetan. Wir kommen also hier die derselben Erscheinung an, welcher wir bei dem Spektrallichte begegnet waren, einem klar ausgesprochenen Farbenunterschiede des Lichtes, je nachdem es von verschiedenen Quellen ausgeht.
Die Pole der Kristalle, an denen uns eine fortdauernde Tätigkeit solcher Art früher unbekannt war, erinnert zunächst an den Magnet, von welchem uns gewisse Bewegungserscheinungen nicht mehr neu sind. Wir wissen, daß wenn man magnetisierte Stahlstäbe in gewisser Weise unterstützt, sie in ein freiwilliges und fortdauerndes Tönen geraten. Mit dem Magnetismus sind also doch, so starr er erscheint, gewisse Bewegungsvorgänge verbunden. Lege ich nun einen Stabmagnet im Finstern sehkräftigen Personen vor, so gewahren sie alle von den Polen ganz ebenso leuchtende Emanationen hervorströmen, wie von den Kristallpolen. Der eine Pol sendet blaue Leuchte aus, der andere rötlich-gelbe. Folge ich nun dieser Spur durch die mir schon bekannten andern Lichterscheinungen, so werde ich bald inne, daß sie alle, wo sie von irgend polaren Zuständen ausgingen, den hier beobachteten Farbendualismus besitzen. Eine offene voltaische Säule emaniert an dem einen Pole rotgelb, am andern blau. Auffallend und merkwürdig ist dies gewiß am Organismus, also zunächst am Menschen. Während von seinen linken Fingern, seinen linken Zehen rötlich-gelbes Licht ausströmt, steht seine Rechte in bläulicher Leuchte; seine beiden Gesichtshälften, sein ganzer dualer Leib steht mit gelb und blau im polaren Gegensatze. Ganz ähnliche Wahrnehmungen machen wir an Pflanzen; über ihre Organe sind farbige Lichtausströmungen verteilt. Der Caudex descends verhält sich rötlich zum bläulichen Caudex ascendes. Hier ist es also nicht mehr bloß die Molekularbewegung, welche wir überall mit Lichtausgabe verbunden sahen, sonst müßten rechte und linke Hände, in welchen wohl gleiche mechanische Blutbewegungen, gleiche chemische Geschäfte, gleiche Assimilations- und Sekretionstätigkeiten vor sich gehen, mit (---79---) gleichem Lichte leuchten; indem wir sehen, daß dies nicht der Fall ist, werden wir darauf hingewiesen, diese polaren farbigen Leuchten als unter dem Gebote höherer Kräfte stehend, erkennen zu müssen, die zur Zeit unserer Erkenntnis sich noch entziehen.
Ziehe ich endlich Menschen von höchstem Sehvermögen zu diesen Versuchen, so erkennen diese in den rotgelben und blauen Leuchten selbst wieder innere Unterschiede. Ich stelle einen Kristall oder bequemer einen starken Hufeisenmagnet, der etwa 100 Pfund Tragkraft hat, vertikal so auf, daß seine Pole aufwärts gegen die Zimmerdecke gerichtet sind. Von beiden steigen blasse leuchtende Dunstsäulen auf, die sich bis zum Plafond erhoben, die eine rotgelb, die andere blau. Aber innerhalb dieser beiden allgemeinen Farben bildet sich eine Art von sekundärer Iris aus. Unten zunächst dem Stahle sind die Nebel über beiden Schenkeln mehr rörhtlich; dies geht aufwärts in gelb über; in einiger Höhe macht sich grün geltend; dies geht in blaßblau, sofort in dunkelblau über und oben, dem Plafond nahe, bildet sich violett, endlich grau aus. Diese Erscheinungen werden immer so beobachtet, daß die große feine Iris über jedem der beiden Magnetpole in gleicher Weise steht, auf dem einen wie in einem rötlichen Nebel gehüllt, auf dem andern wie von bläulichem Dunste durchdrungen und umfangen. Dieses regenbogenfarbige Licht geht nicht bloß von wirklichen Stahlmagneten aus, sondern auch von gewöhnlichen Eisenstäben, sobald man sie nur in den magnetischen Meridian legt. Am lebhaftesten bilden sich die Farben aus, wenn man einen Magnetstab in der Richtung des Meridians unter die Luftpumpe bringt, wozu eine jede schwebende Nadel dienen kann. Sowie die Luft ausgepumpt wird, steigt mit jedem Kolbenzug die Intensität der farbigen Lichtemanation; doch geht diese nicht über eine gewisse Grenze, nämlich nur bis zu 4 Zoll Barometerhöhe, über welche hinaus die Lichtstärke wieder abnimmt. Unmöglich kann man sich hierbei der Erinnerung an die elektrischen Spektralerscheinungen in verschiedenen Luftarten und bei verschiedenem Luftdrucke entschlagen und die Zukunft wird lehren, welcher Rapport zwischen beiden sich so sehr ähnlichen Phänomenen stattfindet, worüber ich mich hier vorerst nicht weiter verbreiten kann.
Genug, diese Leuchten sind nicht bloß grau und trüb, sie gewinnen (---80---) in gut sehenden Augen Lebhaftigkeit und Farben; sie zeigen sich an entgegengesetzten Polen von Magneten, Kristallen, Pflanzen und Tieren rotgelb u blau, verfallen also den Gesetzen der Spektralpolarität, und bilden sich endlich gänzlich zur Iris aus.
Wie nun diese Farben von der Polarität der Körper bedingt werden, so werden sie es endlich auch von der verschiedenen Natur der Körper selbst unmittelbar. Ich habe in dieser Hinsicht sehr zahlreiche Versuche angestellt und will hier nur Bericht erstatten von dem Ergebnisse derselben an einfachen Substanzen. Es ist schon mitgeteilt, daß Metalle vorzugsweise leuchtende Stoffe sind. Aber das Licht, das sie ausströmen, ist nicht eine einfache Helle, sondern gute Augen erkennen verschiedene Körper in verschiedenen Farben leuchtend. So ergibt sich bei allen Prüfungen, die ich damit vornahm, daß Jod, Selen, Kohle, Arsen, Tellur, Osmium, Wismut, Quecksilber, Rhodium, Nickel, Eisen, Titan, Kupfer, Zink, Natrium und Kalium in verschiedenen Schattierungen rot; Zinn, Cadmium, Silber, Gold, Platin, Antimon mehr oder minder Weiß; Chrom grünlich; Blei, Kobalt, Palladium, Iridium, Schwefel blauleuchtend wahrgenommen werden. In dieser Reihe ist noch keine Ordnung zu erkennen, allein es genügt hier vorerst, daß die einfachen Körper überhaupt konstant Licht von verschiedener Farbe ausgeben.
Bis hierher haftete dessen Grund an der Materie und an den inneren Vorgängen in derselben, von denen es unmittelbar erzeugt wurde. Nun gelangen wir zu Farbebewegungen ganz eigentümlicher Art. Wenn ich einen indifferenten Körper, etwa ein Stückchen Holz von halber Faustgröße, rundlich und ohne scharfe Ecken zugerichtet, auf einen spitzigen Körper stecke, allenfalls auch wieder auf einen hölzernen Stift, so daß er mit nichts anderem in Berührung ist als mit diesem Träger und stelle ihn unmittelbar vor den Pol eines großen Kristalles, Magnetes oder vor die Spitzen menschlicher Fingern, also in den leuchtenden Strom, der von ihnen ausgeht, und lasse dieses einige Minuten andauern, so sehen gute Augen im Finstern bald, daß jener Holzkörper die Leuchte, von der er umflossen ist, allmählich annimmt, daß er sichtbar wird, und endlich anfängt, selbst zu leuchten. Man kann ihn jetzt, am (---81---) Träger gefaßt, hinwegnehmen, anderswo hinstellen und findet, daß er da lange hinfort, viertel bis halbe Stunden lang mit hellem Scheinen selbstständig fortleuchtet, in abnehmender Stärke, bis er allmählich sein Licht wieder verliert. Gibt der Mutterpol rotes Licht aus, so leuchtet die Tochterkugel ebenfalls rot; wenn blaues Licht, so blaue Leuchte. - Es geht hieraus hervor, daß die Leuchte übertragbar, verladbar, von einem Körper, der sie erzeugt, auf einen andern versetzbar ist, welcher sie nicht erzeugt, aber empfängt und auf einige Dauer aufnimmt.
Bei der Erinnerung an das, was ich ohnlängst über die Wirkung des Sonnenlichtes auf einen Eisendraht mitgeteilt habe und bei Zusammenstellung dessen mit der hier entwickelten Verladung, wem sollte nicht der Zusammenhagn auffallen, den diese Erscheinungen mit der Insolation bei der Phosphoreszenz haben? - doch ich soll der geordneten Entwickelung des Vortrags nicht vorgreifen,-
Diese Verladbarkeit gibt ein Mittel an die Hand, die einfachen Leuchten, die ein Körper ausströmt, zu verstärken. Und zwar läßt sich dies in ähnlicher Weise bewirken, wie man es beim Magnete durch Auflegung abweichend gelagerter Lamellen bewerkstelligt. Vereinigt man nämlich zwei Kristalle mit den gleichfarbig leuchtenden Polen in der Weise, daß diese gleiche Richtung haben, jedoch der eine hinter dem Andern etwas zurücksteht, so daß sie dachziegelförmig über einander gelagert sind; so zeigt sich, daß die vorderste Kristallspitze viel stärker und heller leuchtet, und daß der sichtbare Nebel viel länger und breiter strömt, als sie dies für sich allein tut. Ja man kann einen dritten, vierten Kristall in solcher Weise abweichend auflegen und mit jeder neuen Auflage leuchtet die vorderste Kristallspitze intensiver und in größerer Ausdehnung. Dieser Versuch gelingt in gleicher Weise, wenn man Magnetstäbe auf solche Weise übereinander legt. Ja man bedarf zu seiner Darstellung gar keines Instruments, die bloßen Hände reichen dazu hin. Wenn auf eine linke Hand eine andere linke Hand so gelegt wird, daß die Finderspitzen der einen um einen bis zwei Zollen hinter der andern zurückstehen, so wird die Ausströmung von der zweiten fast unsichtbar, dagegen die der ersten intensiv und extensiv fast noch einmal so stark. Es hat sich hierbei offenbar das leuchtende (---082---) Prinzip von der eine Hand auf die andere, von einem Kristall, von einer Magnetlamelle auf die darunter liegende verladen, und an der Polspitze sind beide vereint ausgeströmt.
Hierauf entsteht nun weiter die Frage, ob eine auf solche Weise übertragene Leuchte möglichen Falls vom zweiten Körper auch noch auf einen dritten übertragen werden könne? Gibt man zu dem Ende Jemandem einen fußlangen Stab, etwa von Holz, und einen schwachen Zoll beiläufig dick, bei dem einen Ende in die Hand, läßt ihn das andere Ende auf die aufgesteckte Holzkugel legen und so sechs bis acht Minuten, wohl auch kürzere Zeit anhalten, so beobachten gut sehende Personen sehr deutlich, wie der Stab allmählich von der Hand her leuchtend wird; sie sehen die Leuchte nach und nach auf die Kugel überfließen, und diese endlich gänzlich leuchtend werden, so daß sie in einen hellen Schein gehüllte ist. Man kann sie dann hinwegnehmen, gerade so wie vom Kristallpole und sie leuchtet längere Zeit selbstständig fort. Geschieht dies von der Linken Hand aus, so wird der erste und der zweite Körper rötlich leuchtend; geschieht es mit dem rechten, so bläulich.- Es ergibt sich hieraus, daß die Leuchte nicht nur verladbar ist von der Quelle auf einen andern Gegenstand, sondern daß sie auch durchleitbar ist, von der Quelle aus durch einen zweiten Körper hindurch auf einen dritten Körper.
Das Prinzip, das diesen Lichtentwickelungen zu Grunde liegt, haftet also nicht bloß an dem Stoffe, von welchem wir es ausgehen sehen, sondern es hat eine gewisse Selbstständigkeit, vermöge deren es übertragbar auf andere Körper, fortleitbar an indifferenten Stoffen ist. - Wie mag nun das zu nehmen sein? Liegt ihm etwas Materielles zu Grunde; das flüssig von einem Substrate auf das andere übergegossen werden kann, etwas so wie wir uns mitunter die Elektizität noch denken? Oder ist es ein Zustand der Materie, in welchen ein darin befangener Körper den andern mit hinein versetzen kann, etwa wie die Wärme? Sind es Schwingungen eigentümlicher Art, und welcher? - ich weiß es nicht.
Teil D
(---83---)
D
Wirkungen der odischen Pole auf einander.
Odische Natur des Erdballs.
Verschiedenheit von Magnetismus und Od
Wir wissen jetzt, daß die schwachen Lichterscheinungen, die in der Finsternis an polaren Körpern wahrgenommen werden, an dieser ihrer Polarität teilnehmen und durch sichtbare und bestimmte Farbenunterschiede dies dartun. Auf de andern Seite wissen wir längst, daß, was polare Beschaffenheit hat, in der Regel auch durch dynamische Wirkungen der Pole auf einander sich bemerkbar macht. Die Pole ziehen sich an, stoßen sich ab, gleichen sich aus u.s.w. Es liegt nahe, dem Gedanken Raum zu geben, daß vielleicht auch das Polare in diesen feinen Leuchten zu solchen Gegenwirkungen Anlage haben könnte.
Wenn man zwei Kristalle einander nähert, und dies so, daß man ihre Pole in entgegengesetzter Richtung gegen einander kehrt, so sieht man mit guten Augen im Finstern sehr bald, daß es nicht gleichgültig ist, welche Pole es sind, die man einander entgegensetzt, ob solche, die gleichfarbig blaues Licht ausströmen oder gleichfarbig rotes, oder aber, ob man ungleichfarbige, einen blauen und einen roten Pol, einander entgegensetzt. Tut man Ersteres, indem man gleichnamige Pole gegen einander kehrt, so wird man bald gewahr, daß schon in einiger Entfernung, auf einem bis zwei Fuß Abstand die beiderseitigen Lichtausströmungen an Lichtstärke verlieren, daß sie matter werden. Bringt man sie einander näher, so sieht man sie auch beide an Länge abnehmen und eben dem Maße, wie man sie mehr gegen einander rückt. Dagegen nehmen sie zu an Dicke, sie ballen sich gewissermaßen vor dem Pole, und führt man sie nun noch näher gegen einander, etwa auf einen halben Zoll Abstand und darunter, so sieht man eine Zurückstauung, vermöge deren die Lichtausströmungen scheibenförmig um ihre beiden Pole sich gestalten, und dies um so ausgesprochener, je weiter man die Annäherung treibt. Manche von den Personen, welche dies gesehen haben, vergleichen es mit einer brennenden Kerze, wenn man von oben in die Flamme bläst; sie wird kürzer aber breiter und dehnt sich zu einer Scheibe aus, wenn der Windstrom genau auf ihre Mitte geführt wird. Vereinigt man endlich beide gleichnamigen Pole, so hat alle Lichtausströmung ein Ende. Die beiden Kristalle vereinigen sich zu einem einzigen Kristalle, und die beiden (---84---) entgegengesetzt äußeren Lichtausströmungen der abgekehrten Pole werden dafür um so größer und leuchtender.
Anders ist der Hergang, wenn man ungleichnamige Pole auf einander wirken macht. Man muß dies im Meridiane tun. Schon in der Ferne von einigen Spannen gewahrt man, daß die einander entgegengeführten Lichtströme sich verlängern, einander zustreben und gleichzeitig an Dicke abnehmen, sie werden schlanker. Bringt man die Pole näher, bis sich die Lichtspitzen erreichen, so vergeht diese Verlängerung wieder, und die ursprüngliche Länge und Dicke stellt sich beiderseits her. Überschreitet man dieses Maaß der Annäherung, so fangen die Leuchten an, nicht sich zu ergreifen, sondern von einander zurückzuweichen und sich zu verdicken. Dies nimmt mit der größeren Annäherung immer zu, es bilden sich erst kugelige, sofort scheibenförmige Anhäufungen von Licht um die Pole. Wenn die Näherung nur noch zwei oder eine Linie beträgt, so geht die Anhäufung in Umstülpung über, die Leuchten strömen an ihren eigenen Polen so lange immer vermehrt fort, bis die Vereinigung beider Pole erfolgt. Jetzt wird man denken, daß hiermit die Lichterscheinungen ihr Ende haben; dies ist aber gegen alle Erwartung nicht der Fall. Die Umstülpungen hören zwar langsam auf, kehren zurück, wenden sich wieder vorwärts und treten nun als Einhüllungen auf. Die Polleuchten nehmen von dem Augenblicke der Vereinigung an wieder ihre ursprüngliche Richtung und um umhüllen den entgegengesetzten Pol mit der ihnen eigenen farbigen Leuchte. Ein rotleuchtender Pol wickelt den an ihn herangebrachten blauen in eine rote Lichthülle, ein blauleuchtender den roten in eine blaue ein. Der Lichtnebel ist so stark, daß durch ihn hindurch der eingehüllte Körper bisweilen kaum noch erkennbar ist. Macht man den Versuch mit Magnetstäben, so treten dieselben Erscheinungen mit um so größerer Lebhaftigkeit ein, je intensiver die magnetische Ladung der Stäbe oder Hufe ist. -- Es geht also hier etwas vor, das, mit dem Magnete wenigstens, vergesellschaftet, nicht aber ident mit ihm ist. Wir wissen oder glauben zu wissen, daß wenn zwei gleich starke ungleichnamige Magnetpole sich vereinigen, ihr Magnetismus sich bindet und neutralisiert; dies ist aber, wie wir sehen, nicht derselbe Fall mit den den Polen entströmenden Lichterscheinungen; wenn auch die entgegengesetzten magnetischen (---85---) Kräfte sich ausgleichen, so tun dies auf keine Weise ebenso die lichtausgebenden Kräfte, sondern sie setzen ihre Wirksamkeit mit ungeschwächter Tätigkeit fort, sie neutralisieren sich also nicht.
Man kann dies durch einen noch auffallenderen Beweis dartun. Ich habe gezeigt, wie sich das Prinzip dieser Lichterscheinung aus ihrem Quell auf andere indifferente Körper verladen läßt, so daß ein rotleuchtender Pol ein Stückchen Holz ebenfalls rotleuchtend machen kann, ein blauleuchtender blau. Schwängert man nun ein solches Stückchen erst mit rotem Lichte in der Weise, wie ich es ohnlängst angegeben habe, und setzt es dann unverzüglich der Ausströmung einen blauleuchtenden Poles aus, so möchte man denken, diese polar entgegengesetzten Einflüsse sollten sich neutralisieren, der dritte Körper sollte sein fremdes Licht einbüßen und in der Finsternis wieder so dunkel und unsichtbar werden, wie er es ursprünglich war. Die Erfahrung lehrt aber, daß dies auf keine Weise geschieht, sondern im Gegenteil wird der rotleuchtende Körper nunmehr blaurot. Er hat also rotes licht und blaues Licht zugleich und nebeneinander aufgenommen und beide gleichzeitig festgehalten.
Da ich dachte, die könnte eine Juxtaposition kleiner Teile sein, so wollte ich den Versuch noch weiter treiben, lud zwei Gläser Wasser, das Eine mit rotem Lichte, das andere mit blauem, und goß dann beide Gläser in Eines zusammen. Das Licht verschwand nicht und das gemengte Wasser leuchtete blaurot.
In einer der ersten Abhandlungen habe ich erwähnt, daß wenn man zwei gleichfarbige Hände dachziegelförmig auf einander legt, die Lichtausströmung der vorderen sich verstärkt, während die der hintern unmerkbar wird. Geschieht dies mit beiden linken oder beiden rechten Händen, so erscheint diese Verstärkung rot oder blau. Legt man aber in gleicher Weise eine linke Hand auf eine rechte, oder eine rechte auf eine linke, so wird in beiden Fällen die Lichtausströmung der vorderen Hand blaurot.
Man kann den Versuch noch auf mehrfältige Art abändern, immer kommt man bei dem Ergebnisse an, daß beide Lichtfarben von entgegengesetzten Polen der Kristalle, der Magnete, der menschlichen Finger sich nicht aufheben, sondern in der innigsten Vermengung, die wir auszuführen vermögen, nebeneinander und ineinander bestehen.
(---086---)
Es sind aber nicht bloß die einzelnen Körper, wie sie uns vorliegen, die diese polaren Lichterscheinungen geben, sondern es ist augenscheinlich der Erdball, der als Ganzes daran teilnimmt. Wenn man einen Kristall in den Meridian bringt, so daß sein blauleuchtender Pol gegen Nord gerichtet ist, so wird die Leuchte lebhaft an beiden Polen. Kehrt man ihn um, so daß der blaue Pol gegen Süde gerichtet ist, so wird die Ausströmung beider Pole matt, klein und trüb. Es ist dies der gleiche Fall, mag man einen Magnet oder eine Kristall in solcher Weise in den Meridian bringen. Wenn man selbst einen Menschen mit ausgestreckten Armen so stellt, daß sein rechter Arm mit der Hand gegen Nord, sein linker gegen Süd gerichtet ist, so strömen beide Hände lebhaft Lichtnebel aus, während man ihn umkehrt, so daß seine Linke gegen Nord und seine Rechte gegen Süde gerichtet ist, die Leuchten schwach und unscheinbar werden.
Zu dem Ende genügt es sogar schon, daß man einen leeren unmagnetischen Stab von weichem Eisen in den Meridian lege. Er wird nicht wirken mit der Stärke eine rechtsinnig in den Meridian gelegten Kristalls, Magnetstabs oder Menschenleibes, aber doch leuchtet er gegen Norden blau, gegen Süden rot, und wie man ihn immerhin umkehren möge, stets tut er das Gleich. Er ist also von den Polen des Erdballs induziert, und seine Lichtemanation ist von diesen hervorgerufen.
Ja dies geht in verwandter Beziehung so weit, daß es selbst auf das Sehvermögen der Menschen Einfluß nimmt, und ich muß hier antizipierend einschalten, daß ein sensitiver Mensch gut und deutlich sieht, wenn er mit dem Rücken gegen Süd gekehrt ist, unklar und schlecht aber, wenn dies gegen Nord geschieht.
Aus dem Vorgelegten folgt, daß die rotleuchtenden Pole dieser Gegenstände dem Nordpole und die blauleuchtenden dem Südpole der Erdkugel entsprechen. Leuchten nun die Erdpole in gleichem Sinne, so muß der Norpol rötliches, der Südpol bläuliches Licht ausgeben, und wir finden uns hier ziemlich unerwartet vor die Erscheinung des Polarlichtes hingeführt. Demnach muß der Nordpol der Erde positiv, der Südpol negativ sein.
Wenn man den Versuch macht, eine Anzahl Kristalle in eine Linie so an einander zu reihen, daß ihre blauleuchtenden Pole alle (---87---) gegen Nord gerichtet sind, und sie fest an einander anschließt, wobei dann immer die ungleichnamigen Pole sich berühren, so erhält man dadurch eine Art von Kristallensäule. Es zeigt sich dann, daß beide Endpole bedeutend heller werden, und die davon ausströmenden lichten Nebel viel länger und breiter ausfallen, als aus jedem Kristalle allein. Stellt man in gleicher Weise eine Anzahl Menschen in eine Reihe, so daß sie sich je an den ungleichnamigen Händen anfassen, so bekommt man eine Menschensäule , wovon die äußerste Linke wie die äußerste Rechte ein viel mächtigeres Licht ausströmen, als dies von einem Menschen allein erzeugt wird.
Eine Volta'sche Säule, nach Smee angeordnet, gibt am Zinkpole rote, am Silberpole blaue Nebel reichlich aus. Wird die Kette geschlossen und damit das Vorhandensein von Polen aufgehoben, so hört dieser polare Farbenunterschied auf, und die ganze Säule geht in eine mit unruhig wallenden Regenbogenfarben angetane Lichtgestalt über.
Stellt man zwei Kristallpole, einen rotleuchtenden und einen blauleuchtenden, so nahe als tunlich neben einander, die Pole nach oben gerichtet, so strömen ihre Leuchten vertikal in die Höhe, neben einander fortfließend bis zur Zimmerdecke, wenn sie stark genug sind; aber auf dem Wege dahin zeigen sie nicht die geringste Neigung, sich einander zu nähern oder sich von einander zu entfernen, sie gehen ganz parallel neben einander fort. Sie besitzen also gegenseitig weder Anziehung noch Abstoßung.
Tut man dasselbe mit einem starken Hufmagnete, beide Pole nach oben gerichtet, so sieht man dieselben parallelen Nebelströme, aber auch hier ohne die mindeste gegenseitige Einwirkung auf einander. Es ist also nicht das duale Wesen des Magnetismus, was sich hier erhebt, sondern entweder ein neutrales Produkt desselben, oder etwas koordiniertes Drittes, ganz anderes.
Wenn man den Lichtnebel von irgend einem Pole in vertikaler Richtung ruhig aufsteigen läßt und dann irgend einen flachen Körper, ein Brettchen, ein Blech, ja nur ein Stückchen Papier quer darein hält und ihn so am Aufsteigen in seiner natürlichen Richtung stört, so dringt er nicht durch denselben hindurch, sondern er biegt sich daran um und strömt an der untern Fläche des Gegenstandes fort, gerade so, wie dies eine Kerzenflamme oder jede (---88---) andere Feuerflamme tut, in welche man auf ähnliche Weise irgend einen flachen Körper bringt. Ungeachtet derselbe hierbei geladen wird, wie wir früher sahen, so übt er gleichwohl noch Widerstand genug aus, den lichten Dunst, der auf ihn zuströmt, teilweise oder ganz von sich abzuwehren, und dieser Dunst ist stofflich und derb genug, um unfähig zu sein, den ihm in den Weg tretenden Widerstand ungehindert überwältigen und durchdringen zu können.
Ich habe einen sehr großen Elektromagnet aufgestellt, 5 Zentner in Eisen und 2 Zentner in Kupferdraht schwer, die beiden Pole seiner Hufeisengestalt nach oben gerichtet. Wenn er in Tätigkeit ist, sieht man von ihnen zwei große Lichtnebelsäulen emporsteigen und sich bis an die Decke des Zimmers erheben. Dort angekommen, legen sie sich um und strömen entlang am Plafond hin, breiten sich wie Rauch aus und machen nach einiger Zeit die ganze Fläche desselben im Finstern so sichtbar, daß man die Malerei daran erkennt.
Ein Kristall oder Magnet unter der Luftpumpe senkrecht aufgestellt, und die Luft nicht tiefer als auf etwa 4 Zoll Quecksilbersäule ausgezogen, sendet einen hellleuchtenden Strom in die Höhe, der oben an die Glasglocke anschlägt, sich umbiegt und an den Wänden bis zum Teller wieder hinabströmt. Geht dies eine Zeitlang fort, so wird die ganze Glocke, selbst ihr Knopf leuchtend.
Wir wissen sehr gut, daß die magnetische Kraft alle diese und selbst die dichtesten Körper ohne alle Schwierigkeit durchdringt und dies mit solcher Leichtigkeit, als ob diese Stoffe, beständen sie selbst aus Eisen, gar nicht vorhanden wären. Wie sehr verschieden hiervon verhalten sich nun diese Lichtemanationen desselben Magnets! Sie sind, den mannigfaltigsten, magnetischen und unmagnetischen Quellen entsprossen, ganz oder gar verschieden vom Magnetismus und ihm, wo sie in seinem Gefolge erscheinen, überall nur nebengeordnet.
Nähert man sich einem solchen Lichtstrome und bläst mit dem Munde oder mit einem Werkzeuge seitwärts hinein, so flattert der selbe und biegt sich in der Richtung des Luftstromes ab. Er wurde also von ihm ergriffen und mechanisch fortgeführt. Ja wenn man einen stark Lichtnebel ausströmenden Körper, etwa einen brasilianischen Turmalin, in ruhiger Luft fortbewegt, so geht sein (---89---) Nebel eine Abbiegung ganz in derselben Weise ein, wie dies bei jedem anderen rauchenden Körper der Fall ist, den man fortträgt. Der Rauch nimmt von dem Widerstande, den die Luft seinem Aufsteigen entgegengesetzt, unter Mitwirkung des Einflusses der Ortsveränderung des Kristallpoles eine bogenförmige Gestalt an.
Am sprechendsten drückt sich dies aus, wenn man einen stark leuchtenden Körper, etwa die Polspitze eines großen Gipsspates einige Sekunden ruhig hält und dann plötzlich rasch entfernt. Wenn diese schon von ihrer Stelle fort ist, sieht man noch einen Augenblick ihr Licht auf demselben Flecke verharren. Der Stein ist schon hinweg und noch ist die Stelle, in welche er sein Licht goß, einen Moment lang leuchtend; erst nach dessen Verfluß verschmilzt und verschwindet auch das Licht, das er ausgab. Das Licht ist also, sobald es ausgesendet worden, also sobald es erzeugt ist, selbstständig und unabhängig von dem Körper, von welchem es sein Dasein ableitet. Es hat noch, wenn auch kurzen, doch selbstständigen Bestand auch nach getrenntem Zusammenhange, der es ursprünglich mit seinem Quell verknüpft hatte.
Wir sehen aus alle dem, daß diese Lichterscheinungen nicht Licht für sich allein sind, daß das, was man im Finstern sieht, nicht aus einer bloßen Lichtemananation an und für sich selbst, nicht aus einem bloßen Leuchten also besteht, sondern daß etwas Eigentümliches, Substantielles hier noch zwischen dem Licht auszugebenen Körper und dem Lichte selbst liegt, ein Substrat des Lichtes, ein Träger desselben, von dem es erst emaniert und uns wahrnehmbar wird. Dieser sondert sich von dem Leuchtkörper ab und strömt ohne Aufhören fort. Ja er wird vom Pole ejakuliert und mit einer gewissen Kraft von ihm fortgeschleudert, so, daß wenn derlei Ströme einander begegnen, sie sich einander zurückstoßen, um ihre Pole zusammendrängen, zuletzt um sie umstülpen und rückwärts treiben. Dabei gewinnt es dann wohl das Ansehen, daß dieses Substrat nichts anderes sei, als möglicher Weise die umgebende Luft selbst, die, leichter geworden, in ihrer Umgebung aufsteigt, durch fremde Hindernisse in ihrem Laufe sich ablenken, durch Wind hin und her wehen und über Flächen wie Plafonds hinfließen und ausbreiten machen läßt. Oder sollte man an die Möglichkeit zu denken wagen dürfen, daß wir hier bei dem mutmaßlichen Äther unmittelbar (---90---) anlangen? - Man weiß daß der Magnet vibriert. Es wäre wohl denkbar, daß alles Polare, auch das nicht magnetische, an seinen Polen vibrierte und dies hier in höherem Grade, als seiner Erstreckung entlang; daß es diese Schwingungen der nächstgelegenen Luft mitteilet und sie dadurch einerseits leichter machte, andererseits die Lichterscheinung, sofern sie eine Ätherschwingung ist, hervorbrächte. Daraus würde dann von selbst klar werden, warum diese Leuchten, obgleich sie Polen entspringen und selbst polare Färbungen zeigen, dennoch keine duale Anziehung und Abstoßung besitzen. Sie sind ja nur das Produkt solcher Schwingungen, nicht die Ursache derselben, noch viel weniger die Kraft, die sie bewirkt.
Wir werden auf solche Weise zu einer neuen eigentümlichen Art von Bewegung hingedrängt, die selbst bei festen und ruhig scheinenden Körpern, wie Kristallen, Metallen und anderen mehr, obzuwalten scheint.
Eine tragbare Dunkelkammer
Die Schwierigkeit der Wiederholung und der Kontrolle meiner Mitteilungen über Odlicht liegt an vielen Orten an dem Mangel eines Raumes, den man leicht und schnell absolut lichtlos machen könnte. Wenige Leute haben überflüssige Zimmer, welche sie dazu verwenden und dann für immer missen könnten, und in den Lehranstalten ist das Od noch ein Fremdling, der keinen Geleitschein hat.
Um dem abzuhelfen, kann man sich einer tragbaren Dunkelkammer bedienen, die leicht in jedem Zimmer aufzustellen ist, die meisten Dienste ohne Schwierigkeiten leisten kann und schnell wieder zusammengelegt und hinweggeräumt wird.
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Aus den festen Stoffen bildet man ein kubischen Skelett von etwa 8 Fuß Länge, 6 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe. Mit diesen Maßen wird man in den meisten Fällen ausreichen; wer sie größer nehmen kann und will, wird sich mehr Bequemlichkeit verschaffen. Die Enden der Stäbe müssen mit eisernen oder messingenen Schließen versehen sein, um die Teile an einander befestigen zu können.
Über die Gestell wird die Zeugdecke gelegt. Man näht sie vorher so zusammen, daß sie wie eine Klavier- oder Hausratbedeckung fertig über das ganz Geräte geworfen werden kann. Auf diese Weise bildet dieser große schwarz Sack die Decke und die vier Seitenwände der ganzen Dunkelkammer in Einem Stücke. Zur vollständigen Verfinsterung ist es unerläßlich , daß das Gestell mit zwei, und wenn sie zu dünne oder zu locker sind, nötigenfalls mit drei solchen Umhüllungen gedeckt werde.
Wo die Umhüllungen auf dem Zimmerboden aufliegen, müssen sie entlang ein wenig beschwert werden, um lichtdicht ringsum zu schließen.
Man kann die Seiten oder die Decke mit Öffnungen und Ärmeln versehen, um Luft oder andere nötige Dinge hereinzubringen, ohne daß Licht einzudringen vermag.
In dem dadurch gebildeten Raume, der 48 Quadratfuß Bodenfläche einnimmt, kann ein kleiner Tisch, zwei Personen mit Stühlen und den nötigsten Werkzeugen Platz finden. Innerhalb seines Gelasses können bei weitem die meisten odischen Lichtversuche vorgenommen und mit sensitiven in der Weise meiner Angaben besonders nach denen in meiner Schrift: "der sensitive Mensch" zur Darstellung und Überzeugung gebracht werden.
Diese tragbare Dunkelkammer kann jeder Tischler zusammenrichten; ihre Aufstellung, wenn alles zur Hand ist, erfordert höchsten fünf Minuten und ihre Hinwegräumung noch weniger Zeit. Die Kosten belaufen sich auf 20 bis 30 Thl., und ihr Bau ist in solchem Grade einfach, daß zur Zusammenstellung kaum ein Gehilfe notwendig ist.
Man kann sich das Ganze wie ein schwarzes Zelt denken oder ausführen. Wer sich am Zimmerboden einige Befestigungspunkte anbringen lassen will, kann seine Dunkelkammer ganz wie ein Zelt ausführen. Einige Rollen und Haken an der Zimmerdecke werden dies noch bequemer machen. In manchen Fällen würde man gut tun, wenn man eine Schnürung so anbringen wollte, daß man das ganze Zelt mit einigen Zügen wie ein Fensterrolleau bewahrt hängen lassen könnte. Bei Lösung der Schnürung würde das Zelt herabsinken und in weniger als einer Minute brauchfertig dastehen können. An den Plafond platt angezogen würde es nirgends hinderlich werden und doch jeden Augenblick zum Gebrauche bereit sein.
Berlin, im Juli 1862
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